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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul
Autoren: Christian Ditfurth
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Alexanderplatz.«
    »Nun werden Sie mal nicht übermütig«, sagte der Senatspräsident.
    »Das Gericht wird über Ihren Antrag beraten. Haben Sie weitere Fragen an den Herrn Kommissar?« Es klang, als wünschte er sich, ich würde aufhören mit der Befragung.
    »Nur noch eine Frage, Herr Vorsitzender.« Ich hatte genug Punkte gemacht an diesem Tag.
    »Nun gut.«
    »Herr Kommissar. Ich will noch einmal auf diesen mysteriösen Zettel zurückkommen.«
    Er lief rot an. »Es ist mir unangenehm, der Zettel ist nach seiner Untersuchung im Labor verschwunden.«
    »Können Sie uns Zeugen nennen, die diesen Zettel gelesen haben?«
    »Die Beamten im Labor. Aber die können Ihnen nichts anderes sagen als ich.«
    »Herr Vorsitzender, ich stelle fest, dass die Polizei einen Zettel verschwinden ließ, der meine Unschuld im Fall Engert bewiesen und meine Erklärung des Mords an Röhm bestätigt hätte.«
    »Das ist eine Ungeheuerlichkeit!« rief Voß.
    »Ungeheuerlich ist allein, dass die Ermittlungsbehörden Beweismittel vernichten«, erwiderte ich.
    Die Verhandlung wurde vertagt auf den Nachmittag. Bevor ich abgeführt wurde, warf ich einen Blick auf Berg. Er nickte mir fast unmerklich zu. Dann sah ich Rübezahl an, er schien mich nicht zu bemerken. Rickmer starrte an die Decke. Was hatten die Vertreter der Reichswehr zu suchen bei diesem Prozess?
    Zwei Justizbeamte führten mich zurück in meine Zelle. Dann brachte mir einer einen Eintopf. Ich hatte zwei, drei Löffel gegessen, als Merkel erschien. Bisher hatte ich ihn in der Zelle nicht empfangen dürfen. Er war nervös.
    »Setzen Sie sich«, sagte ich und wies auf das Bett.
    Er blieb in der Tür stehen. »Sie machen sich unglücklich, Herr Soetting.«
    Ich musste lachen. »Ich kann mich nicht unglücklicher machen, als ich bin. Voß glaubt, mein Kopf liege schon so gut wie im Korb, und ich fürchte, damit hat er nicht ganz unrecht. Was also soll meine Lage verschlechtern?«
    »Vielleicht kann ich Ihr Leben retten, wenn Sie aufhören, diese Fragen zu stellen.« Er betonte >diese<.
    »Wer schickt Sie?«
    Er schaute mich ängstlich an. »Niemand.«
    »Verschwinden Sie«, sagte ich. »Einen Anwalt, der seinen Mandanten belügt, kann ich nicht gebrauchen. Sie dürfen in den Verhandlungen vor der Anklagebank sitzen, weil das Gericht es so will. Ginge es nach mir ...« Ich winkte ab.
    Er verschwand nicht. »Der Herr Oberreichsanwalt Dr. Voß würde Ihnen etwas anbieten.«
    »Dann folgen Sie also doch einem Auftrag.«
    »Er wäre vielleicht bereit, auf >lebenslänglich< zu plädieren.«
    »Und das Gericht hält sich dran?« »Bestimmt.«
    »Soll ich Ihnen sagen, was dabei herauskommt?«
    Er schlug die Augen nieder.
    »Sehen Sie. Es geht darum, mir den Mund zu stopfen. Solange ich lebe, bin ich eine Gefahr für manche Herren, die heute in Deutschland etwas zu sagen haben. Verschwinden Sie.«
    *
    Am Nachmittag verkündete das Gericht seine Entscheidung, meinen Antrag, Melcher zu laden, abzulehnen. Dann rief das Gericht Koletzke als Zeugen auf. Seine Pockennarben schienen rot zu leuchten. Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Der Oberreichsanwalt fragte nach meinem Einbruch in die Villa und nach Olendorffs Tod. Koletzke berichtete, ich hätte ihn niedergeschlagen, und als er das Bewusstsein wiedererlangt habe, sei Olendorff tot gewesen. Seine Aussage passte zu Wohlfelds Darstellung. Sie bewies aber nur, dass ich in der Villa gewesen war.
    Ich beschloss, Koletzke hart anzugehen. »Ist es nicht so gewesen, dass Sie Dr. Olendorff erschossen haben?«
    Koletzke staunte. »Nein!«
    »Sie haben ihn erschossen, weil er Skrupel bekommen hat. Und Ihr Auftraggeber heißt Hermann Ehrhardt, der Chef der Organisation Consul, der auch Sie angehören.«
    Voß sprang auf. »Hermann Ehrhardt ist einer der angesehensten Männer unseres Landes. Es ist ungeheuerlich, diesen wahren Deutschen eines Mordes zu beschuldigen. Herr Senatspräsident, ich beantrage, dem Angeklagten das Fragerecht zu entziehen!«
    Der Senatspräsident wiegte seinen Kopf, dann sagte er: »Ich hoffe, der Angeklagte behauptet dies nicht ohne Grund.« »Nein, Herr Senatspräsident.«
    »Fahren Sie fort.«
    »Herr Koletzke, kennen Sie den Motorboot-Klub Oberspree?«
    »Ja.«
    »Waren Sie schon einmal im Keller des Klubs?«
    Er warf mir einen unsicheren Blick zu, dann grinste er leicht. »Ja.«
    »Waren Sie dort auch am 9. November letzten Jahres?«
    »Nein.« Die Antwort kam zu schnell.
    »Waren Sie schon einmal mit Herrn Engert in
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