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Der Diamant (German Edition)

Der Diamant (German Edition)

Titel: Der Diamant (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Liebesgeschichte machen. Geht eine Maus zweimal in die gleiche Falle? Jetzt muß ein neuer Ehekontrakt eine Spekulation für Sie sein; und wenn Sie sich wieder verheiraten, müssen Sie wenigstens die Aussicht haben, daß man Sie eines Tages Frau Marschall nennt. – Wollen Sie jedoch die schwere Rolle einer Koketten spielen und nicht wieder heiraten,« fuhr die ehemalige Herzogin, gutmütig fort, »so verstehen Sie es, meine arme Kleine, besser als jede andere, Gewitterwolken aufzutürmen und wieder zu verteilen. Aber ich beschwöre Sie, machen Sie sich nie ein Vergnügen daraus, den ehelichen Frieden zu stören, Familien und glücklich verheiratete Frauen unglücklich zu machen. Ich habe einst auch diese gefährliche Rolle gespielt. Mein Gott, für den Triumph der Eigenliebe richtet man oft arme tugendhafte Geschöpfe zugrunde. – Denn es gibt wirklich tugendhafte Frauen – und man zieht sich tödlichen Haß zu. Etwas zu spät habe ich, nach dem Ausspruch des Herzogs von Alba, erfahren, daß ein Lachs besser ist als tausend Frösche. Eine wirkliche Liebe verschafft tausendmal mehr Freuden als die flüchtigen Leidenschaften, die man entfacht. Ja, ich bin hierhergekommen, um Ihnen eine Predigt zu halten. Sie sind der Grund, daß ich heute in diesem Salon erschienen bin, in dem es nach Plebs riecht. Habe ich nicht sogar Schauspieler hier gesehen? In seinem Boudoir empfing man sie wohl früher; aber im Salon, pfui! Warum sehen Sie mich so erstaunt an? – – Hören Sie,« fuhr die alte Dame fort, »wenn Sie die Männer zum besten haben wollen, betören Sie nur die Herzen derjenigen, deren Leben noch nicht fest gegründet ist, die noch keine Pflichten zu erfüllen haben; die andern verzeihen uns die Verirrungen nicht, die sie glücklich gemacht haben. Lernen Sie von diesem Grundsatz, den ich meinen alten Erfahrungen verdanke. Der arme Soulanges z.B., dem Sie den Kopf verdreht haben und den Sie seit fünfviertel Jahren, Gott weiß wie, betören! Wissen Sie auch, daß Ihre Anschläge auf sein ganzes Leben Einfluß haben? Seit zweieinhalb Jahren ist er verheiratet, wird von einem entzückenden Geschöpf vergöttert, das er liebt und das er betrügt. Sie lebt unter Tränen und in der bittersten Einsamkeit. Soulanges hat Gewissensbisse gehabt, die grausamer waren als seine Freuden süß. Und Sie, kleiner Schlaukopf, haben ihn verraten. Kommen Sie, sehen Sie sich Ihr Werk an.« Die alte Herzogin nahm Frau von Vaudremont bei der Hand und sie standen beide auf.
    »Sehen Sie,« sagte Frau von Lansac und wies mit den Augen auf die blasse, unter dem Glanz der Lichter zitternde Unbekannte, »das dort ist meine Großnichte, die Gräfin von Soulanges. Endlich hat sie meinem Drängen heute nachgegeben und hat ihr Schmerzenszimmer verlassen, wo ihr der Anblick ihres Kindes nur schwachen Trost gewährt. Sehen Sie sie? Sie finden sie gewiß entzückend! Sagen Sie selbst, wie sehr sie es gewesen sein muß, als Glück und Liebe ihren Glanz über ihr jetzt so bleiches Gesicht breiteten.«
    Die Gräfin wandte schweigend den Kopf und schien in ernstes Nachdenken versunken. Die Herzogin führte sie weiter bis zum Spielsaal; und nachdem sie hineingeschaut hatte, als suche sie jemand, sagte sie mit tiefer Stimme:
    »Und dort ist Soulanges.«
    Die Gräfin schauerte zusammen, als sie in der dunkelsten Ecke des Saales das blasse und verzerrte Gesicht Soulanges' im Lehnstuhl erblickte. Die Kraftlosigkeit seiner Glieder und die Unbeweglichkeit seiner Stirn offenbarten seinen ganzen Schmerz. Die Spieler kamen und gingen an ihm vorüber, ohne ihm mehr Aufmerksamkeit zu schenken als einem Toten. Das Bild der jungen Frau in Tränen und des düsteren und finsteren Gatten, die inmitten dieses Festes wie die zwei Hälften eines vom Blitze gespaltenen Baumes voneinander getrennt waren, besaß für die Gräfin vielleicht etwas Prophetisches. Sie fürchtete darin ein Bild der Vergeltung zu sehen, das die Zukunft für sie bereit hielt. Ihr Herz war noch nicht so verhärtet, daß ihm Gefühl und Nachsicht gänzlich fehlten, und sie drückte der Herzogin die Hand, indem sie mit einem Lächeln, in welchem eine gewisse kindliche Anmut lag, dankte.
    »Mein liebes Kind,« flüsterte ihr die alte Dame ins Ohr, »denken Sie von nun an daran, daß wir es ebensogut verstehen, die Huldigungen der Männer zurückzuweisen wie sie anzulocken.-'
    – – »Sie gehört Ihnen, wenn Sie kein Dummkopf sind!«
    Diese letzteren Worte wurden von Frau von Lansac dem Obrist
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