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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir
Autoren: Patrycja Spychalski
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Hinterseite von einem Reclamheft.
    »Danke Edgar.« Ich begleite ihn zur Tür. »Wir hören uns?«
    »Möglich wäre es.« Er tippt sich an den Kopf und poltert die knarrenden Treppen runter.
    Ich flitze in mein Zimmer zurück, schnappe mir die Kamera und habe plötzlich Angst. Meine Erwartungen sind so riesig, dass sie doch nur enttäuscht werden können.
    Ich spule die Kassette zum Anfang, atme durch und drücke auf Play. Wie Edgar sagte, sind dort Konzertmitschnitte aus Leipzig, schön, aber kenne ich alles schon. Ich spule im Bildmodus vor. Nach dem Konzert folgt einen Moment ein krisseliges Bild, dann zehn Sekunden Teppich, Wand, Sessel, und dann ist Milo endlich im Bild. Ich schalte auf Wiedergabe.
    Milo rutscht im Sessel hin und her, lächelt schief, findet schließlich seine Position und schaut schweigend in die Kamera und mir direkt in die Augen. Er atmet schwer aus.
    MILO: Okay. Ich komme mir blöd vor, das ist dir hoffentlich klar. Ich habe mir von Edgar deine Kamera ausgeliehen. Oder so ähnlich. Jedenfalls … ich habe mir das hier nicht genau überlegt, aber ich habe mir geschworen, mir das nicht noch einmal anzuschauen. Egal. Also, ich war nicht erschrocken, als du plötzlich weg warst, ehrlich gesagt habe ich mir so was schon gedacht. Ich wäre auch weggefahren, wenn ich mich selber hätte ertragen müssen … weil ich so ein Idiot bin … aber das weißt du ja. Ich brauche dir nicht zu sagen, dass mir alles leid tut, auch das weißt du bereits, da bin ich mir sicher. Ich kann dir nicht erklären, warum ich mich wie ein Arsch benommen habe, das passiert mir schon öfter mal. Spricht nicht für mich, ich weiß. (Er schaut eine Weile auf seine Hände, dann wieder zu mir.) Linda und ich waren nicht zusammen. Der einzige Grund, warum ich den richtigen Moment abwarten wollte, um es ihr zu sagen, war, dass ich befürchtet habe, dass etwas passieren könnte – was ja schließlich passiert ist. Ich kenne sie schon Jahre, ich glaube, ich hätte ihr das ruhig beibringen können. Vielleicht stimmt das aber auch nicht. Das ist natürlich nicht dein Problem, und es tut mir leid, dass du dich überhaupt damit auseinandersetzen musstest. Vielleicht glaubst du es mir nicht, aber der Grund, warum ich die Band belabert habe, dass du für uns einen Film drehen musst, war in erster Linie, weil ich gehofft habe, dich dadurch kennenzulernen. Natürlich ist es auch cool, dass wir jetzt einen Film haben. Das andere ist mir trotzdem wichtiger. Die Band wird sowieso vor die Hunde gehen. Ist nicht so wichtig, ich finde schon was. (Er stockt einen Moment, als würde er nach den richtigen Worten suchen.) Ich komme mir wirklich blöd vor, hier so in die Kamera zu reden, aber es ist einfacher, als wenn ich dir dabei in die Augen sehen müsste, weil ich dann Angst hätte, in deinen Augen auf Unverständnis zu stoßen. So kann ich noch hoffen. Du hast gesagt, wir müssten uns besser kennen. Okay, ich fange an: Also ich war ein pflegeleichtes Baby, wie meine Mutter gerne zu jeder Gelegenheit behauptet. Ich bin Einzelkind und nicht unglücklich damit. Ich habe in meiner Kindheit davon geträumt, mit Laserschwertern gegen das Böse zu kämpfen. Mein Lieblingsfach war Kunst, später Chemie, weil dort immer so viel explodiert ist. Ich esse ekligerweise total gerne Sauerkraut, gleich aus der Packung und kalt. Natürlich habe ich angefangen wegen der Mädchen Gitarre zu spielen, es ist erstaunlich einfach, damit Eindruck zu schinden. Als ich dich damals auf unserem Konzert gesehen habe und später auf Jeffers Dach, habe ich ein Lied über dich geschrieben. Das weißt du natürlich nicht, ist ja alles schön verschlüsselt und so. Ich kann dir nicht viel mehr sagen, als dass diese Tour für mich so unglaublich cool war, weil du dabei warst. Das andere war eh alles Schrott. Frieda, ich werde am Samstag auf dich warten. Kitschigerweise unter der Weltzeituhr am Alexanderplatz, ich dachte das wäre ein guter Treffpunkt. Um drei. Ich werde auf dich warten, und wenn du mich sitzen lässt, werde ich das nicht aushalten. Das soll keine Erpressung sein, du sollst nur wissen, wie es ist. Also komm, sei da, und dann kannst du mich alles fragen, was du noch wissen musst, um nicht mehr böse auf mich zu sein. Das wäre großartig. Also gut, ich habe mich jetzt genug zum Horst gemacht … Ich hoffe, du stellst das Video nicht auf YouTube oder so, damit wäre mein Rockstar-Ding begraben.
    Er lächelt schuldbewusst, steht schließlich auf, läuft auf die
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