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Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)

Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)

Titel: Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
Autoren: Michelle Willingham
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zusammen, während sie ihn unverwandt ansah. Ihr sinnlicher Mund war leicht geöffnet, und ihre Schultern hoben und senkten sich unter ihren raschen Atemzügen. Die Strähnen ihres goldblonden Haars, die sich aus dem Chignon gelöst hatten, hoben sich deutlich vom Schwarz des Trauerkleides ab.
    Sie hatte ihr Haar noch nie zu bändigen vermocht – schon als Mädchen nicht. Bei mehr als einer Gelegenheit hatte er ihr damals mit den Haarnadeln geholfen, um ihr eine Rüge zu ersparen. Doch jetzt haftete einer solchen Geste eine Intimität an, die bestenfalls unter Eheleuten statthaft war. Hatte er sie wirklich geheiratet? Hatte er ihr die Kleider aufgeknöpft und sich an ihrer seidenweichen Haut ergötzt? Die Art, wie sie vor ihm zurückwich, ließ darauf schließen, dass es nicht sehr wahrscheinlich war.
    „Ich möchte einen Arzt sehen“, sagte er, um das Thema zu wechseln.
    „Doktor Parson hat Sie gestern Abend untersucht. Meine Aufgabe ist es, die Verbände zu wechseln und die Wunde zu säubern. Er sieht morgen wieder nach Ihnen.“ Abermals hob sie die Teetasse an seine Lippen, aber er trank nicht.
    Ihre Hand zitterte, und der Ausdruck, der über ihr Gesicht huschte, wollte so gar nicht zu ihrem verbitterten Tonfall passen. In diesem kurzen Moment meinte Stephen, abgrundtiefe Einsamkeit in ihren Zügen zu erkennen.
    Doch durfte er kein Mitleid mit ihr haben; diese Frau hatte immerhin gedroht, ihn umzubringen.
    Schließlich gab sie ihre Bemühungen auf, ihn zum Trinken zu bewegen, und nahm die Tasse fort. „Es ist kein Gift in dem Tee“, sagte sie zögernd. „Ich habe kein Arsen auftreiben können.“
    „Laudanum hätte dieselbe Wirkung“, erwiderte er trocken. „In entsprechender Dosierung.“ Ihm war schleierhaft, warum er ihr das erzählte.
    „Ich merke es mir fürs nächste Mal“, entgegnete sie errötend, jedoch ohne zu lächeln.
    „Warum habe ich Sie geheiratet?“, fragte er sanft.
    Sie griff nach dem Tablett mit dem Teegeschirr. „Sie sollten noch eine Weile ruhen. Später beantworte ich dann gerne Ihre Fragen.“
    „Ich möchte es aber jetzt wissen. Setzen Sie sich.“
    Sie ignorierte seine Aufforderung und ging zur Tür. Vermutlich hätte er ebenso gut versuchen können, einen Ziegelstein dazu zu bringen, sich zu setzen. Falls das Undenkbare tatsächlich geschehen war, falls er wahrhaftig diese Frau geheiratet hatte, dann war eines gewiss: Er hatte mehr verloren als lediglich sein Gedächtnis – nämlich seinen Verstand.
    Emily floh in das angrenzende Zimmer und stellte mit zittrigen Händen das Tablett ab, bevor sie sich setzte. Der Earl of Whitmore war zurück – und erinnerte sich nicht mehr an ihre Ehe.
    Verdammt soll er sein. Heiße Tränen liefen ihr über die Wangen, obwohl sie sich nach Kräften um Fassung bemühte. Es kam ihr vor, als wäre er von den Toten auferstanden. So lange, wie er fort gewesen war, hatte sie schon beinahe damit gerechnet, dass er nicht mehr lebte, auch wenn nie eine Leiche gefunden worden war. Sie hatte alles getan, um ihn zu vergessen; sich an jedem einzelnen Tag der vergangenen Monate ins Gedächtnis gerufen, dass sie ihrem Ehemann nichts bedeutet hatte. Bereits eine Woche nach ihrer Hochzeit war er nach London verschwunden – geradewegs in die Arme seiner Geliebten –, während er sie, die kleine, naive Ehefrau, auf den Landsitz abgeschoben hatte, damit ihr die Untreue ihres Gatten verborgen blieb. Ihr wurde schlecht, wenn sie nur daran dachte.
    Gemeinhin lautete die Auffassung, dass Ehen nun einmal so waren. Doch sie hatte es nicht glauben wollen, Närrin, die sie gewesen war. Sie hatte sich völlig von seinem Charme verzaubern lassen, als ihr Traum wahr zu werden schien und der gut aussehende Earl dem Mädchen aus bescheidenen Verhältnissen einen Heiratsantrag gemacht hatte. Aber letztendlich war es eben nur ein Traum gewesen. Er hatte sie benutzt und aus ihr unerklärlichen Gründen geheiratet, um sich anschließend aus ihrem Leben zu stehlen. Und mit seiner Rückkehr erniedrigte er sie sogar noch mehr. Mit dem Handrücken wischte sie die Tränen fort und lachte verbittert auf. Er war die Tränen nicht wert. Je eher er Falkirk verließ, umso besser.
    Sie erhob sich und widerstand dem überwältigenden Verlangen, das kostbare Porzellan auf dem Tablett zu zertrümmern. Selbstmitleid würde sie nicht weiterbringen. Sie war nun einmal mit einem Mann verheiratet, der seine Versprechen gebrochen hatte.
    Und falls er die Ehe für null und nichtig
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