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Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman

Titel: Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
Autoren: Elizabeth Haran
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besorgen. Darüber freut er sich bestimmt. Eigentlich konnten sie sich solche Leckerbissen gar nicht leisten, aber sie wollte wiedergutmachen, dass sie sich ihrem Vater gegenüber so respektlos benommen hatte. Vielleicht würde sie ihn ja doch noch überreden können, in die Hochzeit mit Neal einzuwilligen.
     
    Eine sengende Hitze lag über der Stadt. Der heiße Nordwind wirbelte Staubwolken über die ausgedorrte Landschaft. Abbey war in der Bäckerei, als plötzlich die Sirene an der Kupfermine zu heulen begann. Sie erstarrte. Irgendetwas musste passiert sein. Vielleicht war ein Stollen eingestürzt.
    Alle schrien durcheinander und rannten los. Abbey stand wie versteinert da, dann lief auch sie zur Mine. Das schrille Heulen der Sirene jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken, ihr Herz raste. Die seltsame, beklemmende Vorahnung, die sie den ganzen Morgen gequält hatte, machte auf einmal Sinn. Zeitweilig arbeiteten bis zu vierhundert Bergleute unter Tage, deshalb musste man bei einem Einsturz oder einem ähnlichen Unglück mit einer furchtbaren Katastrophe rechnen.
    Atemlos und schweißgebadet kam Abbey bei der Mine an. Schon hatte sich eine riesige Menschenmenge vor dem Eingang zur Grube eingefunden: Ehefrauen und Kinder von Bergleuten, Minenarbeiter aus einer anderen Schicht, Ladenbesitzer, die von der Mine und ihren Angestellten lebten.
    »Was ist passiert?«, keuchte Abbey, während sie versuchte, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen. »Ist ein Schacht eingestürzt?«
    »Wasser ist in einen der Stollen eingedrungen, und die Morphett-Pumpe ist ausgefallen. Es wird nicht lange dauern, bis das Wasser auch in die anderen Stollen laufen wird.« Der Mann, der ihr geantwortet hatte, ein Grubenarbeiter, war ungefähr so alt wie ihr Vater. Sein Gesicht war aschfahl, eine Wange aufgeschürft und seine Arbeitskleidung nass und verschmutzt. »Ich hab Glück gehabt, ich kam gerade noch heraus«, fügte er stockend hinzu. Bevor Abbey ihm weitere Fragen stellen konnte, war er davongeeilt.
    Abbey, die sich ausmalte, wie ihr Vater und Neal in einem der Stollen gefangen waren und ertranken, war besinnungslos vor Angst. Sie spürte, dass sie keinen Tropfen Blut mehr im Gesicht hatte und ihre Knie ganz weich geworden waren. Sie wusste von ihrem Vater, wie wichtig die Pumpe war, mit der das Grubenwasser abgepumpt wurde. Fiel sie aus irgendeinem Grund aus, konnten sich die Stollen im Nu mit Wasser füllen.
    Abbey packte einen der anderen Arbeiter am Ärmel. »Wie viele Männer sind rausgekommen? Hat irgendjemand meinen Vater gesehen, Finlay Scottsdale?« Panisch ließ sie ihre Blicke über die Gesichter der Umstehenden schweifen. Sie hätte gern nach ihrem Vater gerufen, doch sie hatte Angst, er könnte ihr nicht antworten.
    »Wie durch ein Wunder hat es eine ganze Reihe von Männern geschafft rauszukommen, weil sie gerade auf dem Weg nach oben waren, um eine Pause zu machen, als die Pumpe ausfiel«, antwortete ein Bergmann. »Kopf hoch, Mädchen«, fügte er hinzu, fasste sie an den Armen und sah ihr fest in die Augen. »Alles wird gut werden, hörst du?« Er wandte sich ab und tauchte in der Menge unter.
    Abbey hätte ihm gern geglaubt. Die Angst wühlte in ihren Eingeweiden. Im Stillen betete sie inbrünstig, dass ihr Vater und Neal unter jenen waren, die sich noch rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten.
    Sie dachte an die Auseinandersetzung mit ihrem Vater, und ihr kamen die Tränen. Sie bereute ihre harschen Worte und wünschte sich verzweifelt, dass sie die Möglichkeit bekam, sich mit ihm zu versöhnen. Hoffentlich war es nicht zu spät! »Wenn du heil zurückkommst, Dad, werde ich dir eine bessere Tochter sein, ich verspreche es«, wisperte sie. Und sie meinte es aufrichtig.
    Langsam schob Abbey sich durch die Menge, ließ ihre Blicke suchend über die Gesichter der Männer gleiten. Aber weder ihr Vater noch Neal waren darunter.
    Plötzlich fasste sie jemand von hinten am Arm, und sie schrak zusammen.
    »Dad!« Überglücklich fuhr sie herum. Doch anstatt in das Gesicht ihres Vaters blickte sie in das von Neals Mutter.
    »Wo ist mein Junge?« Megs sorgenvolles, verängstigtes Gesicht war kalkweiß. Tränen liefen ihr über die Wangen.
    »Ich weiß es nicht, Meg.« Abbey schüttelte hilflos den Kopf. »Meinen Dad kann ich auch nirgends sehen.«
    Die beiden Frauen klammerten sich aneinander und warteten. Mehr konnten sie nicht tun.
    Ein Bergmann nach dem anderen wurde aus dem Schacht geborgen. Alle waren völlig
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