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Der Code des Luzifer

Der Code des Luzifer

Titel: Der Code des Luzifer
Autoren: David Gilman
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Trainingsgelände für britische Soldaten und Marines.
    Verschneite Hänge aber hatte Dartmoor nicht zu bieten, also hatte Max nur mit dem Skateboard trainieren können. Ein asphaltiertes Straßenstück, das bergab ging und am unteren Ende von Baumwurzeln stark aufgewölbt war, hatte ihm als Rampe für seine Sprünge gedient. Das dichte Heidekraut hatte seine Stürze abgefedert, und gestürzt war er reichlich, aber dort und auf der Trockenskipiste in Plymouth hatte er manches von dem gelernt, was er für die Teilnahme an dem Wettkampf brauchte. Zwei Disziplinen standen noch aus und morgen fiel die Entscheidung.
    Die Schwester bemerkte Max’ Unruhe.
    »Vielleicht kann ich helfen«, sagte sie. »Die Straßen sind vereist, also wird der Krankenwagen wahrscheinlich nicht rechtzeitig aus Pau zurückkommen und ihn erst morgen abholen können. Ich denke, wir könnten ihn über Nacht hierbehalten.«
    »Das ist eine gute Idee, Max«, sagte Sayid. »Du wirst mich ja wohl nicht die drei Treppen in der Jugendherberge hochtragen wollen.«
    »Dein Zimmer liegt oben?«, sagte sie. »Nein, dann bekommst du besser hier bei uns ein Bett. Warte kurz. Ich organisiere das gleich.«
    Sie ließ die beiden Jungen allein und ging zu einem Schreibtisch, wo sie zuerst einige Papiere durchsah und dann eine Tabelle studierte.
    Sayid lächelte Max zu. Die Betten in der Jugendherberge hatten Lattenroste aus Holz und harte Matratzen und die Duschen fingen meist genau dann an zu stottern, wenn man sich gerade eingeseift hatte. Ein bequemes Krankenhausbett mit persönlicher Bedienung war wie ein Kurzurlaub. Ein kleiner Ausgleich für die Schmerzen.
    Max sah aus dem Fenster. Er hatte gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen war. Es war schon spät. Zwischen den Lichtflecken der Straßenlaternen kauerten die durcheinandergewürfelten Häuser des Dorfes in tiefen Schatten. Das ganze sah aus wie ein perfektes Postkartenidyll, aber nur von außen betrachtet. Es hätte ihn viel Mühe gekostet, Sayid durch diese steilen Straßen zu schleppen, ihn mit einer warmen Mahlzeit zu versorgen und ins Bett zu bringen.
    »Also gut, Sayid, du Glückspilz. Ich komm dich nach dem Wettkampf in Pau besuchen. Okay?«, sagte Max.
    Sayid nickte. Aber als Max sich zum Gehen wandte, hielt er ihn am Arm fest und sah ihn verzweifelt an.
    »Was ist?«, fragte Max leise.
    Sayid zögerte und schüttelte dann traurig den Kopf. »Max, ich habe Dads Perlenkette verloren.«
    »Wo?«
    »Als ich durchs Unterholz gerauscht bin.«
    Max erinnerte sich, wie Sayid auf der Flucht vor der Lawine den Berg hinabgeschlittert war. Die Kette bedeutete Sayid sehr viel.
    Unwillkürlich berührte Max die Edelstahluhr an seinem Handgelenk. Die hatte sein Dad getragen, als er vor zwanzig Jahren den Mount Everest bestiegen hatte. Er hatte sie ihm zum zwölften Geburtstag geschenkt. Für Max. Nichts ist unmöglich. In Liebe, Dad, stand auf der Rückseite eingraviert.
    Vor zwei Jahren hatte Max’ Vater im Nahen Osten Sayid und seine Mutter vor Mördern gerettet, aber Sayids Vater war damals erschossen worden. Die Perlenkette – die Misbaha seines Vaters – war, wie Max’ Uhr, eines der wenigen Dinge, die er von seinem Vater noch besaß.
    Eine Misbaha , eine Kette mit entweder dreiunddreißig oder neunundneunzig Perlen, half ihrem Besitzer, Stress abzubauen. Man konnte sie zum Beten oder Meditieren verwenden, weshalb sie auch Gebetsketten hießen.
    Die Perlen waren zwar nur aus Ebenholz, für Sayid als Erinnerung an seinen toten Vater jedoch beinahe von unschätzbarem Wert.
    Max’ Vater hatte sein Leben aufs Spiel gesetzt, um Sayids Familie zu retten – und was hatte Max getan? Er hatte Sayids Leben mit diesem blöden Wettlauf in Gefahr gebracht. Sicher, Sayid selbst war es gewesen, der sich von der sicheren Piste entfernt hatte, aber Max fühlte sich einfach verantwortlich für ihn. Genau wie sein Dad.
    »Nach dem Wettkampf gehe ich die Kette suchen«, sagte Max.
    »Nein. Es ist zu gefährlich da oben«, erwiderte Sayid. »Dafür brauchst du nicht dein Leben zu riskieren.«
     
    Schnee und Eis knirschten unter seinen Schuhen, als Max durch die schlecht beleuchteten Straßen zur Jugendherberge am Rand der Stadt ging. Die alten Gemäuer warfen finstere Schatten. Der hoch in den Pyrenäen gelegene Ort hatte die Entwicklung der modernen Welt verschlafen, und die fünfzig Jahre alten Straßenlaternen mochten ja ganz malerisch sein, aber viel Licht spendeten sie nicht.
    Er trug sein Snowboard und die
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