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Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Titel: Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)
Autoren: Raul Zelik
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Daniel am See
 
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    Es ist unwahrscheinlich, murmelt er, warum sollte es das sein, was der Vater verbockt hat, warum sollte sich eine Geschichte so wiederholen, warum sollte der Vater etwas mit einer Frau gehabt haben, die kaum älter war als der Sohn, den er hatte, aber kaum sah. Das macht keinen Sinn.
    In einer Zeitschrift, einem psychologischen Ratgeber, erinnert sich Daniel, hat er einmal gelesen, dass man den übermächtigen Vater nicht bekämpfen, sondern durch ihn hindurchgehen müsse, nebulöse Formulierung: hindurchgehen , und Daniel fragt sich, ob es wohl das ist, was damit gemeint war, hindurchgehen …
 
            … indem man plötzlich in der rolle des vaters …
 
    Es ist völlig unwahrscheinlich, redet Daniel weiter gegen den Gedanken an, es war etwas Anderes, muss etwas Anderes gewesen sein, wahrscheinlich war ich ihr einfach zu nah, hat sie gemerkt, dass ich nicht ihr Typ bin, wollte sich nicht binden, konnte nicht ertragen, dass ich an ihr zu klammern begann.
    Aber warum hat sie dann nichts gesagt, überlegt er, nicht wenigstens erklärt, dass sie allein sein möchte?, und auf einmal ist er davon überzeugt, dass es kein Zufall sein kann, dass sich alles so ineinanderschiebt: Sarahs Schwangerschaft, das Gefühl, in einem anderen Leben zu stecken, die Begegnung erst mit Ela, dann mit Dem, dass sich das zu sehr wie Schicksal anfühlt, eine Bestimmung.
    Hat sich der Vater, der Eindringling, der immer schon da war, nicht schon länger in Daniels Leben breitgemacht, sich seines Lebens bemächtigt?
    Blödsinn, flucht er, es gibt kein Schicksal, das Leben ist doch keine griechische Tragödie, und reißt das Fenster auf, so dass die kalte Luft das Zimmer fluten kann, bis in die Ecken gelangt, vielleicht auch den Verstand kühlt. Er steckt den Kopf weit hinaus, blickt auf den Park mit dem Spielplatz, der an diesem Tag ausgestorben aussieht, das Kopfsteinpflaster, auf dem die Autos surren, rennt durch denFlur zurück in das Schlafzimmer, an den nicht ganz abgezogenen Tapeten vorbei, Tapeten, die den Elan des Vaters abrupt zur Strecke gebracht haben, presst das Gesicht, presst die Stirn gegen die Schlafzimmertür, die Balkontür, rauft sich die Haare, kratzt sich die Kopfhaut, bis sie schmerzt, und sagt sich dabei immer wieder vor, dass es das nicht sein kann, nicht sein darf , viel zu unwahrscheinlich ist, er sich in etwas hineinsteigert, Kiffen ihn schon immer leicht paranoid gemacht hat, und wirft sich doch vor, nicht früher stutzig geworden zu sein, als sich die Kreise schlossen, er davon erfuhr, dass Ela und Dem sich kannten; wirft sich vor, Dem nicht früher nach Fil gefragt zu haben, als wollte er genau über diesen Zusammenhang nichts wissen. Er läuft zurück in das Arbeitszimmer, auf den Balkon, lehnt sich über das Geländer, den Abgrund, der Nachmittagshimmel ist von Regenwolken bedeckt, die Schlechtwetterfront ist da, der angekündigte Wetterwechsel, vielleicht ist der Sommer jetzt schon wieder vorbei, und stellt sich, ohne es zu wollen, immer konkreter vor, was der Vater mit dieser Frau gehabt haben könnte.
    Er fragt sich, ob es wirklich eine Beziehung war, zwischen einem fast 40-Jährigen und einer Teenagerin, kaum älter als Daniel, oder etwas Schlimmeres, ob der Vater ihre Krise ausgenützt hat, seine Macht, und Daniel erschrickt, weil er Angst hat, dass der Vater, der ihn nicht geliebt hat, den er nicht lieben konnte, den er nun wenigstens zu respektieren, dessen Leben er ein wenig zu verstehen begonnen hat, sich am Ende als Psychopath entpuppen könnte.
    Aber wenn es so wäre, wenn der Vater sich so verhalten hätte, würde Ela dann nicht anders über ihn reden? Würde sich Beule dann überhaupt um den Freund kümmern?
 
            hin und her
            überlegt daniel
            über die frau
             DEM
            die damals noch ein mädchen war
            wenn es denn stimmt
            her und hin
 
    Den Spätnachmittag und Abend über läuft er ziellos durch die Straßen, versucht die Gedanken durch Bewegung abzuschütteln, rennt weit aus Neukölln hinaus und wieder zurück, telefoniert kurz mit der Mutter, um wenigstens eine andere Stimme zu hören, aber bekommt nur ein Stammeln zustande, was soll er schon fragen? Über diese Geschichte kann er mit der Mutter
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