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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)
Autoren: Bastian Sick
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Schokoladen Streusel«. Besonders bunt treibt es ein bekannter Suppenhersteller: Der bietet in seiner »Feinschmecker«-Reihe eine herzhafte »Zwiebel Suppe« an. Vom selben Hersteller gibt es jedoch eine ganz normal zusammengeschriebene »Tomatensuppe«. Da muss man sich doch fragen, was an der Zwiebel so viel abstoßender ist. Die Verwirrung wird komplett im Angesicht der »Champignoncreme Suppe«. Das ist also keine Cremesuppe mit Champignons, sondern eine Suppe aus Champignoncreme. Ich hätte nicht übel Lust, den Hersteller zu fragen, wie er Champignoncreme produziert.
    Derweil bringen Reinigungsmittelhersteller Spülmittel mit »Schnell Trocken Formel« auf den Markt, im Internet werden »Newsletter Abonnenten« mit »Gratis Diensten« umworben, und wer ein neues »Computer Programm« kauft, der muss heute einem »Endbenutzer Software Lizenz Vertrag« zustimmen. In der Küche der Zukunft werden »Gefrier Schränke«, »Induktions Herde« und »Geschirr Spüler« stehen, in den Wohnzimmern »Stereo Anlagen« und »TV Geräte«.
    Als sich der »Spiegel« des Themas Windkraft annahm, schwappte eine Flut von E-Mails in das Postfach des »Zwiebelfischs«. Dutzende Leser monierten die Titelzeile des Magazins, die aus zwei Wörtern bestand, die über drei Zeilen verteilt waren: DER WINDMÜHLEN WAHN. Vermutlich aus grafischen Gründen hatte man auf den Trennstrich hinter »Windmühlen« verzichtet. Diese Schreibweise ließ allerdings auch eine völlig andere Deutung zu – nämlich eine als Drei-Wort-Gebilde: Der Windmühlen Wahn, also eine Geschichte über wahnsinnig gewordene Windkrafträder. Ebenfalls zu unterschiedlichen Deutungen kann die Verheißung »24 Monate ohne Grund Gebühr« führen, wie sie im Werbeprospekt eines Onlinedienstes zu finden war. Warum sollte ich mich auf einen Anbieter einlassen, der grundlos Gebühren erhebt? Da bleibe ich doch lieber bei meinem alten Vertrag, bei dem weiß ich wenigstens, aus welchem Grund ich Gebühren zahle!
    In der IT-Branche hat die deutsche Grammatik bekanntlich einen besonders schweren Stand. Schreibweisen wie »Web Seiten«, »Standard Schnittstellen«, »Kunden Portal« und »IT Sicherheit« sind dort so häufig wie BIIIEP-Töne in sprachlich entgleisten Nachmittagstalkshows. Der Bindestrich wurde stillschweigend abgeschafft, scheint es. Immerhin wies ihm die »IT Branche« eine neue Betätigung zu; dafür musste er allerdings einer Umbenennung zustimmen: Unter dem seltsamen Namen »Minus« fristet er nun ein Dasein als grafische Auflockerung in Internet- und E-Mail-Adressen: »Sie erreichen mich unter Peter minus Schmidt ät Bayern minus international Punkt dee eeh.« Was mag von Bayern übrig bleiben, wenn man »international« subtrahiert?
    Für mein erstes Buch schrieb ich eine Kolumne über den Missbrauch des Bindestrichs, der Wörter wie »Spar-Plan« und »Tempo-Limit« zerlegt und das Schriftbild zu einer trostlosen Strich-Landschaft verkommen lässt. Doch angesichts von »Fisch Spezialitäten« und »Qualität’s Tier Produkten« tut mir das heute fast Leid. Liebes Divis, bitte verzeih mir! Komm zurück und mach die »City Passage« wieder zu einer »City-Passage« und die »Humboldt Universität« wieder zu einer »Humboldt-Universität«.
    Nicht einmal Bildungseinrichtungen bleiben von der Lust zur Lücke verschont. Wenn man unter der Adresse www.kmk.org auf der Seite der »Kultusminister Konferenz« begrüßt werde, dann, so der Tenor des oben erwähnten »Spiegel«-Artikels, sei man vom »Goethe Institut« nicht mehr weit entfernt. Eine andere kulturorientierte Einrichtung, der DAAD, präsentiert sich auf ihrer Homepage nicht als Deutscher Akademischer »Austauschdienst«, auch nicht als »Austausch-Dienst«, sondern als »Austausch Dienst«.
    Gibt es keinen Ausweg aus dieser Misere? Doch, natürlich! Die stets nach Innovationen forschende Wirtschaft hat einen Weg gefunden, um die hässlich klaffende Lücke zwischen den Wörtern zu schließen. Die Lösung lautet: Zusammenschreibung unter Berücksichtigung der Großschreibung! So wurde aus Daimler und Chrysler eben nicht Daimler & Chrysler oder Daimler-Chrysler, sondern DaimlerChrysler. Und aus Krupp und Thyssen wurde ThyssenKrupp. Hunderte Firmen sind diesem Beispiel gefolgt und haben ihre Namen unter besonderer Missachtung der Grammatik zusammengeklebt. Von den Standesämtern wird diese Schreibweise allerdings noch nicht anerkannt. Die Bundestagsabgeordnete Sigrid Skarpelis-Sperk darf sich auf ihrer
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