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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir
Autoren: Patrycja Spychalski
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den Tresen, bestelle mir einen Kaffee, weil ich merke, wie die Müdigkeit mich wieder überkommt.
    Die Bar ist mittlerweile beinahe leer, es ist schon fast um zwei. Die Bardame poliert ein paar letzte Gläser und zwinkert mir aufmunternd zu.
    Aus den Augenwinkeln sehe ich Milo auf mich zukommen. Er setzt sich auf den Hocker neben mich.
    »Na, Filmmädchen!« Er lächelt.
    »Kannst du mir einen Gefallen tun und mich nicht Filmmädchen nennen? Ich heiße Frieda.«
    »Ich weiß, wie du heißt.«
    »Umso besser.«
    »Was macht das Leben?« Er stützt seinen Ellenbogen auf den Tresen, legt seinen Kopf in die Hand und sieht mir herausfordernd in die Augen.
    »Tja, ich bin jetzt hier und werde sehen, wohin mich das bringt.« Was für ein total bescheuerter Satz! Der ist so blöd, dass ich nur an Milo vorbeischauen kann, rüber zur Bühne, und so tun, als würden mich Abbauarbeiten übermäßg interessieren.
    Milo grinst und nimmt einen Schluck von meinem Kaffee.
    »Kann ich deine Aufnahmen sehen?« Er fährt schon seine Hand aus und will nach meiner Kamara greifen.
    »Nein«, antworte ich freundlich, aber bestimmt, und schiebe seine Hand wieder weg.
    »Warum?«, fragt er etwas beleidigt.
    »Weil man das Werk erst sehen kann, wenn es fertig ist. Zwischendrin kann ich keine Kommentare gebrauchen.«
    »Filmmädchen weiß, was es will!«
    »Soll ich auch anfangen, dich Sängerjunge zu nennen?« Ich ahme seine Körperhaltung nach und stütze meinen Kopf in die Hand. Er grinst, beugt sich nach vorne und kommt mit seinem Gesicht ganz nah an meins. Er öffnet seine Lippen, um etwas zu erwidern, aber in dem Moment taucht Linda von der Toilette wieder auf und drängt sich zwischen unsere beiden Barhocker. »Alles klar?« Sie schaut mit einem angespannten Lächeln abwechselnd zu mir und zu Milo.
    Ich lächle zurück.»Klar doch.«
    Milo trinkt meinen Kaffee zu Ende aus. Dann nimmt er Lindas Kopf in seine Hände und küsst sie auf die Lippen. Dabei öffnet er die Augen und sieht mich direkt an. Ich wende meinen Blick ab.
    Die Pension liegt in derselben Straße wie die Scheune. Das Zimmer riecht muffig, die Einrichtung und der lila Teppichboden stammen wahrscheinlich noch aus den Achtzigern. Nach einer kurzen Dusche im Gemeinschaftsbad im Flur liege ich im Bett und starre an die Decke. Die Müdigkeit ist unerträglich, aber schon so weit fortgeschritten, dass es mir schwerfällt, entspannt einzuschlafen.
    In meinen Ohren fiept es, weil ich keine Stöpsel benutzt habe und trotzdem zum Filmen immer in der Nähe der großen Lautsprecher stand. Mein Vater hat mir vor der Abreise Ohrstöpsel in die Tasche gepackt, aber die sehen albern aus, quellen unappetitlich aus den Ohren, die wären mir wirklich peinlich.
    Aus dem Nebenzimmer höre ich dumpfe Geräusche. Die Jungs sind dort einquartiert. Edgar, Dan, die Techniker. Ich habe ein Einzelzimmer, das einzige in dieser kleinen Pension, die auch der Bardame gehört.
    »Wer nichts wird, wird Wirt! Aber ich habe wenigstens noch mein kleines Hotel«, erklärte sie stolz, als sie uns die Zimmer zeigte.
    Linda teilt sich ein Zimmer mit den BlackBirds. Sie war am Ende ganz schön betrunken und musste ins Bett getragen werden. Von Robert und Tom. Milo war auf einmal verschwunden.
    Überhaupt war die Stimmung am Ende nicht mehr die beste, alle waren erschöpft, ausgelaugt, einige wurden zänkisch. Der Alkohol ist nur bis zu einem gewissen Punkt ein Stimmungmacher, danach kippt es meistens.
    Ich verabschiedete mich und sah mir im Zimmer noch die Aufnahmen des Tages an. Es schien so weit weg zu sein, dass der Tourbus beladen wurde. Als ich auf die Uhr sah, war es schon kurz nach vier.
    Jetzt hört man die Vögel zwitschern, sie beginnen den Tag, den ich gerne beenden möchte und nicht kann, weil mir Gedanken und Bilder durch den Kopf rasen, ich mich einsam fühle und das Ohrfiepen einfach nicht ausblenden kann.
    Morgen geht es nach Brandenburg an der Havel, ein etwas größerer Gig in einem Jugendclub. Es gab dafür sogar einen Kartenvorverkauf.
    Ich habe gehört (von wem eigentlich?), dass irgendwoher noch ein Auto aufgetrieben wurde und dass Edgar, Dan und ich nun nicht mehr mit dem Zug fahren müssen. Das ist eine große Erleichterung und ich werde mich auch nicht mehr so außenseitermäßig fühlen.
    Wohin war Milo eigentlich verschwunden?
    Ob er wieder aufgetaucht ist?
    Schlafen er und Linda in einem Bett? Und wenn ja, sind Robert und Tom eigentlich genervt davon?
    Etwas rumpelt leise gegen meiner
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