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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir
Autoren: Patrycja Spychalski
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mir ihre Hand entgegen. »Ich bin Linda.« Sie lächelt und mustert mich aufmerksam von oben bis unten.
    »Frieda.« Ich gebe ihr meine Hand und nicke auch Milo zu.
    »Das Filmmädchen«, sagt er und grinst spöttisch, löst sich aus der Umarmung und holt sich eine Cola. Dann greift er nach der Gitarre und fängt an, darauf herumzuklimpern. Linda folgt ihm und fläzt sich auf den Boden zu seinen Füßen.
    Edgar stellt sich zu mir, mit einem Bier in der Hand, er stößt damit leise an meine Colaflasche. »Filmmädchen? Mann, was für ein Arsch«, flüstert er mir ins Ohr.
    »Ach was«, winke ich ab und beschließe, nicht zimperlich zu sein. Zimperlichkeiten kann man sich in so einer Horde von Jungs gar nicht leisten. Ich sehe aus den Augenwinkeln zu Linda rüber, die geistesabwesend an ihren Haaren spielt und an die Decke schaut, als gäbe es dort etwas Wichtiges zu sehen. Ich brauche sie als Verbündete. Unbedingt!
    Die Tür wird aufgerissen, die dicke Barfrau steht im Zimmer und zieht ihre Stirn in Falten. »Hey! Geht’s hier mal weiter oder was?« Ihre Stimme ist unglaublich tief.
    Die Jungs stehen plötzlich stramm, murmeln »Ja, Ma’am«, keiner will es sich mit der Barfrau verscherzen.
    Ich bringe mich mit meiner Kamera in Position, um die Jungs auf ihrem Weg zur Bühne zu begleiten. So eine Szene gehört in jede Banddokumentation. Ich will meinen Job gut machen. Ich, Filmmädchen. Mann, Edgar hat recht, was für ein Arsch!
    Als die Band die Bühne betritt, sieht man bei den Jeanswestenmännern nur mäßige Begeisterung. Einer klatscht, aber es könnte auch Hohn sein. Die Barfrau verschränkt die Arme vor ihrem gewaltigen Busen.
    Ich bin froh, dass ich hier nicht auftreten muss.
    Robert schlägt zum Einstieg auf sein Schlagzeug ein, ein kleines Solo. Das Publikum zeigt keine Reaktion. Linda setzt sich im Schneidersitz vor die Bühne und flicht sich einen dünnen Zopf in ihr Haar. Edgar und Dan bleiben an der Theke stehen und ich verschanze mich hinter meiner Kamera.
    Milo legt sich den Gitarrengurt um die Schulter und sieht am Publikum vorbei, irgendwohin, weit weg, mit diesem magischen Ihr-könnt-mich-alle-mal-Blick.
    Tom verkriecht sich mit seinem Bass in die linke Ecke der Bühne und dreht sich zu Robert, der immer noch wie wild auf die Drums eindrischt … one, two, three, four. Er hält kurz inne und schon ertönen die ersten Gitarrenriffs. Milo fährt sich konzentriert mit der Zunge über die Lippen, Tom steigt mit seinem Bass ein und Robert setzt an der Stelle wieder an, wo er kurz zuvor aufgehört hat. Pfiffe aus dem Publikum. Ich richte meine Kamera dorthin und sehe, dass es Pfiffe der Zustimmung sind. Die mürrischen Jeanswestenmänner lächeln jetzt und nicken zufrieden. Die Barfrau schwingt ihre Hüften und pfeift zwischen den Fingern hindurch. Dan und Edgar treten lässig mit ihren Füßen auf dem Boden den Takt mit. Und auch ich kann mich nicht mehr wehren, gegen Musik nie, mir läuft plötzlich das Herz fast über vor Freude, hier mit dabei sein zu dürfen. Die nervige Reise ist sofort vergessen, auch das ewige Warten, das Hungergefühl, jetzt zählt nichts mehr, außer die Musik, die diese Nacht in etwas unglaublich Magisches verwandelt.
    Fünf Songs später schalte ich meine Kamera aus und setze mich zu Linda auf den Boden. Sie reicht mir ihr Bier, ich nehme einen Schluck und gebe es ihr mit einem Lächeln zurück.
    »Ist er nicht toll?«, schreit sie mir ins Ohr, um die Musik zu übertönen.
    »Wer?!« Ich stelle mich dumm.
    »Na, Milo natürlich!« Sie sieht mich an, als wäre ich unterbelichtet.
    »Ach so, na ja, nicht mein Typ … aber toll ja, schon … also musikalisch.« Das ist eine glatte Lüge. Natürlich ist er voll mein Typ. Alleine wie sein dunkles Haar ihm vor die Augen fällt ist unwiderstehlich. Ich kenne Milo schon ein bisschen, habe ihn auf mehreren Konzerten gesehen und mich einmal kurz mit ihm unterhalten. Allerdings war ich zu der Zeit immer mit Jeffer unterwegs, und der hatte meine volle Aufmerksamkeit, deshalb habe ich über Milo nicht weiter nachgedacht. Und jetzt ist er mit Linda unterwegs, also ist das auch schlechtes Timing.
    Dan und Edgar kommen zu uns rüber und Dan zieht mich am Arm wieder auf die Beine. »Jetzt wird getanzt!«
    Ich zögere kurz, aber Dan lässt nicht locker. »Ich habe mich heute für dich zum Honk gemacht, jetzt kannst du das wohl auch!« Er hat ja recht.
    Sofort stürmt auch die Bardame die Tanzfläche und drei von den Westentypen springen
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