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Der Dschunken Doktor

Der Dschunken Doktor

Titel: Der Dschunken Doktor
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gouverneur-Stellvertreters. Er hing fast auf seinem Sessel, wischte sich den Schweiß von der Stirn und kämpfte mit einem Zucken in seinen Mundwinkeln. Der Polizeichef, an dramatische Auftritte gewöhnt, faßte sich als erster.
    »Sie stimmen mir zu, meine Herren: Unglaublich!«
    »Diese Frau soll schwer krank sein?« stotterte der Chef der politischen Polizei.
    »Nach meinen Erfahrungen ist sie bereits so gut wie tot!« erklärte Ting ruhig. »Der Zeitpunkt ihres physischen Todes wurde längst programmiert. Wir wissen: Diese Frau hat Mr. Rogers aus San Francisco erschossen – aber wir werden nie erfahren, woher sie ihn kannte, ob sie ihn überhaupt kannte, warum sie ihn tötete. Wir werden nichts erfahren. Ich wiederhole: Es ist dies der fünfte Fall!«
    »In welchem Zeitraum?« fragte der Vertreter des Exekutivrates der Kronkolonie Hongkong.
    »Innerhalb eines halben Jahres, Sir.«
    »Und Sie erwarten noch mehr dieser rätselhaften Morde?«
    »Ja.« Ting nickte mehrmals. »Nicht nur das.«
    »Was sonst noch?«
    »Wenn man diese ›Krankheit‹ exportieren kann, könnte man die ganze Welt mit ›unschuldigen‹ Mördern überziehen. Niemand wäre dann noch sicher vor diesen lächelnden, stummen Tätern …«
    »Undenkbar, dieses Chaos!« schnaufte der Chef der politischen Polizei. »Kein Politiker könnte mehr geschützt werden. Überall könnten diese ›Kranken‹ auftreten!«
    »Noch sind alles Vermutungen!« Der Abgeordnete des Exekutivrates legte die Hände gegeneinander; sie zitterten leicht. »Um allen Diskussionen aus dem Weg zu gehen, wage ich die Frage, die letztlich doch gestellt wird: Was kann man tun, wenn das alles schreckliche Wahrheit ist?!«
    »Die Quelle der Krankheit finden«, antwortete der Polizeichef.
    »Und wie?«
    »Das ist eine ähnliche Frage wie: Leben auf dem Mars Menschen? Und wenn: Wer holt einen zu uns herunter?«
    »Die unbekannte Täterin zu fragen hat keinen Sinn«, sagte Kommissar Ting betont langsam. »Auch nicht mit Methoden aus der alten Zeit … ich würde mich in diesem Falle nicht scheuen, sie anzuwenden …«
    »Kommissar Ting!« rief der Polizeichef wieder tadelnd.
    »Da ich es ausspreche, können Sie sicher sein, daß es nicht geschieht. Wozu auch? Ein solches Verhör würde sinnlos sein. Die schöne Mörderin ist eine gepflegte Frau … wir werden feststellen können, woher ihr Abendkleid stammt, ihre Unterwäsche, ihr Parfüm, ihr Schmuck – der übrigens unecht ist –, ihre Schuhe, die Handtasche, bei ganz großem Glück auch die kleine Pistole … aber ich garantiere Ihnen, was beim Verhör herauskommen wird: Ein junger Chinese erschien im Laden, werden sie aussagen, und suchte das Stück aus, bezahlte in bar, ging. Wie er aussah? Wie hunderttausend Chinesen in Hongkong! Wir werden auch von Mr. Rogers erfahren, wer er war, und feststellen, daß es gar keinen Grund gab, ihn umzubringen. Ich zähle die vorangegangenen Mordopfer auf: Nummer eins war ein Italiener, Sergio Rafello, Besitzer von vierzehn Eissalons. Nummer zwei: Der Brasilianer Jorge Cavelho, ein Amethystminenbesitzer. Nummer drei: Der Syrer Hamid Ibn Mohammed Rassul. Ihm gehören drei Hotels in Damaskus. Nummer vier: Ein Holländer. Jan van Fleeten. Beruf: Schiffsausstatter. Nummer fünf nun der Amerikaner Reginald M. Rogers aus San Francisco. Laut Eintragung Importeur. Was er importiert, werden wir bald wissen. Gemeinsam haben sie eines: Sie waren harmlos, kamen nach Hongkong als Touristen und wurden getötet ohne ersichtlichen Grund!«
    Ting Tse-tung schwieg, griff nach einem Glas Fruchtsaft und trank einen langen Schluck.
    Der Chef der Canton Road Police kratzte sich die Nase. Er ahnte, daß ihm gewaltige Arbeitsbelastungen ins Haus standen. »Fünf sinnlose Morde, aber alle mit Methode!« sagte er. »Immer der gleiche Stil. Das ist kein Zufall!«
    »So intelligent sind wir auch«, entgegnete der Polizeichef von Kowloon grob. »Geben wir zu, meine Herren: Wir befinden uns in einer teuflischen Lage! Wir glauben zu wissen, daß noch weitere Verbrechen geplant sind, und haben doch keine Möglichkeiten, sie zu verhindern! Das hat Kommissar Ting wohl deutlich gemacht, nicht wahr?«
    »Draußen wartet Dr. Wang An-tse. Er und sein Team haben die vier vorangegangenen Fälle untersucht und den Tod der Täter miterlebt. Er wird auch unsere Unbekannte übernehmen, ohne ihr helfen zu können. Wollen Sie Dr. Wang anhören, meine Herren?«
    »Aber ja!« rief der Abgeordnete des Legislativrates.
    »Bitte.« Ting
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