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Der Eisplanet

Der Eisplanet

Titel: Der Eisplanet
Autoren: Edmund Cooper
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Schiffsinnern wieder ohne Erfolg und hielten eine Totenwache für Leo. Die Totenwache verlief wenig konventionell. Sie würdigten sein Leben mehr, als sie seinen Tod beklagten. Orlando erzählte, wie er und Leo auf dem Mars, in einer Bar nahe Goddard Field, einander in einer Rauferei beigestanden hatten. Idris lachte über die Geschichte, weil er wußte, daß Leo es sich gewünscht hätte. Dann hoben sie ihre Gläser und tranken auf ihn.
    »Er war ein schlechter Ingenieur und ein störrischer Marsianer«, sagte Idris. »Obendrein ein Schwarzer. Er war unser Freund. Was er tun wollte, hat er für uns und die Dag versucht ... Ruhe in Frieden, Leo, in den Tiefen des Alls, das so schwarz ist wie deine Haut.« Er hob sein Glas erneut. »Es ist klar, wir müssen eine Kreisbahn um den Mars einschlagen. Und, Orlando, unsere Passagiere müssen auf Normaltemperatur gebracht werden. Die Versorgungssysteme in die Raketenfähren zu montieren, wäre weitaus zu umständlich.«
    »Wenn wir sie wecken, dann erst im letzten Moment«, sagte Orlando. »Sie kennen die Recycling-Kapazität der Dag. Der Sauerstoffverbrauch einer solchen Personenzahl würde in weniger als dreißig Stunden zur Sauerstoffknappheit führen.«
    »Ich weiß. Irgendwie werden wir die Probleme bewältigen. Übrigens, ich will, daß wir die Schiffsräume nochmals durchsuchen.«
    »Warum?« fragte Suzy. »Zweimal haben wir das schon getan. Sie beginnen durchzudrehen, Idris, diesmal wirklich.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Warum, das kann ich nicht sagen. Ich habe nach wie vor das Gefühl, daß etwas nicht in Ordnung ist. Überzeugen Sie mich vom Gegenteil, und ich werde Ihnen unendlich dankbar sein. Diese Kinder sind eine überaus kostbare Fracht. Alle haben Intelligenzquotienten von über zweihundert Punkten. Der Mars braucht sie. Leo starb für sie. Wir wollen alles tun, um sicherzugehen, daß sie wohlbehalten eintreffen.«
    »Kapitän, darf ich etwas sagen?« Orlandos Stimme klang hart und entschlossen. »Seit nahezu fünfundzwanzig Stunden hat keiner von uns geschlafen. Schlucken wir eine Handvoll entsprechender Pillen, können wir gewiß weitere fünfundzwanzig Stunden auf den Beinen bleiben. Allerdings in jenem Zustand, in dem man am häufigsten Fehler begeht. In unserem Beruf haben kleine Fehler die Eigenschaft, sie leicht in große zu verwandeln.«
    Idris seufzte und massierte seine blutunterlaufenen Augenhöhlen. »Orlando, Sie haben verdammt recht. Wir legen eine dreistündige Schlafpause ein. Verflucht, ich weiß genau, daß etwas nicht stimmt, aber ich komme nicht darauf. Ich bin einfach zu müde.«
    Suzy gähnte. »Drei Stunden. Der reinste Urlaub.«
    Das waren die letzten Worte, die Idris Hamilton jemals von ihr vernahm.
     
    Idris erwachte schweißgebadet. Er knipste die Kabinenbeleuchtung an. Die Schlüssel an der Magnetaufhängung über seiner Koje hingen in falscher Reihenfolge. Insgesamt waren es zehn Schlüssel, aber nur die beiden zum Maschinenraum und zum Navigationsdeck hingen verkehrt.
    Er fluchte. Unterbewußt mußte die vertauschte Anordnung ihm schon vor Stunden aufgefallen sein. Anders ließ die ständige Unruhe, die ihn geplagt hatte, sich nicht erklären. Doch wie hatte jemand an die Schlüssel gelangen können? In seiner Abwesenheit, als die Dag noch auf dem Raumhafen stand, war die Kabine stets verriegelt gewesen.
    Aber es hatte eine Lücke gegeben, als er schlafwandelte, und nachher war er zu verwirrt gewesen, um sich dafür zu interessieren, wie lange er umhergelaufen war. Jemand konnte diese Gelegenheit genutzt haben – ja, zweifellos. Er drückte die Sprechtaste des Interkoms und weckte Orlando.
    »Haben Sie Mitleid, Kapitän«, protestierte Orlando. »Gerade erst habe ich mich hingelegt. Was ist los?«
    »Keine Zeit für Erklärungen. Notfall. Kommen Sie auf das Navigationsdeck.«
    »Soll ich Suzy wecken?«
    Idris dachte einen Moment lang nach. »Nein. Sie ist mit den Instrumenten nicht vertraut. Ein falscher Hebeldruck, und es gibt zusätzliche Schwierigkeiten. Beeilen Sie sich.«
    »Jawohl, Sir.«
    Sie trafen sich auf dem Navigationsdeck. »Reiben Sie sich den Schlaf aus den Augen«, mahnte Idris. »Wir müssen etwas finden, das nicht hierher gehört. Sehen Sie Verkleidungen, Abdeckungen und Hohlräume durch. Ich kümmere mich um den Komputer, das Instrumentenbrett und die Radiogeräte.«
    Sie begannen. Orlando untersuchte zunächst den Teppichbelag des Bodens. Er erwies sich als einwandfrei. Dann wandte er sich den
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