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Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)

Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)

Titel: Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
Autoren: Michelle Willingham
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erklärte, würde ihr kein Ort bleiben, an den sie fliehen konnte.
    Der Schrei eines Kindes riss sie abrupt aus ihren Gedanken. Hastig raffte sie die Röcke und eilte in das Schlafgemach, das sie vorübergehend als Kinderzimmer nutzte. Auf dem Boden kniete ihr Neffe Royce und spielte mit seinen Zinnsoldaten.
    „Attacke!“, rief er, bevor er die vorderste Reihe der Soldaten zu Boden warf. Das Zinnspielzeug und ein Märchenbuch waren die einzigen Dinge, die er nach Daniels Tod von zu Hause mitgebracht hatte. Angesichts Royces jugendlicher Begeisterung musste Emily lächeln.
    Als er einen weiteren Schlachtruf ausstieß, erklang das Weinen eines Säuglings. Mit einem Mal wirkte Royce betroffen. „Ich wollte sie nicht wecken.“
    „Ist schon in Ordnung.“ Emily hob das Baby aus der Wiege und drückte es an sich. Ihre Nichte Victoria war kaum neun Monate alt. Ein weicher Flaum rotbraunen Haars bedeckte den Kopf des Babys, und im Unterkiefer waren bereits zwei winzige Zähnchen zu sehen. Das Baby griff nach Emilys Haar.
    Als sie Victorias kleine Finger aus der losen Strähne löste, fühlte Emily sich in ihrem Beschluss bestärkt. Wenn auch ihre Ehe zerbrochen war, so blieb ihr doch immer noch ihre Familie. Sie würde sich um die Kinder ihres Bruders kümmern, wie sie es ihm an seinem Grab versprochen hatte. Zunächst einmal musste sie die Scherben ihrer gescheiterten Ehe zusammenkehren und dann entscheiden, was sie als Nächstes tun wollte.
    „Tante Emily?“ Royce unterbrach sein Spiel und zog die Knie an die Brust. „Ist Papa schon gekommen, um uns abzuholen?“
    „Nein, mein Schatz, noch nicht.“ Bisher hatte sie nicht den Mut aufgebracht, dem Jungen zu sagen, dass sein Vater niemals zurückkehren würde. Sie brachte es nicht übers Herz, Royces Hoffnungen zunichtezumachen, denn schon früh genug würde er die Wahrheit erfahren.
    Als er aufstand, zog sie ihn mit der freien Hand an sich und hielt die beiden Kinder fest umschlungen. „Ich liebe euch, das weißt du.“
    Royce versuchte, sich aus ihrem Griff zu befreien. „Ich weiß. Kann ich weiterspielen?“
    Emily entließ den siebenjährigen Knaben, damit er den Krieg gegen die hilflosen Zinnsoldaten wieder aufnehmen konnte.
    Sie setzte sich in den Schaukelstuhl und wiegte das Baby in den Armen. Victoria weinte noch immer, und die Augen drohten ihr vor Erschöpfung zuzufallen. Emily hob sich das Kind an die Schulter und klopfte ihm behutsam auf den Rücken. Am liebsten hätte sie in das Weinen mit eingestimmt. Plötzlich bemerkte sie, dass der Earl in der Tür stand.
    „Was machen Sie denn hier?“ Sie sprang auf und hielt Victoria beschützend an sich gedrückt. „Ihre Wunde blutet, und Sie sollten das Bett nicht verlassen.“
    Er bedachte sie mit einem eisigen Blick. „Ich glaube, das hier ist immer noch mein Haus.“ Dünne Linien hatten sich um seinen Mund eingegraben und zeugten von den Schmerzen, die er offenbar stillschweigend ertrug. Das dunkelbraune Haar, das unter der Bandage an den Schläfen hervorlugte, war zerzaust. Er lehnte sich an den Türrahmen, und obwohl er deutlich schmaler war als das letzte Mal, da sie ihn gesehen hatte, gab er kein Anzeichen von Schwäche preis. Der Stoppelbart auf seinen Wangen verlieh ihm ein ungezähmtes Aussehen, das ganz und gar nicht zum Bild des vornehmen Earls passte, den er sonst zu verkörpern pflegte.
    Bei seinem Anblick fragte sie sich, ob sie ihn jemals richtig gekannt hatte. Es schien keine Spur mehr von dem Jungen in ihm vorhanden zu sein, den sie als Mädchen so sehr verehrt hatte. Verschwunden waren sein charmantes Lächeln und die gutmütigen Spötteleien. Sein Blick wirkte kalt und berechnend. Selbst in seiner augenblicklichen schlechten Verfassung strahlte er etwas Einschüchterndes aus. Emily trat einen Schritt zurück und wäre beinahe über den Schaukelstuhl gestolpert. „Sie haben einen heftigen Schlag gegen den Schädel bekommen, weswegen Sie noch längst nicht wieder auf den Beinen sein sollten.“
    „Aber das käme Ihnen doch sehr entgegen, oder etwa nicht? Wenn ich stürzen und verbluten würde.“
    Sie bemühte sich, trotz seiner harschen Worte die Fassung zu bewahren. „Schon wahr. Aber Ihr Blut würde Flecken auf dem Teppichboden hinterlassen, und es besteht kein Grund, dem Personal zusätzliche Arbeit zu bescheren.“
    „Außer dass ich das Personal dafür bezahle.“
    „Auch nach Ihrem Tod? Alle Achtung, dann hätten Sie gut für die Leute gesorgt“, schoss sie zurück und
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