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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir
Autoren: Patrycja Spychalski
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Vielleicht leihe ich mir bei dir mal eine aus?«
    Wir bleiben vor meiner Haustür stehen und Jeffer vergräbt seine Hände wieder in den Hosentaschen.
    »Viel Glück bei der Wohnungssuche.« Ich lächle.
    »Danke. Also … hoffentlich bis bald.« Er tritt einen Schritt auf mich zu und küsst mich etwas unbeholfen auf die Wange.
    Verlegen krame ich in der Tasche nach meinem Schlüssel und schließe auf.
    »War schön, dich wiederzusehen.«
    »Ja. Dich auch.« Ich bleibe noch einen Moment in der offenen Tür stehen. »Also …«, sage ich.
    »Also bis dann.« Er hebt seine Hand und geht. Ich zähle innerlich bis zwanzig und dann erst spähe ich unauffällig nach rechts, sehe Jeffer nach, wie er mit gesenktem Kopf um die Ecke biegt.
    Ich setze mich auf eine Treppenstufe im Flur und kann unmöglich in die Wohnung zurück. Da würde Mama Fragen stellen, die ich nicht beantworten kann. Nicht mal mir selbst. Trotzdem bin ich erstaunlich ruhig. Da ich noch viel Zeit habe, bevor ich Milo treffe, beschließe ich, zum Alexanderplatz zu laufen, was mit Sicherheit ein zweistündiger Spaziergang werden wird. Aber genau danach ist mir gerade. Als in unserem Stockwerk eine Tür geöffnet wird, springe ich auf, trete aus dem Haus und laufe schnell die Straße runter.
    Laufen beruhigt mich und bringt Klarheit. Ich werde mit jedem Schritt entspannter.
    Jeffer ist wieder da. Eigentlich war es klar, dass er irgendwann wiederkommen würde.
    Milo wartet auf mich unter der Welzeituhr, um mir alles zu erklären.
    Und ich werde jetzt diejenige sein, die eine Entscheidung treffen muss. Vielen Dank auch, Jungs!

KURZ VOR DREI stehe ich hinter einer Säule des Bahnhofs und schaue rüber zur Weltzeituhr. Sie ist ein beliebter Treffpunkt für Blind-Dates. Man kann das sehr schön beobachten, wie die Frauen und Männer, aufgeregt und aufgebrezelt, darunter stehen und von einem Bein aufs andere treten, immer wieder auf die Armbanduhr schauen und ihren Blick erwartungsvoll in alle Richtungen schweifen lassen, auf der Suche nach ihrere großen Liebe. Ich muss darüber schmunzeln, dass Milo ausgerechnet diesen Ort als Treffpunkt gewählt hat.
    Mein Herz fängt an, schneller zu schlagen, als ich Milo von Weitem sehe. Er stellt sich unter die Uhr, lehnt sich an die Säule und hält Ausschau. Seine Lederjacke hat er lässig über die Schulter geworfen und die Haare hängen ihm wie üblich vor die Augen.
    Ich gebe mir noch wenige Sekunden, noch einmal durchatmen, und dann laufe ich los.
    Als Milo mich entdeckt, zeigt sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht. Ich erwidere es.
    »Hey. Darf ich dich umarmen?«, fragt er und macht ei nen Schritt auf mich zu.
    »Ja.«
    Wir halten einander fest, Milo vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren, und in diesem Moment wünsche ich mir, das Leben müsste nicht immer so kompliziert sein.
    Wir kaufen uns an einem Stand einen Kaffee im Pappbecher und setzen uns etwas abseits des Trubels auf eine Bank.
    »Mann, wo fangen wir jetzt an?« Er sieht mich von der Seite an. »Linda geht’s wieder gut auf jeden Fall.«
    »Ich weiß. Ich habe mit ihr gesprochen.« Ich nehme einen Schluck von dem heißen Kaffe und verbrenne mir die Zungenspitze daran. »Du bist ihr wichtig.«
    »Ja, klar. Aber nicht so, wie du denkst. Wir sind eher wie Bruder und Schwester, weißt du.«
    »Eine Schwester, mit der du rumgeknutscht hast«, gebe ich zu bedenken.
    »Okay. Ist etwas schräg. Gebe ich zu. Wir sind füreinander da. Damals in der sechsten Klasse, ich habe dir davon erzählt, seitdem sind wir immer zusammen unterwegs gewesen. Ich hing viel bei ihr rum, ihre Mutter war nie da. Sie hatte sturmfrei. Das war cool. Wir haben uns alles erzählt und ab und zu haben wir auch rumgeknutscht. Aber mehr zum Spaß.«
    »Sieht sie das auch so?« Ich bin skeptisch.
    »Ich weiß nicht genau. Wir haben darüber gesprochen, dass es eher so Zeitvertreib ist. Vor einem Jahr oder so haben wir sogar mal probiert, zusammen zu sein, aber das ist total in die Hose gegangen. Trotzdem, wir passen aufeinander auf.«
    Ich glaube, ich könnte Milo tausend Sachen zu dieser Geschichte fragen, und er hätte genauso viele Antworten darauf, und vielleicht würde das Puzzle sich sogar irgenwann fügen, sodass es für mich nachvollziehbar wäre. Aber ich habe auf meinem Spaziergang hierher beschlossen, ehrlich zu sein. Ehrlich zu Milo und ganz besonders zu mir.
    »Weißt du Milo, ich muss ständig daran denken … der eine Kuss von dir … da im Rainbow-Club auf der Bühne,
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