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Der dunkle Spiegel

Titel: Der dunkle Spiegel
Autoren: Andrea Schacht
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Falten die Handgelenke. Und dennoch hatte Almut den Eindruck, dass ihre Schwester so köstlich wirkte wie die orientalischen Süßigkeiten, die sie bei Meister Krudener erhalten hatte. Und genauso verführerisch.
    »Hat dich Pitter also angetroffen. Ich habe dir etwas zu erzählen, deshalb habe ich dich hergebeten. Ich hoffe, es verursacht dir keine Ungelegenheiten.«
    »Nein, nur lange Zeit habe ich nicht. Aber ich habe auch noch eine Neuigkeit für dich.«
    Elsa betrat den Raum und betrachtete Aziza mit einem misstrauischen Blick. Sie wollte sich wortlos zurückziehen, doch Almut hielt sie zurück.
    »Elsa, das ist meine Schwester Aziza. Sie ist eine große Bewunderin unseres Duftwassers.«
    »Das kann ich mir vorstellen!«, brummte Elsa, die sich in Almuts Gegenwart immer noch ein wenig unsicher fühlte. Doch Azizas Lächeln konnte sie sich nicht entziehen.
    »Aus Eurer Kräuterküche also stammt dieses wundervolle Parfüm.«
    »Das Kind da hat es hergestellt. Es ist nicht ganz schlecht. Da habt Ihr Recht, Frau Aziza.«
    »Hat sie denn noch mehr von dem Duftwasser hergestellt?«, fragte sie und zupfte Trine an ihrem langen Zopf.
    Elsa machte ein paar Gesten, die das Mädchen richtig deutete. Mit einem Lächeln nickte sie und holte von einem Bord eine der neuen Phiolen, die sie bei dem Glashändler auf dem Markt erstanden hatten.
    »Sie hat weiter daran gearbeitet und schleppt das Zeug immer mit sich herum, um es vorzuzeigen«, erklärte Almut. »Elsa betreibt inzwischen einen schwunghaften Handel damit und verlangt jedes Mal ein kleines Vermögen für so ein Fläschchen.«
    »Ich hoffe, Trine bekommt ihren gerechten Anteil davon.«
    Almut kam eine Idee, die sie mit Magda besprechen wollte. »Dafür werde ich schon noch sorgen.«
    »Das ist gut. Und nun lass mich mal daran riechen. Mhh, köstlich. Was enthält es inzwischen alles?«
    »Rosmarin, die Schalen von Zitronen und Orangen, Rosenöl, Melisse und Neroliblüten.«
    »Ganz wundervoll! Darf ich einen kleinen Tropfen haben?«
    Mit ausdrucksvoller Miene und Handbewegungen bat sie Trine darum. Trine nickte hoheitsvoll, hob das Gebände unter Azizas Kinn und tupfte eine reiche Menge des Parfüms in ihre Kehlgrube.
    »Danke, Trine. Oh, das wird aber jemanden erfreuen!«
    Aziza lächelte spitzbübisch.
    »Soso!« Almut erwiderte das Lächeln.
    »Habt Ihr eigentlich eine Bezeichnung für dieses Duftwasser, Frau Apothekerin?«
    »Nein, noch nicht. Aber ich habe mir schon das eine oder andere Mal überlegt, ob wir ihm nicht einen wohlklingenden Namen geben sollten. Das macht es einfacher, wenn die Frauen danach fragen.«
    »Ja, so etwas wie ›Blütentraum‹ oder ›Blütenelixier‹ vielleicht.«
    Almut sah ihre Schwester fragend an.
    »Eine gute Idee. Aber nichts Blumiges, dazu ist es zu herb und zu frisch. Und Ihr wollt es doch sicher auch an Auswärtige verkaufen, die es mit in ihre Heimat nehmen. Warum nennt Ihr es nicht einfach Kölnisches Wasser?«
    »Ja, warum nicht!«, nickte Almut. »Kölnisches Wasser.«
    »Kölnisches Wasser«, murmelte Elsa, und ihr brummiges Gesicht erhellte sich. »Ja, das ist eine Empfehlung! Sehr gut, Frau Aziza. Aber nun verschwindet von hier, ich habe noch zu arbeiten, und ihr wollt schwatzen!«
    »Wir stören dich nicht länger, Elsa. Bis später!«
    Almut nahm ihre Schwester am Arm und führte sie in ihre Kammer.
    »Ganz gemütlich hier, wenn auch ein bisschen hart, dieses Bett!«, meinte Aziza, als sie darauf Platz genommen hatte. »Aber jetzt berichte. Du siehst aus, als ob deine Geschichte spannender wäre als die meine!«
    Über eine lange Zeit hinweg hörte Aziza fasziniert zu und unterbrach Almut kein einziges Mal, bis sie geendet hatte.
    »Allahhu Akbar!«, stieß sie dann aus.
    »Was heißt das?«
    »Jroßer Jott!«
    »Ach so. Ich dachte, du solltest wissen, wie alles zusammenhängt. Aber ich möchte dich wirklich bitten, darüber mit niemandem zu sprechen, Aziza.«
    »Nein, es würde niemandem nutzen. Aber mit de Lipas abwegigen Neigungen erzählst du mir nichts Neues. Das hätte ich dir inzwischen auch verraten können. Ich bin nämlich den alten Gerüchten nachgegangen und habe mich nach den Gründen erkundigt, warum ihm seine erste Frau so unbeweint abhanden gekommen ist. Sie hat, genau wie Dietke, herausgefunden, wohin sich seine Leidenschaft richtet. Der Skandal ist seinetwegen damals von einigen hohen Herren vertuscht worden.«
    »Ei wei, dann hat ja die Drohung gestern sogar mehr Gewicht gehabt, als ich dachte. Und
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