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Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman
Autoren: Luchterhand
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untereinander etwas auf Französisch, Kopp wartete heiter und geduldig. Wenn sie fertig waren, lächelten sie und nickten mir zu, und ich fuhr fort. Anschließend aß man in einem Lokal mit Blick zum Genfer See Tartare Bœuf. Unsere Preise waren wieder zu hoch, aber Kopp versprach zu schauen, was man machen könnte. Man dankte ihm sehr und Mr. Picot brachte ihn sogar zum Flughafen.
    Und dann?
    Und dann?
    Und dann habe ich es vergessen!
    Ich habe es: vergessen!
    Nicht, dass er vergessen hätte, wie vereinbart, angekündigt, sich vorgenommen, sich nach seiner Rückkehr sofort um einen Mengenrabatt zu bemühen und danach gleich wieder bei Mr. Picot anzurufen, um die (hoffentlich) frohe Botschaft zu verkünden und das Eisen zu schmieden, solange es noch heiß war. Nicht, dass er nicht eine Woche später und dann weitere zwei Wochen später und dann noch je einmal vor und nach dem Urlaub anrief, nicht, weil er keinen Rabatt bekommen hatte, weil ihn Anthony ausgebremst hatte, was die Amis einen Scheißdreck interessiert bzw. weil es sich tatsächlich nicht lohnt, sondern, weil er einfach alles vergessen hatte. Er hatte vergessen, dass es das Projekt Lausanne jemals gab, dass er jemals in
Lausanne war , gottverdammter, ausgedehnter, ohnmächtiger, obszöner Fluch!
     
    Fluchend sprang Darius Kopp aus seinem Stuhl, ballte die Faust, biss wie ein Löwe grollend hinein, mit der Faust zwischen den Zähnen, er seine eigene Beute, hüpfte er auf der Stelle, dass es unter dem blauen Teppich nur so wummerte (bebt das ganze Gebäude?), während der leichtläufige, gut gefederte Drehstuhl, von all seiner Last befreit, auf die Wand aus Kartons zuhielt.
    In einem letzten Sekundenbruchteil versuchte Kopp noch, sich dazwischenzuwerfen, sich mit seinem Körper gegen die staubigen Kartons zu drücken, werde ich eben schmutzig von oben bis unten, Hauptsache, die Wand stürzt nicht ein.
    Aber sie stürzte ein.
    Kopp wurde schmutzig von oben bis unten. Manche Stellen seines Körpers schmerzten auch, dort, wo ihn volle Kartons trafen. Gottverdammter … elender … mist … verfluchter … elender … dreck … verdammter … Während er in den Kartons herumplanschte.
    Der Radau trieb Frau Eigenwillig vom Empfang her.
    Die Tür ließ sich nur mehr einen Spalt öffnen, von Frau Eigenwillig drang nur die Stimme herein.
    Herr Kopp? Was ist passiert?
    Er hörte auf, zu fluchen, versuchte, sich freizustrampeln, die Kartons rumpelten.
    Frau Eigenwillig drückte die Tür gewaltsam auf, die Kartons wurden zusammengeschoben, Kopp bekam jede ihrer Bewegungen mit seinem Körper mit.
    Fluch!
    Frau Eigenwillig schob den Kopf herein.
    Fluch!

    Also das geht nicht, Herr Kopp! Ich muss Sie schon sehr bitten. So kann man sich bei uns nicht benehmen!
    (So kann man sich bei uns nicht benehmen?! So kann man sich bei uns nicht benehmen?!?! Wo kommst du her, du Fotze, aus dem Trainingslager für Ostportiers? Du kannst mit deinem Beschäler so reden, den geilt das vielleicht auf, aber nicht mit mir! Gleich schmeiß ich dir einen Karton an den Kopf!)
    Aber er riss sich selbstverständlich zusammen und sagte nur:
    Erlauben Sie mal, Frau Eigenwillig, wie reden Sie mit mir, ich bin nicht Ihr Untergebener! (Genauer gesagt: Man redet auch mit seinen Untergebenen nicht so! Mit niemandem! Ein wenig Respekt verdient jeder Mensch!)
    Sprach’s und erhob sich aus den Kartons, klopfte seine Hosen und seine Hände ab, sah, dass hinter Frau Eigenwillig der Büronachbar mit dem lachsfarbenen Hemd neugierig stehen geblieben war, und sagte:
    Im Mietvertrag, den wir miteinander haben, bzw. wir haben den gar nicht miteinander, nicht wahr, sondern unsere jeweiligen Arbeitgeber - (Dir gehört das hier nicht, Püppi!) -, steht nichts davon, dass es mir verboten wäre, Kartons in meinem Büro aufzustapeln. Wenn ich will, kann ich bei Ihnen ein Büro mieten, und darin ausschließlich Kartons aufbewahren!
    Frau Eigenwillig sagte, es ginge nicht um die Kartons, obwohl: Schauen Sie sich mal die Wand an (Staubige Abdrücke)!, sondern darum, dass er hier herumbrülle, und zwar mit was für Ausdrücken! Sie beeinträchtigen damit die Ruhe und das Wohlbefinden Ihrer Mitmieter.
    Die Ruhe und das Wohlbefinden meiner Mitmieter ? Das tut mir leid, sagte Kopp zum Lachs. Habe ich Ihre Ruhe und Ihr Wohlbefinden beeinträchtigt? Dafür entschuldige ich mich natürlich in aller Form.

    Und er verbeugte sich, was leider nichts anderes mehr sein kann, als ironisch.
    Der Lachs lächelte und ging weg. (Und
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