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Der Duft

Titel: Der Duft
Autoren: Aufbau
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an seiner Brust, während er ihr Haar streichelte, und es fühlte sich schrecklich gut an.
     
    |38| Am nächsten Morgen wachte sie verspannt und mit Kopfschmerzen auf. Sie nahm eine Tablette, zog sich an und ging in den kleinen
     Frühstücksraum. Konstantin saß schon dort und begrüßte sie freundlich. Rico frühstückte offenbar lieber allein auf dem Zimmer.
    Gegen Viertel nach acht saßen sie zu dritt im Teamraum. Während die Laptops hochfuhren, sagte Marie: »Rico, ich würde dich
     gern unter vier Augen sprechen.«
    »Wieso, was ist denn?«
    »Ich geh’ mir einen Kaffee holen«, sagte Konstantin. »Wie lange braucht ihr?«
    »Fünf Minuten.«
    Konstantin nickte und verließ den Raum.
    »Also, was ist?« Ricos Tonfall war bewusst gelangweilt.
    »Du weißt genau, was ist.« Maries Stimme war ruhig. »Ich erwarte, dass du dich in das Team einordnest und Disziplin zeigst.
     Keine unabgestimmten Einwürfe in Gesprächen, keine Attacken gegen das Management. Wenn ich das Gespräch führe, hältst du dich
     zurück. Ist das klar?«
    »Du verbietest mir den Mund?«
    Marie registrierte zufrieden, dass Rico nicht wie sonst herablassend, sondern vorsichtig klang.
    »Ja, das tue ich, bis ich die nötige Sorgfalt in deinem Umgang mit Klientenmitarbeitern erkenne, insbesondere mit solchen,
     auf deren Mitarbeit und Unterstützung wir angewiesen sind.«
    »Marie, ich sage dir noch mal, dieser Dr. Scorpa …«
    Marie hatte schon als kleines Mädchen gelernt, wie unhöflich es war, jemanden zu unterbrechen. Deshalb tat sie es nur selten.
     Doch Rico musste verstehen, dass sie keinen Spaß verstand. »Ich will keine Widerrede hören«, sagte sie scharf. »Du tust, was
     ich dir sage, verstanden?«
    Rico verschränkte die Arme vor der Brust. »Sonst?« Seine Mundwinkel zuckten spöttisch.
    |39| »Sonst bist du draußen!«
    Marie wusste nicht so genau, ob sie die Drohung im Ernstfall würde umsetzen können. Es stand einer Projektleiterin nicht zu,
     über den Einsatz ihrer Mitarbeiter zu bestimmen – dafür war die zentrale Personaleinsatzplanung, das sogenannte »Staffing«,
     zuständig. Doch sie konnte sich an Will Bittner wenden und ihn bitten, zu veranlassen, dass Rico aus dem Team genommen wurde.
     Selbst wenn das nicht geschah, vielleicht, weil niemand sonst verfügbar war, würde es zumindest sein Ansehen bei Copeland
     erheblich beeinträchtigen und seine Karrierechancen reduzieren.
    Rico sagte einen Moment lang nichts, musterte sie nur mit ausdrucksloser Miene. Dann nickte er langsam und wandte sich seinem
     Laptop zu.
    Marie nahm sich wieder den Aktenordner vor, den Scorpa ihr gegeben hatte. Doch es gab nicht viel, was sie aus den Zahlen ablesen
     konnte, außer, dass die Firma Verluste machte und kein klarer Trend in Richtung Gewinnzone erkennbar war. Ohne Informationen
     darüber, woran Olfana gerade forschte und welche neuen Produkte wann auf den Markt kommen würden, konnte sie ihren Auftrag
     nicht erfüllen.
    Sie beschloss, Scorpa noch einmal um ein Gespräch zu bitten. Frau Meerbusch informierte sie, dass ihr Chef auf Geschäftsreise
     und erst am Montag wieder im Hause sei. Sie ließ sich einen Termin für elf Uhr geben und nutzte den Rest des Tages, um im
     Internet Informationen über geruchsbasierte Schädlingsbekämpfung zu recherchieren.

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    |40| 3.
    »Hier also ist es passiert.« Lieutenant Bob Harrisburg sah das Misstrauen in den Augen des Sergeants, der ihm kaum bis zum
     Kinn reichte. Die Vorbehalte, die kaum verhohlene Abneigung waren deutlich zu spüren. Der Soldat fragte sich offensichtlich,
     warum man statt eines forensischen Spezialisten der Militärpolizei so einen tumben Riesen von der Army Intelligence, dem Militärischen
     Aufklärungsdienst der US-Streitkräfte, geschickt hatte.
    »Das sieht man ja wohl.« Der Sergeant wirkte ungeduldig, nervös. Er wollte hier nicht sein.
    Harrisburg nickte. Die groben, ockerfarbenen Wände des Raums waren voller Einschusslöcher. Tische und Stühle waren umgeworfen
     und zersplittert, aber man konnte noch ihre frühere Anordnung erkennen – drei Reihen mit drei Tischen, an denen je zwei Kinder
     gesessen hatten. An der Wand hing eine große Tafel, in der Mitte zerborsten. Arabische Schriftzeichen waren in weißer Kreide
     darauf gemalt.
    Das Blut war zu dunkelbraunen Flecken eingetrocknet. Sie waren überall: auf dem Boden, an den Wänden, auf Tischen und Stühlen.
     Als habe jemand damit begonnen, den Raum dunkel anzustreichen, sei aber nicht
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