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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald
Autoren: Chris Howard
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verraten?«
    »GenTech ist mir völlig egal«, schnaubte sie und stiefelte die Anhöhe hinauf. »Mir ging es immer nur um die Bäume.«
    Ich schob die Nagelpistole zurück in den Hosenbund und stolperte zusammen mit Zee auf den Hügel, wo meine Mutter die Agenten anbrüllte und sie herumkommandierte.
    »Runter mit euch«, rief sie. »Rettet alles, was noch nicht völlig verbrannt ist. Jeden Zweig, jeden Ast, jedes Blatt. Ich werde es brauchen, und zwar alles.«
    »Aber es gab einen Ausbruch«, protestierte einer von ihnen. Er zeigte zur Anlage hinunter, wo Schüsse, deren Echo von den Wänden des Bunkers widerhallte, wie Feuerwerk durch die Nacht blitzten. Aus der großen Stahltür feuerte eine einzelne Waffe. Nur eine Waffe. Nur Frost.
    »Das schaffen wir auch mit den Truppen, die unten geblieben sind«, wimmelte meine Mutter die Agenten ab. »Außerdem können wir jederzeit neue Menschen ernten. Neue Bäume werden wir allerdings nicht bekommen.«
    Die Agenten gingen in die eine Richtung hinunter, wir in die andere. Ich rutschte und sprang so hastig durch den Schnee, dass ich zu atmen vergaß. Unten angekommen, gab ich Zee den Schlüssel und die Nagelpistole und sagte ihr, dass wir uns in der Obstplantage treffen würden.
    »Wir werden den Erzeuger vorbereiten«, versprach meine Mutter. »Der Tank muss mobil gemacht werden, damit wir ihn bewegen können.«
    »Beeilt euch.« Damit rannte ich wieder los, direkt zu dem Bunker voller Körper. Mein Verstand hatte sich an einer Sache festgehakt und würde sich von ihr auch nicht mehr wegbewegen. Denn die Bäume waren wichtig, so verdammt wichtig.
    Aber eines war noch wichtiger.
    *
    Mit erhobenen Händen, ohne Mantel und mit total zerfetzter, qualmender Kleidung rannte ich zwischen den Agenten hindurch.
    »Nicht schießen«, schrie ich immer wieder und hielt dabei direkt auf den Gewehrlauf zu, der zwischen den Stahltüren des Bunkers hervorragte. Wenn es Frost war, würde er mich sehen und mich erkennen. Und es musste Frost sein. Unbedingt.
    »Frost«, brüllte ich, während ich spürte, wie dicht neben meinen Füßen Kugeln in den gefrorenen Boden einschlugen. Aber sie kamen von hinten, von den Agenten.
    Ich warf mich zu Boden und rutschte mit den Füßen voran in den Bunker. Die Hände hielt ich weiter erhoben und blickte direkt in eine Gewehrmündung.
    »Wo zum Teufel hast du gesteckt?«, wollte Frost wissen, packte mich am Kragen und zog mich hinein.
    »Was ist passiert?«
    »Gar nichts ist passiert. Was nützt einem schon eine Armee, die sich nicht wecken lässt?«
    Ich stand auf, blickte an ihm vorbei. All die Körper lagen unverändert da, schlaff und kalt.
    »Wie spät ist es?«, fragte ich.
    »Schon nach vier, du Idiot. Fast fünf. Wo warst du so lange?«
    »Hast du das denn nicht ausgeschaltet?« Ich zeigte zu dem Giftbehälter unter der Decke.
    »Ausschalten? Und wie zum Teufel schaltet man das aus, du Genie?«
    »Keine Ahnung. Du bist doch einer ihrer beschissenen Angestellten.«
    Ich rannte in dieses Feld aus Körpern hinein, starrte zu dem violetten Behälter hinauf, von dem unzählige Schläuche abgingen, die in jeden sichtbaren Arm führten.
    Dann fing ich einfach an, die Schläuche herauszureißen. Ich packte so viele, wie ich auf einmal greifen konnte, und zerrte daran, bis sie nachgaben.
    Sie lösten sich so abrupt, dass ich stolperte und kopfüber auf einem Körper landete. Mühsam stand ich auf und rannte wieder los, zog die Schläuche raus und suchte nach dem einen Gesicht, das ich kannte.
    »Banyan.« Das war Frost. »Sie stürmen das Gebäude. Ich kann sie nicht aufhalten, Kleiner. Ich kann sie nicht aufhalten.«
    Ich rannte zwischen den Körpern herum, trat sie, riss die Schläuche heraus und schlug nach ihnen.
    »Wacht auf«, schrie ich. Mehr als je zuvor brauchte ich Hilfe. Ich konnte das nicht allein schaffen. »Wacht auf!«
    Immer weiter lief ich und riss an den Schläuchen. Die Hälfte des Feldes hatte ich schon hinter mir. Und noch immer keine Spur von Alpha.
    Keiner von ihnen rührte sich.
    Vor der Tür knallten Schüsse. Frost fluchte und brüllte.
    Und dann fand ich mein Mädchen. Doch tief in mir schrie eine Stimme, dass ich zu spät gekommen war.

Kapitel 57
    A lpha«, flüsterte ich, riss die Schläuche ab und zog ihren schlaffen Körper in meine Arme. »Komm zurück«, flehte ich und wiegte sie an meiner Brust. Ich weinte, zitterte, und die Welt brach zusammen, als mir bewusst wurde, dass ich sie verloren hatte.
    Ich hatte zu lange
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