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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald
Autoren: Chris Howard
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gewartet. Versucht, zu viel auf einmal zu tun. Dabei hätte ihre Rettung das einzig Wichtige für mich sein sollen.
    »Komm schon«, sagte ich wieder und wieder, »komm zurück.« Sanft zog ich ihre Augenlider hoch und küsste sie. Nichts. Ich fühlte ihren Puls – schwach und langsam. Aber er schlug. Er war noch da.
    Ihre Haut hatte eine leicht grünliche Färbung angenommen, und ich konnte die Borke an ihrem Bauch fühlen, mit der sie wieder zusammengeflickt worden war. Aber das Holz pulsierte, als wäre es voller Leben. Ich drückte darauf, bohrte meine Faust in ihren Bauch, als wollte ich sie auspressen. Als sie sich danach immer noch nicht rührte, legte ich den Kopf auf ihren Bauch, hielt sie fest und weinte.
    Die Schüsse draußen wurden lauter, jetzt hörte ich auch die Stimmen der Agenten. Nah. Verdammt nah. Doch dann war da noch ein Geräusch. Ein seltsames Dröhnen, das erst laut aufheulte, dann menschlich wurde und sich zu Worten sortierte.
    Stimmen. Überall um mich herum. Verwirrtes Stöhnen. Unzusammenhängendes Gestammel und wütende Schreie. Die Art von Geräusch, die man von sich gibt, wenn man von den Toten aufersteht.
    Sie waren bei mir. Sie waren tatsächlich bei mir.
    Hunderte von Stimmen und eine davon genau die, die ich jetzt hören musste.
    »Ich liebe dich«, sagte ich leise und drückte Alpha ganz fest an mich.
    »Weiß ich doch, Freundchen«, hauchte sie, aber für mich klang es wie Gesang. Als würde sie eines der Lieder aus der alten Welt singen, die sie so mochte. Oder ein ganz neues Lied.
    *
    Es muss verdammt erschreckend gewesen sein, so aufzuwachen. Zum Klang von Schüssen und Schreien, während ein fetter Mann und ein magerer Junge versuchen, einem ein Gewehr in die Hand zu drücken.
    Natürlich war es Alpha, die den Angriff leitete. Was für ein Anblick! Sie hob ihre Waffe über den Kopf und stieß einen Kriegsschrei aus, bei dem sich Totenstille im Bunker ausbreitete und die Welt verschämt das Haupt neigte.
    »Wir müssen sie niederschießen«, erklärte ich ihr. »Und sie zurückdrängen. Dann flieht ihr zum Schiff. Der See liegt jenseits der Anhöhe hinter uns.«
    »Was ist mit dir?«
    »Ich werde das holen, weshalb wir hergekommen sind. Aber ich komme nach. Wir sehen uns dann auf dem Schiff.«
    »Nein«, protestierte sie.
    »Ich werde kommen, versprochen. Aber du musst diese Leute hier rausbringen.«
    Da küsste sie mich. Es dauerte nur eine Sekunde. Aber ich packte sie, als wäre sie aus Metall und ich ein Blitz, aufgeladen und unter Strom wegen dieses einen Augenblicks.
    »Wir sehen uns dort«, wiederholte ich.
    »Okay, Freundchen. Aber wehe, wenn nicht.«
    Ich drückte meine Waffe jemandem in die Hand, der noch keine hatte. Dann ging ich zur Tür, wo mehrere nackte Menschen mit ihren Waffen die Agenten dazu zwangen, in Deckung zu gehen, und sie zurück in die Nacht drängten.
    Direkt hinter der Front hockte ich mich hin und sah mir die knapp zwanzig Meter Weg bis zur Obstplantage genauer an. Stellte mich darauf ein, hinüberzurennen.
    Doch dann schloss sich Frosts Faust um meinen Arm.
    »Wo willst du hin?«, fragte er.
    »Zum Baum.«
    »Aber bestimmt nicht ohne mich.«
    Also warteten wir zusammen, beobachteten, wie die Agenten zurückgetrieben wurden, und passten einen Moment ab, in dem gerade nicht geschossen wurde. Dann liefen wir geduckt in die Nacht hinaus.
    Wir schoben uns an der Außenwand des Bunkers entlang, setzten vorsichtig einen Fuß vor den anderen, schlichen durch die Dunkelheit und hatten es schon fast geschafft, als mit einem Knall eine Kugel im Schnee landete. Dann noch eine, diesmal näher.
    Frost hob sein Gewehr, und während er weiterlief, ließ er eine schnelle Salve auf die Agenten los. Ich rannte direkt zu der stählernen Kuppel und hämmerte so lange mit der Faust gegen die Tür, bis sie sich öffnete.
    Mit einem Satz war ich drinnen, dicht gefolgt von Frost. Kopfüber landeten wir auf dem Betonboden, während sich die Tür hinter uns schloss.
    Die Deckenbeleuchtung war ausgeschaltet worden, nur die goldenen Lichter des Tanks erhellten wie elektrische Sonnen den Raum. Meine Mutter hatte ihren dicken Mantel abgelegt und versuchte gerade, mit Hilfe einer Fernbedienung den Tank zu bewegen. Sie drückte verschiedene Knöpfe, die dafür sorgten, dass sich die Räder unter dem Tank langsam drehten. Zee stand neben der Tür. Vollkommen reglos starrte sie auf Frost.
    »Hallo, Zee«, sagte der alte Mistkerl und grinste breit. Als er aufstand, wich sie
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