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Der Drache aus dem blauen Ei

Der Drache aus dem blauen Ei

Titel: Der Drache aus dem blauen Ei
Autoren: Ravensburger
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Doch statt das Wasser zu trinken, schüttete er es einfach einem Ritter über den Kopf und setzte sich den roten Napf wie einen Helm auf. „Rutkäppchen!“, verkündete er stolz.
    Mama seufzte. „Für heute habt ihr beide wirklich genug Märchenfilme gesehen“, sagte sie. Bo und der Drache beschwerten sich lauthals, als Mama die Fernbedienung nahm und den Märchenfilm stoppte.
    „Rumpelkäppchen her!“, protestierte der Drache.
    „Das heißt doch ,Rumpelstilzchen‘, du Dummel“, verbesserte ihn Bo.
    Er wollte noch etwas sagen, aber dann grollte etwas so gewaltig und laut, dass alle zusammenzuckten.
    „Huch, hat es gedonnert?“, fragte Mama.
    „Nein, er hat bloß Hunger“, verkündete Bo. Und so war es auch: Das gewaltige Grollen kam aus dem kleinen Bauch.
    „Höchste Zeit, dass Anja ihn zu Herrn Meisenbeißer bringt“, sagte Mama.
    „Ich will mit!“, rief Bo und sprang vom Sofa.
    „Nein, ich gehe allein mit Yasemin“, protestierte Anja. „Bo durfte jetzt den ganzen Vormittag mit dem Drachen Filme anschauen. Und wenn Alexander nach Hause kommt, habe ich ihn wieder nicht für mich.“
    Mama wuschelte Anja durchs Haar und nickte. „Deine Schwester hat Recht“, sagte sie zu Bo. „Sie hat den Drachen gefunden und möchte ihn in Ruhe kennenlernen. Dafür braucht sie ein bisschen Zeit allein mit ihm.“ Das Schöne an Mama war, dass sie fast immer wusste, wie Anja sich fühlte.
    Anja strahlte. Sie rannte los zum Schrank und holte ein großes Tuch heraus.
    „Keine Angst“, sagte sie zu dem kleinen Drachen. „Wir legen das Tuch über deinen Käfig, dann kann keiner hineinschauen. Außerdem wohnt Herr Meisenbeißer ganz in der Nähe.“
    Der Drache sah sie aus großen blitzblauen Augen an. Dabei kam es ihr so vor, als ob er verschmitzt lächelte. Ihr wurde ganz warm im Bauch.
    „Anja“, sagte er andächtig. Dann gähnte er zufrieden, machte die Augen zu und schlief auf der Stelle ein.

Im Drachenrestaurant
    Herr Meisenbeißer hatte zwar einen komischen Namen, aber einen Vogel hatte er noch nie gebissen. Im Gegenteil: Die beiden grünen Papageien und die unzähligen Wellensittiche schienen sich pudelwohl bei ihm zu fühlen. Außerdem lebten bei Herrn Meisenbeißer noch mehrere seltene Echsen in großen Glaskästen. Er kannte sich sehr gut mit Tieren aus, denn früher war er Tierpfleger im Zoo gewesen.
    „Das ist ja lustig“, sagte Yasemin und deutete auf die Haustür. Anstelle eines Briefkastenschlitzes war hier ein Raubfischkopf angebracht. Wer einen Brief einwerfen wollte, musste ihn durch das aufgerissene Maul schieben. „Hat er denn keine Türklingel?“
    „Doch“, erwiderte Anja. „Sogar eine, die mit dem Schwanz wedelt!“ Sie klopfte an die Tür.
    „Wau, wau, wauuu!“, ertönte es sofort dahinter.
    „Das ist Mogli“, erklärte Anja. „Herrn Meisenbeißers Dackel.“
    Richtiger hätte sie sagen müssen: Tanzdackel. Denn kaum ging die Tür auf, da sauste ihnen auch schon ein rotbrauner Wirbelwind entgegen. Bellend drehte er sich um sich selbst und sprang abwechselnd an Anja und Yasemin hoch. Dann trippelte er auf den Hinterpfoten wie eine wild gewordene Ballerina.
    Anja hob vorsichtshalber den Käfig hoch, um ihn vor Mogli in Sicherheit zu bringen. Aber der Drache sagte keinen Pieps.
    „Na, nu halt mal die Luft an, Mogli!“, sagte die tiefe, freundliche Stimme von Herrn Meisenbeißer. Wie immer trug er ein kariertes Hemd und eine grüne Strickweste. Seine Haare sahen aus wie ein zerrupfter weißer Filzteppich. Auf seiner Nase saß eine kleine runde Brille. „Ach, das ist ja mal eine nette Überraschung!“, rief er. „Netter Besuch. Und wer ist das hier?“
    „Ein kleiner Drache“, erklärte Anja. „Wir wollen wissen, was er frisst.“
    Herrn Meisenbeißers Brauen zuckten nach oben. „Ein Drache?“, brummte er.
    „Er hat schrecklichen Hunger“, ergänzte Anja. „Gestern ist er bei uns aus dem Ei geschlüpft und hat die ganze Küche auf den Kopf gestellt. Und er verändert die Farbe. Je nachdem, ob es kalt oder warm ist. Er ist sogar im Spaghettiwasser geschwommen, ohne dass es ihm etwas ausgemacht hat.“
    Herrn Meisenbeißers Brauen rutschten vor Staunen noch weiter nach oben.
    „Na so was! Dann sehen wir uns das Wundertier mal an.“
    Mogli tanzte weiter, während Anja und Yasemin Herrn Meisenbeißer ins Wohnzimmer folgten. Dort standen lauter Aquarien und viele Glaskästen, in denen Echsen wohnten. Geckos und Salamander lagen oder saßen faul auf Ästen und Steinen.
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