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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul
Autoren: Christian Ditfurth
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meinen anders gemäß Paragraph 175 StGB?«
    Koletzke schaute den Oberreichsanwalt an, ließ die Schultern hängen und sagte: »Weiß nicht.«
    Der Senatspräsident sagte: »Herr Röhm war homosexuell, das wollte der Oberreichsanwalt Ihnen erklären.«
    »Ja«, sagte Koletzke.
    »Kannten Sie Röhm?«
    »Nein.«
    »Ich kenne einen Zeugen, der hat Sie und Engert zusammen mit Röhm gesehen.«
    Voß sprang auf, als hätte ihn etwas ins Gesäß gestochen. »Warum präsentieren Sie diesen Zeugen nicht, Angeklagter? Herr Senatspräsident, der Angeklagte soll erst seinen Zeugen vorstellen und dann diese Fragen stellen. Wenn Sie dem nicht zustimmen, beantrage ich, dass diese Fragen nicht zugelassen werden. Der Angeklagte führt dieses Verfahren durch seine Fragen in eine ganz andere Richtung. Er steht vor Gericht wegen der Morde an Dr. Olendorff und Engert und nicht wegen des Mords an Röhm. Die Ermittlungen der Berliner Kriminalpolizei haben zweifelsfrei ergeben, dass der sogenannte M-Apparat den Serienmord an den Führern der nationalsozialistischen Partei verübt hat.«
    »Gewiss, so unrecht haben Sie nicht, Herr Oberreichsanwalt.
    Aber wenn Engert nun beschuldigt wird, Röhm ermordet zu haben, dann wirft dieser Umstand vielleicht ein anderes Licht auf unseren Fall.«
    Der Oberreichsanwalt schüttelte den Kopf. »Selbst wenn stimmen würde, was der Angeklagte behauptet, so geht es hier doch um seine Morde an Engert und Dr. Olendorff.«
    Der Senatspräsident nickte mir zu. »Bitte, Angeklagter!«
    »Herr Koletzke, ich wiederhole meine Frage. Ich kenne einen Zeugen, der Sie und Engert zusammen mit Röhm gesehen hat.«
    »Dann sollten Sie diesen Zeugen hierherbringen. Wer immer es ist, er lügt.«
    Der Streit um diese Frage hatte Koletzke Zeit gegeben, sich eine Antwort zurechtzulegen. »Als ich Dr. Olendorffs Villa verließ, gab es darin noch keine Leiche.«
    »Als ich das Bewusstsein wiedererlangt hatte, fand ich im Arbeitszimmer die Leiche von Dr. Olendorff.«
    »Besitzen Sie eine Waffe?«
    »Nein.«
    »Herr Senatspräsident, ich beantrage, die Wohnung des Koletzke zu durchsuchen. Der Zeuge gehört zu einer sogenannten Wehrorganisation. Es wäre mir neu, wenn solche Leute keine Waffe hätten.«
    »Herr Zeuge, vielleicht überdenken Sie Ihre Antwort noch einmal«, sagte der Senatspräsident.
    »Doch«, sagte Koletzke.
    »Was für eine Waffe?«
    »Zwei.«
    »Beschreiben Sie die Waffen.«
    »Einen Colt und eine Luger 08.«
    »Beide neun Millimeter?«
    »Ja.«
    »Wann wurde aus diesen Waffen zuletzt gefeuert?«
    »Weiß nicht.«
    »Herr Senatspräsident, ich beantrage, dass diese Waffen geholt und untersucht werden.«
    »Herr Zeuge, bemühen Sie Ihre Erinnerung«, sagte der Senatspräsident.
    Koletzke war verunsichert. Seine Betreuer von der OC hatten offenbar nicht damit gerechnet, dass noch nicht jeder Richter in Deutschland seinen Beruf verleugnen wollte. Der Senatspräsident mochte geglaubt haben, die Oberreichsanwaltschaft präsentiere ihm einen klaren Fall. Um so größer der Ärger und die Bereitschaft, sich zu revanchieren für die Missachtung.
    »Immer mal wieder.«
    »Ihre Luger könnte auch an dem Tag abgefeuert worden sein, an dem Dr. Olendorff erschossen wurde.«
    »Nein.«
    »Jetzt wissen Sie das so genau?«
    »Weil ich ihn nicht erschossen habe.«
    »Aber davor oder danach, im Schießstand zum Beispiel.«
    »Nein.«
    »Was hielten Sie denn von Goebbels?«
    »Schreihals«, sagte Koletzke.
    »Und von Gregor Strasser?«
    »Außen braun, innen rot, wie sein Bruder.«
    »Ich nehme an, das ist auch die Meinung von Kapitän Ehrhardt.«
    »Natürlich.«
    »Mit solchen Leuten wie Hitler, Goebbels, Röhm und Strasser kann man keinen Krieg führen, nicht wahr?«
    Koletzke guckte mich dumm an.
    »Na, Goebbels ist ein Schreihals, Röhm ist homosexuell und Strasser ein verkappter Sozialdemokrat oder Kommunist. Und Hitler wollte unbedingt Reichskanzler, besser noch Diktator werden und die Feindmächte gleich richtig vorführen. Bis die zur Unzeit über uns herfallen. Verstehe ich Sie so richtig.«
    Er nickte.
    »Und das ist auch die Meinung von Kapitän Ehrhardt?«
    »Ja. So ähnlich. Glaube schon.«
    »Danke, Herr Koletzke.« Ich wandte mich an den Senatspräsidenten.
    »Ich beantrage die Ladung des Zeugen Major Kurt Rübezahl, Truppenamt der Reichswehr, Berlin.« Im Augenwinkel erkannte ich, wie Rübezahl auf der Zuschauerbank zuckte.
    »Sie müssen Ihren Antrag mit einem Sachvortrag verknüpfen, Angeklagter. Was soll dieser
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