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Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)

Titel: Der Eindringling: Roman (edition suhrkamp) (German Edition)
Autoren: Raul Zelik
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schmutziges Geschirr, im Flur fliegen Turnschuhe umher, und während Steffen von einem Untermieter zu erzählen beginnt, einem Kumpel, der für ein paar Wochen aus Celle zu Besuch gekommen sei, fragt sich Daniel, ob er überhaupt noch mit dem Freund zusammenwohnen will, warum er hergekommen ist, ob sie sich nicht völlig auseinandergelebt haben.
    Er fängt dann aber doch an zu erzählen: von Dem, von Rumänien, davon, dass Ela sie kannte, sie betreute, als Dem von zu Hause abgehauen war. Und von seiner Beziehung zu Dem – dass sie oft unnahbar sei, sehr direkt, irgendwie auch romantisch, aber irgendwie unnahbar, dass er nie so recht wisse, was sie von ihm halte. Er gerät ins Stocken, weiß nicht, wie er weitermachen soll.
    Und dann? fragt Steffen.
    Sie hätten den Abend zusammen verbracht, einen guten Abend, er verbessert sich, einen normalen , hätten nicht besonders viel miteinander geredet, vielleicht auch zu viel gekifft und getrunken, aber es habe alles einigermaßen harmonisch gewirkt, sie seien nach Hause gegangen, zum ersten Mal nach Hause zu Fil, und er habe ihr vorgeschlagen, dass sie für ein paar Wochen bei ihm bleiben könnte, sie wohne bei einer Tante, fügt hinzu, die Wohnung sei schrecklich eingerichtet, eine wirklich abtörnende Wohnung, er habe gedacht, dass ihr der Vorschlag gefallen könnte.
    Er gefiel ihr aber nicht.
    Ja, irgendwie nicht, gibt Daniel zu, sie habe nicht wirklich geantwortet, habe nur kurz die Küche gemustert, als ob sie etwas erkenne, und sei dann schlafen gegangen.
    Er macht eine Pause.
    Am nächsten Morgen sei sie dann weg gewesen.
    Er habe die Wohnung nach einer Nachricht, einem Hinweis durchsucht, habe immer wieder bei ihr angerufen, sei bei der Wohnung der Tante gewesen, bei ihrem Kiosk, habe auf dem Weg nach Friedrichshain sogar in der Straße vorbeigeschaut, in der sie sich das erste Mal begegneten – aber nichts, keine Spur.
    Aber warum könnte sie abgehauen sein?, fragt Steffen.
    Daniel zuckt mit den Achseln: Vielleicht hat sie etwas von Fil gefunden und gemerkt, wer er ist, Daniels Vater, es könne doch kein Zufall sein, dass sie ausgerechnet verschwand, nachdem sie das erste Mal bei Fil waren.
    Sie kennt ihn, sagt er. Wenn sie Ela kenne, hatte sie auch mit dem Vater zu tun.
    Der Freund nickt, überlegt, gibt sich erstaunlich viel Mühe, die Situation zu verstehen. Versteht dann aber doch nicht.
    Aber was sei so schlimm daran, dass Fil sein Vater sei? Weil er todkrank sei?
    Wisse sie überhaupt, dass Fil krank sei?
    Und wieder zuckt Daniel mit den Achseln.
    Warum sollte sie sauer sein? fragt Steffen, erinnere Daniel sich nicht daran, wie er vor ein paar Tagen auf eine Nachricht von ihr wartete, an jenem Abend, als sie nach dem Fußballspielen ins Freiluftkino gegangen waren, auch an diesem Tag sei sie wie vom Erdboden verschluckt gewesen, habe Daniel sich Sorgen gemacht, weil sie auf keine Nachricht reagierte, und sei dann doch wieder aufgetaucht. 
    Aber an diesem Tag, denkt Daniel im Stillen, war ihr Handy nicht ausgeschaltet, sie nicht einfach verschwunden, hat sie nur seine SMS nicht beantwortet.
    Vielleicht sei das ihre Art, fährt Steffen fort, vielleicht habe sie einen Freund, davon müsse man immer ausgehen, einen Freund in einer anderen Stadt, den sie besuchen fahre, über den sie mit Daniel nicht reden wolle, sie hätten sich doch gerade erst kennengelernt. Das Falscheste, was Daniel jetzt machen könnte, fügt er hinzu, kumpel-, aber irgenwie auch oberlehrerhaft, wäre, sie jetzt unter Druck zu setzen.
    Der Göttinger Freund hat sich in Fahrt geredet, hantiert an seiner Espressomaschine herum, serviert aufgeschäumten Cappuccino, und für einen Moment fühlt es sich wirklich besser an, nimmt die Angst ab, ist Daniel kurz davon überzeugt, es könnte so sein, wie der Freund sagt.
 
    Er bleibt bis frühmorgens in der alten Wohnung in Friedrichshain, sie schauen Spielfilme und trinken den Wein, den Steffens Eltern bei ihrer Stippvisite dagelassen haben, später kommt der Unternehmer aus Celle dazu. Zwar ruft Daniel in den Werbepausen noch ein weiteres Dutzend Mal auf Dems Anschluss an, doch die Panik ist weg, vorübergehend weg, er denkt: Sie ist weggefahren, wollte sich nicht erklären, war vielleicht auch nur den Tag über weg, hat einen anderen, aber das heißt noch lange nicht, dass es vorbei ist, heißt nur, dass sie nicht kontrolliert werden will, bedeutet noch lange nicht, dass etwas vorgefallen ist.
    Denkt: Es hat mit dem Vater nichts zu tun, muss
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