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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir
Autoren: Patrycja Spychalski
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gleich um sie herum. Ich wirble über die Tanzfläche, drehe mich, werfe die Arme in die Luft. Gitarrenmusik ist das Beste, was es gibt!
    Die BlackBirds spielen eine Mischung aus Led Zeppelin, Black Crowes und Kings of Leon. Laut und zornig. Wenn ich sie live spielen sehe, werde ich sofort von diesem Zorn angesteckt. Ich kann nicht genau sagen, gegen was sich der Zorn richtet, es ist eher ein brodelndes Gefühl, das schwer im Magen liegt, doch das Beste ist, so lange zu tanzen, bis sich der Knoten gelöst hat. Ich schüttle meine Haare, schließe die Augen und schwinge den Kopf wild hin und her, bis ich die Orientierung verliere und für einen Augenblick Zeit und Raum völlig vergesse. Linda greift nach meiner Hand und wir tanzen eine Weile gemeinsam.
    Nach einer Stunde ist das Konzert vorbei. Milos Haare kleben in Strähnen an seiner Stirn. Die Jungs verbeugen sich. Milo springt von der Bühne, mit einem entschuldigendem Lächeln eilt er zur Toilette. Der Applaus verhallt, die Technikerjungs fangen an, die Instrumente abzubauen. Robert bleibt völlig erledigt an seinem Schlagzeug sitzen und starrt zu Boden.
    »Alles in Ordnung mit dem?«, frage ich, und Dan antwortet: »Aber sicher, der hat sich nur mal wieder die Seele aus dem Leib gespielt. Ist jedes Mal so. Ich glaube, der kann nach all dem gar nicht reden. Jedes Mal, wenn ich ihn danach angesprochen habe, hat er mir den Mittelfinger gezeigt.«
    Ich bestelle mir an der Bar eine Apfelschorle und wische mir den Schweiß von der Stirn. Mein Shirt klebt an meinem Rücken, ich zupfe es mir von der Haut und wedle frische Luft dorthin. Als die Barfrau mir das Glas reicht, trinke ich die Schorle in einem Zug aus und hole dann meine Kamera für ein paar Interviews.
    BARDAME: Was soll ich denn sagen? Viel Umsatz haben sie mir nicht unbedingt gebracht. Aber ich hatte meinen Spaß.
    Es fehlen die jungen Leute. Also außer ihr, aber ihr seid ja die Clique, das zählt nicht. Die jungen Leute fehlen, weil die nichts von Musik verstehen. Die hören dieses Technozeug. Immer noch. Ich dachte, das wäre out, aber die hören das. Na ja, vielleicht liegt das daran, dass wir hier so fast auf dem Dorf sind. Wie auch immer, die verstehen nichts von echter, handgemachter Musik. Die BlackBirds habe ich mal in Berlin gesehen, in so einer kleinen Bar, da war ich bei meinem Bruder zu Besuch. Der wohnt in Kreuzberg. Ist nicht übel da. Viel gute Musik. Die Band kann gerne wieder kommen, wenn sie es aushalten, immer wieder in die selben Gesichter zu gucken. Ist ja ein Laden, der von Stammkundschaft lebt. Ich kann mich nicht beklagen … so ein Auftritt der BlackBirds ist schon ein kleiner Höhepunkt hier. Also Jungs, ihr seid immer willkommen!
    JEANSWESTENTYP RUDI: Ich bin fast jeden Abend in der Scheune. Was soll man hier auch sonst machen? Ist der einzige Ort, wo du so ein bisschen sein kannst, wie du bist. Verstehst du?
    Die Jungs da auf der Bühne sind nicht übel. Schöne alte Musik spielen die, da steht so ein alter Knacker wie ich drauf. (Augenzwinkern)
    Aber jetzt muss ich nach Hause. Meine Frau wird meckern, weil ich wieder zu viele Zigaretten geraucht habe. Sie kann den Qualmgeruch nicht ausstehen. Ich habe in der Tasche immer so ein Deodorant gegen den Geruch, schau mal … was steht da drauf? Tabac Original. Ha, schau mal … das steht da wirklich drauf. Ist das nicht lustig? Tabac geben Tabak! Ha, das ist gut. Ist mir noch nie aufgefallen.
    JEANSWESTENTYP FRANZ: Ich weiß nicht. Ich will jetzt hier auch nichts Gemeines sagen, aber ich gebe zu, ich bin skeptisch. Die Musik ist schon gut, die Jungs beherrschen ihr Handwerk. Nur, ich frage mich, warum sie dieses alte Zeug spielen. Ich meine, die könnten sich doch auch etwas Eigenes einfallen lassen, oder nicht? Nicht böse gemeint! Ich meine ja bloß.
    LINDA: Oh Gott, ja. Sie sind die Besten! Wirklich, ich bin immer hin und weg, jedes Mal.
    Intensiv! Genau das ist die Musik. Ich könnte mir die jeden Abend angucken. Ich bin glücklich, wenn ich sie sehen kann. Ja, glücklich. Meine Mutter kriegt immer die Krise, weil die BlackBirds- CD bei mir ständig läuft. Tag und Nacht fast. Aber gut, ich meine, rate bloß mal, worauf meine Mutter steht … na? Schlager natürlich! Die rennt immer in diese Hafenbar … mein Gott, Schlager sind echt das Letzte, also wirklich! Ist mir total peinlich. Ah, ich hätte das nicht sagen sollen. Kannst du das wieder löschen?
    Ich muss mal dringend auf Klo!
    Ich schalte die Kamera aus und lege sie auf
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