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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul
Autoren: Christian Ditfurth
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diesem Keller?«
    »Nein.« Wieder eine schnelle Antwort.
    »Kennen Sie Herrn Alexander?«
    »Das ist der Verwalter, so eine Art Hausmeister.«
    »Wissen Sie, wo Herr Alexander sich aufhält?«
    »Nein.«
    »Dieser Herr Alexander hat mir mitgeteilt, Sie hätten gemeinsam mit Engert den SA-Stabschef Röhm ermordet.«
    Der Oberreichsanwalt sprang auf. »Das ist ungeheuerlich, Herr Senatspräsident.«
    »Angeklagter, wenn das eine Frage sein soll, ist sie unzulässig. Es ist reines Hörensagen. Wenn Sie uns den Zeugen Alexander präsentieren und der diese Aussage machen würde, sähe es anders aus. Aber Sie dürfen eine solche Behauptung nicht einfach in das Verfahren einführen, wenn Sie es nicht beweisen können. Herr Rechtsanwalt, bitte belehren Sie Ihren Mandanten über die Regeln einer Zeugenbefragung. Die Verhandlung wird für eine Viertelstunde unterbrochen.«
    Ich wurde in ein Zimmer gegenüber dem Gerichtssaal geführt. Merkel begann auf mich einzureden.
    »Halten Sie den Mund, Sie Strichjunge. Ich muss mich konzentrieren.«
    Seine Lippen zitterten, aber er schwieg. Dann stand er auf und verließ das Zimmer.
    Bald wurde ich zurückgeführt in den Verhandlungsraum, der Senatspräsident ermahnte mich noch einmal. »Fahren Sie fort, Angeklagter!«
    Koletzke schaute mich konzentriert, fast ängstlich an.
    »Kennen Sie einen Hermann Ehrhardt?«
    Koletzke nickte, als wollte er sich bestätigen, dass er diese Frage ruhig beantworten könne. »Ja.«
    »Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
    Voß rief: »Was hat das mit der Anklage zu tun?«
    »Mehr, als Sie sich wünschen!« rief ich zurück.
    Der Senatspräsident räusperte sich: »Meine Herren, wahren Sie die Würde des Gerichts. Fahren Sie fort, Angeklagter.«
    »Nun, Herr Koletzke?«
    »Vergangene Woche.«
    »Geht’s genauer?«
    »Am Wochenende.«
    »Also vor vier Tagen.«
    »Ja.«
    »In Österreich?«
    »Ja.«
    »Haben Sie mit Herrn Ehrhardt über diesen Prozess gesprochen?«
    Koletzke zögerte, dann sagte er: »Ja, so allgemein.«
    »Hat Herr Ehrhardt Ihnen gesagt, wie Sie auf eine solche Frage antworten sollen?«
    Koletzke zögerte wieder. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Nein.«
    »Hat er Ihnen gesagt oder haben Sie darüber gesprochen, dass eine solche Frage gestellt werden könnte?«
    »Nein.« Diesmal kam das Kopfschütteln später.
    »Denken Sie genau nach. Sie sollen hier die Wahrheit sagen.«
    »Nein.«
    »Wirklich?«
    Voß erhob sich. »Der Angeklagte drängt den Zeugen in eine bestimmte Richtung.«
    Der Senatspräsident schaute mich streng an. »Noch einmal, halten Sie sich an die Regeln.«
    »Herr Koletzke, wie würden Sie Herrn Ehrhardt beschreiben?«
    »Ein Deutscher, ein tapferer Deutscher, der nichts mehr liebt als sein Vaterland.«
    »Träfe diese Beschreibung auch auf Sie zu?«
    »Ich hoffe es.«
    »Würden Sie jemanden töten für Deutschland?«
    »Natürlich. Das haben wir im Krieg auch getan.«
    »Ist heute noch Krieg?«
    »Solange das Schanddiktat nicht beseitigt ist, herrscht Krieg.«
    »Aber die Reparationen sind erledigt, die Rüstungsgleichberechtigung bald erreicht.«
    »Solange das Schanddiktat nicht beseitigt ist, herrscht Krieg.«
    »Das haben Sie schon gesagt. Wenn Herr Ehrhardt Ihnen den Befehl geben würde, einen Verräter zu töten, würden Sie es tun?« »Ich verweigere die Aussage.«
    »Das dürfen Sie nicht.«
    »Herr Senatspräsident, Sie dürfen diese Frage nicht zulassen. Sie ist rein hypothetisch.« Voß war wieder aufgesprungen.
    »Das ist sie, Herr Oberreichsanwalt. Aber die Antwort würde mich doch interessieren.«
    Ich sah den Schweiß auf Koletzkes Stirn. Er schwieg und starrte auf den Boden. »Der Kapitän ist der Kopf des anständigen Deutschland.«
    »Das beantwortet die Frage nicht«, sagte ich.
    »Ich bin zufrieden mit der Antwort, Angeklagter.« Der Senatspräsident hob seine Stimme nicht.
    »Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Kapitän Ehrhardt beschreiben?«
    »Das habe ich schon.«
    »Ist er so etwas wie Ihr Vorgesetzter?«
    »Ja.«
    »Sie würden durchs Feuer gehen für ihn?«
    »Ja.«
    »Sie haben in der Marinebrigade Ehrhardt gekämpft?«
    »Sonst wären wir heute Sowjetrepublik.«
    Der Senatspräsident nickte. Vereinzelt Beifall’ in den Zuschauerreihen. Koletzke blickte mich herausfordernd an.
    »Was hielten Sie von Röhm?«
    »Sie meinen den Stabschef der SA?« Er fragte zurück, um nachzudenken.
    »Wen sonst?«
    »Ein Soldat, aber anders.«
    »Anders?«
    »Ja, abartig.«
    Voß erhob sich. »Sie
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