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Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman

Titel: Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
Autoren: Elizabeth Haran
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der relativ spät geheiratet hatte: Er war vierzig gewesen, Mary, seine Braut, knapp siebzehn. In County Sligo, wo Finlays Familie herstammte, war eine Eheschließung zwischen einer Halbwüchsigen und einem Mann jenseits der Vierzig nicht ungewöhnlich, in Australien dagegen schon.
    »Das ist doch gar nicht wahr!«, brauste Finlay auf. »Er ist doch nicht so alt wie ich! Jedenfalls nicht ganz«, fügte er friedlicher hinzu. Das Bild, das er in diesem Moment vor seinem inneren Auge sah, schob er ebenso hastig beiseite wie seine Gewissensbisse. Er musste an Abbeys Zukunft denken, nur darauf kam es an. »Mr. Mason ist ein reifer Mann und obendrein ein sehr wohlhabender. Das heißt, du könntest eines Tages eine reiche Witwe sein.«
    »Wie kannst du nur so etwas Furchtbares sagen, Dad!«, entgegnete Abbey ärgerlich. »Außerdem glaube ich, dass du dir etwas vormachst. Wieso sollte sich Mr. Mason für ein Mädchen aus der Bergarbeitersiedlung interessieren?«
    »Ich werde dir jetzt etwas verraten, was nicht viele wissen: Mr. Mason war früher selbst Bergmann.«
    Abbey riss erstaunt die Augen auf. Wie alle hier hatte sie immer gedacht, Ebenezer Mason sei in einer adligen Familie in England mit einem goldenen Löffel im Mund geboren worden.
    »Da staunst du, was?« Finlay nickte bekräftigend. »Ja, auch er ist mal ein armer Schlucker gewesen. Bis er sich in Victoria als Goldgräber versuchte. Anfang der 1850 er-Jahre stieß er in Peg Leg Gully auf ein reiches Vorkommen. So machte er sein Vermögen. Alles in allem wurden dort dreihundertvierundzwanzig Pfund Gold geschürft, ein großer Teil davon von Ebenezer und seinen Kumpels. Kannst du dir das vorstellen? Dreihundertvierundzwanzig Pfund!«, wiederholte Finlay verträumt. Seine irischen Zechkumpane hatten nicht schlecht gestaunt, als er ihnen davon erzählt hatte. Dann hörte er, wie der Wirt raunte, Ebenezer Mason hätte seine beiden Partner um ihren Anteil betrogen. Doch Finlay gab nichts darauf, er vermutete, dass Neid hinter diesen Gerüchten steckte. »Ein Mann, der so hart arbeiten kann, hat Respekt verdient. Und wenn er das Glück hatte, eine große Goldmenge zu finden – nun, dann sei es ihm gegönnt, meine ich.«
    »Woher weißt du, dass diese Geschichte wahr ist, Dad?«, fragte Abbey zweifelnd. Ihrer Ansicht nach klang das alles ein bisschen weit hergeholt.
    »Er hat sie mir selbst erzählt! Wir haben uns in letzter Zeit einige Male lange unterhalten.« Finlay starrte ins Feuer. In den vergangenen zwei Wochen hatte er eine Menge über Ebenezer Mason erfahren. Anfangs war er schon misstrauisch gewesen, als der Bergwerkseigner ihn auf einen Drink einlud, um ihn näher kennen zu lernen. Doch Ebenezer Mason hatte keinen Hehl aus seinen Beweggründen gemacht, und Finlay fand das sehr anständig. Er war genauso offen gewesen und hatte Ebenezer erklärt, seine Abbey sei ein tugendhaftes Mädchen, und er werde sich auf nichts einlassen, wenn er, Ebenezer, keine ehrlichen Absichten hätte. Nachdem der Minenbesitzer ihm jedoch glaubhaft versichert hatte, dass das der Fall sei, waren Finlays Zweifel ausgeräumt, und die beiden Männer hatten sich des Öfteren auf ein Glas getroffen.
    »Ach ja?«, meinte Abbey, die der Sache nicht so recht traute. Sie konnte sich nur schwer vorstellen, dass Mr. Mason mit seinen blütenweißen Hemden und den polierten Lacklederschuhen einmal Bergmann gewesen war und sich die Hände schmutzig gemacht hatte. Ihr Vater hingegen schien nicht an dieser Geschichte zu zweifeln.
    »Wenn ich es dir sage«, bekräftigte Finlay. »Eine Mine zu besitzen bedeutet eine Menge Verantwortung und Sorgen. Ich habe nie viel darüber nachgedacht, aber Mr. Mason hat mir die Augen geöffnet, und jetzt sehe ich ihn in einem ganz anderen Licht.«
    Abbey schnaubte verächtlich. »Er tut nichts anderes, als sein Geld zu zählen! Die Sorge hätte ich auch gerne.«
    »Er muss nicht selten zählen, wie viel er verloren hat«, erwiderte Finlay ernsthaft. »Weißt du noch, als letztes Jahr vierhundert Männer entlassen worden sind?«
    Abbey nickte. Wie hätte sie das vergessen können! Das war ein schwerer Schlag für die Stadt gewesen, und die Stimmung in der Bergarbeitersiedlung hatte sich auf einem absoluten Tiefstand befunden.
    »Mr. Mason war gar nichts anderes übrig geblieben, weil die Mine vertieft werden musste und die Kosten für die Kupfergewinnung dadurch gestiegen sind. Und kaum hatte er in die Mine investiert, sind die Kupferpreise gefallen. Das sind
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