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Der Einzelgänger

Der Einzelgänger

Titel: Der Einzelgänger
Autoren: Nigel Findley
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Maschinen so weit auf die Seite legen, daß die verchromten Auspuffrohre über den Asphalt schrammen.
    In Milwaukee - und übrigens auch in jeder größeren Stadt - hatte der Star eine ähnliche Truppe, und während meiner Zeit auf der Akademie und auch noch danach war es cool, sich über ihre Mitglieder lustig zu machen. Sie sind alle Freiwillige, also muß man eine Primadonna sein, um dort mitzumachen, aber dann muß man von all den anderen Primadonnen akzeptiert werden, die bereits in der Truppe sind. Alles, nur um ja keine echte Polizeiarbeit zu leisten. Oder so ähnlich ging der Witz, der damals kursierte.
    Wie sehr ich mich in der Öffentlichkeit auch über sie lustig gemacht haben mag, irgendwie habe ich immer so etwas wie Stolz empfunden, wenn ich sah, wie sie ihre Nummer abzogen. Dämlich und sentimental vielleicht, aber es stimmt. Stolz, der auf dem Gefühl beruhte, daß hinter dem ganzen Lone Star-Unternehmen so etwas wie eine große Tradition stand. Das ist lange her. Mittlerweile weiß ich, worum es sich bei dieser Art von Show wirklich handelt - um eine Marketingveranstaltung für einen Megakonzern, der seine Waren und Dienstleistungen verkauft. Mit einem Gefühl der Leere kehre ich dem Spektakel den Rücken und gehe weiter den Seneca Hill hinauf.
    Die Metroplex Hall ist ein eindrucksvolles Bauwerk -dreißig mit dunkelgrünem Glas verkleidete Etagen -, aber im Augenblick bin ich nicht in der Stimmung, um es zu bewundern. Ich gehe die Treppe hinauf, an der Statue von Häuptling Seattle vorbei und zur Eingangshalle. Am Empfangstisch bestätigt mir das Empfangspersonal, daß ich befugt bin, hier zu sein, und händigt mir einen Paß aus, der auf meinen Bestimmungsort ausgestellt ist - einschließlich einer Vorrichtung, die warnend summt, wenn ich vom Kurs abkomme. Eine Minute später bin ich unterwegs zum neunundzwanzigsten Stock. Mit mir sind auch noch andere Leute im Aufzug, aber aus irgendeinem Grund scheinen sie sich von mir so fern zu halten, wie das eben möglich ist, und ich komme mir vor, als sei ich von einer unsichtbaren Mauer umgeben. Keine Ahnimg warum, aber es entspricht dem, wie ich mich fühle - losgelöst, leer, nicht dazugehörig, rein mechanisch handelnd. Der Aufzug liefert mich auf der richtigen Etage ab, und ich schlendere in ein feudales Wartezimmer.
    Zehn Minuten lang sitze ich auf einem Ledersessel und starre durch einen Videoschirm an der gegenüberliegenden Wand. Als mich eine auf geschäftsmäßig getrimmte Sekretärin abholt, kann ich mich nicht mehr erinnern, was ich mir die ganze Zeit angesehen habe. Die Sekretärin führt mich durch einen Flur zu einer eichengemaserten Makroplasttür, klopft, wirft mir das nichtssagende Lächeln eines Models zu, dreht sich um und verschwindet. Die Tür öffnet sich vor mir, und ich trete ein.
    In ein Büro, das größer ist als meine ehemalige Bude in Ravenna. Eine Wand ist ein einziges Fenster, das einen spektakulären Ausblick nach Südwesten auf die gewaltige HiTech-Zikkurat der Renraku-Arcologie bietet. Ich widme dem Ausblick vielleicht eine Sekunde meiner Aufmerksamkeit und konzentriere mich dann auf die beiden Gestalten, die auf mich warten. Keine der beiden ist Schultz.
    Der Bursche hinter dem Schreibtisch - ein auf Hochglanz polierter Exec-Typ mit einem Gesicht, das nach Öffentlichkeitsarbeit schreit - erhebt sich und streckt die Hand aus. »Guten Tag«, sagt er. »Ich bin Alphonse Baker.«
    Ich starre die Hand nur an, bis er sie sinken läßt. »Man hat mir zu verstehen gegeben, ich hätte eine Besprechung mit Gouverneurin Schultz«, sage ich zu ihm.
    Seine Augenbrauen heben sich - ich habe einen größeren Etiketteverstoß begangen, aber das ist mir ehrlich gesagt völlig schnuppe. Es dauert jedoch nur einen Sekundenbruchteil, bis er sich wieder gefangen hat und sich ein warmes Lächeln - genauso unaufrichtig wie das der Sekretärin - auf seinem Gesicht ausbreitet. »Das stimmt, Lieutenant Larson«, sagt er glatt, indem er mich mit meinem offiziellen Rang anredet, mit dem ich seit meiner Tätigkeit als Undercover-Agent nicht mehr konfrontiert worden bin. »Aber Sie werden natürlich verstehen, daß Gouverneurin Schultz eine unglaublich beschäftigte Frau ist und sich von Zeit zu Zeit verschiedene... äh, dringliche Angelegenheiten... ergeben, die ihrer umgehenden Aufmerksamkeit bedürfen. Ich dachte, es könnte uns möglicherweise gelingen, das Ziel dieser Besprechung auch ohne ihre Anwesenheit zu erreichen, unter uns dreien,
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