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Der Diamant (German Edition)

Der Diamant (German Edition)

Titel: Der Diamant (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Montcornet zugeflüstert, während sich die schöne Gräfin ganz dem Mitgefühl hingab, das ihr der Anblick Soulanges' eingeflößt hatte. Denn sie liebte ihn noch aufrichtig genug, um ihn wieder glücklich wissen zu wollen, und sie nahm sich im Innern vor, die unwiderstehliche Macht, die ihre Verführungskünste noch auf ihn ausübten, aufzubieten, um ihn seiner Frau zurückzugeben.
    »Oh, wie werde ich ihm predigen!« sagte sie zu Frau von Lansac.
    »Tun Sie das nicht, meine Liebe!« rief die Herzogin aus und setzte sich dabei wieder auf ihren Sessel. »Suchen Sie sich einen guten Gatten und verschließen Sie meinem Neffen Ihr Haus. Bieten Sie ihm auch nicht einmal Ihre Freundschaft an. Glauben Sie mir, mein Kind, eine Frau will nicht von einer anderen das Herz des Gatten zurückbekommen; sie ist hundertmal glücklicher, wenn sie glaubt, es selbst wiedererobert zu haben. Indem ich meine Nichte hierher führte, habe ich ihr, wie ich glaube, ein ausgezeichnetes Mittel an die Hand gegeben, die Liebe ihres Gatten wiederzugewinnen. Ich erbitte von Ihnen als Mitwirkung nur, daß Sie den General reizen.«
    Und als ihr die Herzogin den Freund des Finanzsekretärs zeigte, lächelte die Gräfin. –
    »Nun, gnädige Frau, wissen Sie jetzt endlich den Namen jener Unbekannten?« fragte der Baron die Gräfin etwas gereizt, als diese wieder allein war.
    »Ja,« erwiderte Frau von Vaudremont und sah Martial dabei fest ins Auge.
    Auf ihrem Gesicht lag ebensoviel Verschlagenheit wie Heiterkeit. Das Lächeln auf Lippen und Wangen, der feuchte Glanz ihrer Augen glichen den Irrlichtern, die den Wanderer verwirren.
    Martial, der sich immer noch geliebt glaubte, nahm jene kokette Haltung ein, in der ein Mann sich so gern der Geliebten gegenüber präsentiert, und sagte mit Selbstzufriedenheit:
    »Und werden Sie mir nicht zürnen, wenn mir sehr viel daran liegt, diesen Namen zu wissen?«
    »Und werden Sie mir nicht zürnen,« erwiderte Frau von Vaudremont, »wenn ich Ihnen denselben aus einem letzten Rest von Liebe nicht sage, und wenn ich Ihnen verbiete, dieser jungen Dame das geringste Entgegenkommen zu zeigen? Sie setzen vielleicht Ihr Leben aufs Spiel.«
    »Gnädige Frau, heißt Ihre Gunst verlieren nicht mehr verlieren als das Leben?«
    »Martial,« sagte die Gräfin streng, »es ist Frau von Soulanges. Ihr Gatte jagt Ihnen eine Kugel ins Gehirn, wenn Sie eines haben.«
    »Oh, oh,« rief der junge Fant lachend aus, »der Obrist sollte denjenigen in Frieden lassen, der ihm Ihr Herz geraubt hat, und sich um seiner Frau willen schlagen? Was für eine Umkehrung der Grundsätze! Ich bitte Sie, erlauben Sie mir, mit der kleinen Dame zu tanzen. Auf diese Weise können Sie einen Beweis dafür bekommen, wie wenig Liebe dieses kalte Herz für Sie birgt; denn wenn es der Obrist unrecht findet, daß ich mit seiner Frau tanze, nachdem er gelitten hat, daß ich Sie – – –«
    »Aber sie ist verheiratet!«
    »Ein Hindernis mehr, das zu überwinden mir Vergnügen macht.«
    »Aber sie liebt ihren Gatten.«
    »Ein amüsanter Einwurf.«
    »Ach,« sagte die Gräfin mit bitterem Lächeln, »ihr straft uns ebensosehr um unserer Fehler wie um unserer Reue willen.«
    »Seien Sie mir nicht böse,« sagte Martial lebhaft, »oh, ich beschwöre Sie, verzeihen Sie mir. Sehen Sie, jetzt denke ich schon nicht mehr an Frau von Soulanges.«
    »Sie verdienten wohl, daß ich Sie zu ihr hinschickte.«
    »Gut, ich gehe!« sagte der Baron lachend, »und kehre verliebter in Sie als je zurück. Sie werden sehen, daß die hübscheste Frau der Welt sich nicht eines Herzens bemächtigen kann, das Ihnen gehört.«
    »Das heißt so viel, als daß Sie das Pferd des Obristen gewinnen wollen.«
    »Oh, der Verräter!« antwortete er lachend und drohte seinem Freund, der lächelte, mit dem Finger.
    Der Obrist kam heran, der Baron überließ ihm den Platz neben der Gräfin, zu der er in herausforderndem Tone sagte:
    »Und hier, gnädige Frau, ist ein Mann, der sich gebrüstet hat, an einem Abend Ihre Gunst erringen zu können!«
    Er war, als er fortging, stolz darauf, daß er sowohl die Eigenliebe der Gräfin gereizt wie auch Montcornet geschadet habe. Aber trotz seiner gewöhnlichen Schlauheit hatte er die Ironie nicht gemerkt, die in Frau von Vaudremonts Worten gelegen halte, und auch nicht, daß sie seinem Freunde ebensosehr entgegenkam, wie sein Freund ihr, ohne daß sie es beide gewahr wurden. In dem Augenblick, als sich der Finanzsekretär dem Kandelaber tänzelnd
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