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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir
Autoren: Patrycja Spychalski
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Tür. Mein Herz klopft bis zum Hals. »Ja?«
    »Ich bin’s, Edgar.«
    Ich laufe zur Tür und schließe auf
    Edgar steckt seinen Kopf ins Zimmer. »Bei dir war noch Licht … Du, kann ich mich hier bei dir auf den Boden knallen? Die Jungs furzen da nebenan wie bescheuert und schnarchen und dünsten ihr Bier aus.«
    »Klar«, sage ich und überlege kurz, Edgar Platz in meinem Bett zu machen, entscheide mich aber dagegen. Man weiß ja, wo so was hinführt, wenn man so übermüdet und wirklichkeitsentfremdet ist.
    Er legt sich auf den Boden und kuschelt sich in seine Decke ein. »Nacht«, murmelt er, und noch ehe ich antworten kann, höre ich schon seine gleichmäßigen Atemzüge.

AM NÄCHSTEN MORGEN herrscht Stille im Frühstücksraum. Jeder kaut gedankenverloren und unausgeschlafen an seinem Brötchen. Nur Dan ist bester Laune und scheint fit wie ein Turnschuh.
    Die Bardame schenkt uns Kaffee nach. Sie trägt heute wieder eine bunte Bluse, diesmal blau mit gelben Sonnenblumen drauf.
    »Ihr jungen Leute vertragt aber auch gar nichts mehr! Zu unserer Zeit, da hat man tagelang nicht geschlafen. Zu unserer Zeit, da war Woodstock!«
    »Woodstock in Wittstock?«, lacht Dan.
    »Na, ich war ja nicht mein ganzes Leben hier, Freundchen, brauchst du nicht zu glauben. Ich bin schon ganz schön rumgekommen. Brauchst nicht gleich so eingebildet tun, nur weil du aus Berlin kommst. Ihr seid nichts Besseres da unten.« Sie gibt Dan einen leichten Klaps auf den Hinterkopf.
    »’tschuldigung Ma’am«, räuspert sich Dan reumütig.
    »Hat jemand Milo gesehen?«, fragt Robert in die Runde.
    Allgemein verneinendes Kopfschütteln. Linda verdreht die Augen.
    Also ist er gestern nicht mehr aufgetaucht. Ob etwas passiert ist?
    Dafür scheinen die anderen allerdings zu ruhig zu sein. Vielleicht ist das so eine Rockstarmarotte, immer mal wieder zu verschwinden.
    »Der will doch nur Aufmerksamkeit«, bemerkt Linda trocken und nippt an ihrem Tee. Wahrscheinlich hatte sie eine blöde Nacht ohne ihn.
    »Wir wollen aber in einer halben Stunde los, da ist jetzt kein Platz für Aufmerksamkeiten.« Tom klingt vorwurfsvoll und so, als wäre es nicht das erste Mal.
    »Hey, ich kann nichts dafür. Ich bin nicht sein Babysitter!«, antwortet Linda und stürmt aus dem Raum.
    Da ich mit meinem Brötchen fertig bin, folge ich ihr nach draußen. Die Sonne hat das Terrassenpflaster schon aufgewärmt, ich ziehe meine Boots und Socken aus und lasse sie neben der Tür stehen. Ich trete mit meinen nackten Füßen von einem Stein auf den anderen und genieße das angenehme Gefühl. Auf der Terrasse stehen große Terrakottakübel, in denen halb vertrocknete Palmen stecken. Das Südseefeeling will sich nicht einstellen.
    »Alles okay?«, frage ich sie und lehne mich an die Wand.
    »Fängt schon gut an.« Sie dreht sich wütend eine Zigarette.
    »Ist das öfter so?« Ich fühle mich schäbig, weil ich Mitleid heuchle, in Wirklichkeit ist es blanke Neugier.
    »Pah! So oder so, oder doch wieder ganz anders. Man weiß nie, wie es gerade ist oder sein soll oder sein wird.« Sie macht eine wegwerfende Handbewegung.
    »Seid ihr schon lange zusammen?« Oh Gott, ich sollte mit meiner Ausfragestrategie lieber nicht undercover arbeiten, da würde ich sofort auffliegen.
    »Wir sind nicht zusammen«, antwortet sie und fährt mit ihrer Zungenspitze über den Klebestreifen des Blättchens.
    »Aber, aber ich dachte …«, stottere ich.
    »Ich dachte auch. Zuerst war es vielleicht so ein Groupie-Ding. Dann nicht mehr, dann war es plötzlich ernst, und dann auf einmal nicht mehr. Hin und her, mal so, mal anders.« Sie zündet sich ihre Zigarette an.
    »Und warum …?«
    »Weil ich ihn mag«, unterbricht mich Linda. »Und er mag mich. Vielleicht mag ich ihn mehr als er mich, aber das spielt keine Rolle, oder?«
    »Na ja, ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, es spielt schon eine Rolle. Aber vielleicht bin ich da altmodisch oder so. Ich könnte meine Hand jetzt dafür nicht ins Feuer legen, aber ich selber, nein, ich würde mit so was nicht gut klarkommen.« Ich kann ihr nicht in die Augen sehen.
    » Gut klarkommen und klarkommen ist ein Unterschied. Ich komme klar. Mann, wir kennen uns schon seit dem Kindergarten. Seine Mutter und meine Mutter gehen immer noch in denselben Yogakurs. Ich kenne Milo vielleicht besser, als er sich selbst …« Sie bricht ab, als hätte sie schon zu viel gesagt, und starrt auf ihre Hände.
    »Kann ich dir irgendwie helfen?« Ich weiß nicht genau, warum
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