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Der Code des Luzifer

Der Code des Luzifer

Titel: Der Code des Luzifer
Autoren: David Gilman
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den Berg hinunter. Die Lawine raste neben ihm her, ein knurrendes Monster auf verzweifelter Jagd nach Beute.
    Ein Adrenalinstoß überschwemmte seinen Körper. Die tödliche Gefahr, die mit einem Ritt am Rand dieser furchtbaren Woge einherging, war auf einmal vergessen und eine wilde Freude erfasste ihn. Er lachte laut auf. Komm schon! Komm schon! Ich kann dich schlagen! Ich kann gewinnen!
    Ein mächtiger Schneeblock löste sich aus der Lawine und stürzte auf ihn zu. Eins zu null für die Realität. Max beugte sich vor, schwenkte in dem wirbelnden Chaos zur Seite und spürte, wie die Ausläufer seine Knie streiften. Nicht stürzen! Jetzt nicht!
    Und dann war es plötzlich vorbei. Nur wenige Meter von ihm entfernt krachten die Schneemassen auf die felsigen Flächen an der Baumgrenze.
    Weißen Pulverschnee versprühend stellte Max das Snowboard quer und hielt an. Er drehte sich um und sah, dass weiter oben, wo eben noch er und Sayid gewesen waren, alles unter Schnee begraben lag.
    Die Stille war fast so beängstigend wie zuvor das Gebrüll der Lawine. Sayid war unter den schneebeladenen Bäumen hindurch unten auf die andere Seite gelangt. Er war in Sicherheit. Max sog die eisige Luft ein. Die Stimme in seinem Kopf lachte noch immer ihr triumphierendes Lachen, aber Max gab sich keinen Illusionen hin. Wäre die Lawine nur ein wenig näher in seine Richtung gekommen, hätte sie ihn lebendig begraben und in den Tod gerissen.
     
    Die kleine Notfallklinik in dem Skiort Mont la Croix diente nur als Durchgangsstation, wo Patienten Gipsverbände bekamen und so weit versorgt wurden, dass sie in ein größeres Krankenhaus transportiert werden konnten. Meist waren es Erwachsene, die dort vor Schmerzen schreiend eingeliefert wurden.
    Leute, die sich einbildeten, jeder Idiot könne Ski laufen, ohne fit zu sein und ohne hinreichend zu üben. Und meist waren es dann solche Idioten, die sich die Beine brachen.
    Max sah zu, wie Sayid aus der Notaufnahme geschoben wurde. Die Schiene, die sein Bein vom Fuß bis zum Knie umhüllte, fixierte es und schützte es vor Stößen beim Transport.
    »Gebrochen, wie ich gesagt habe«, stöhnte Sayid.
    »Ist es schlimm?«, fragte Max die junge französische Krankenschwester.
    Sie lächelte und antwortete dann mit melodischem Akzent: »Nichts Ernstes. Er hat sich einen Fußknochen angeknackst. Wir können hier aber nur die Notversorgung leisten. Wir bringen ihn ins Krankenhaus nach Pau. Die Fahrt dauert nur zwei Stunden und dort wird man ihm einen Gips anlegen.«
    »Mit dem Hubschrauber?«, fragte Sayid erwartungsvoll.
    »Nein, nein. Dazu ist die Verletzung nicht schlimm genug«, sagte sie und lächelte wieder.
    »Ich kann’s gern noch etwas schlimmer machen«, schlug Max scherzend vor.
    »So witzig ist das nicht«, erwiderte sie mit freundlichem Tadel. »Ihr beide habt heute großes Glück gehabt. Es ist ein Wunder, dass die Lawine euch nicht erfasst hat. Die Nebenpisten sind sofort gesperrt worden.«
    Max hatte schon Gewissensbisse, weil er Sayid in diese Situation gebracht hatte. Er hatte Sayids Mutter, die bei ihnen an der Schule als Lehrerin arbeitete, das Versprechen gegeben, ihren einzigen Sohn im Auge zu behalten. »Darf ich ihn ins Krankenhaus begleiten?«
    Bevor die Schwester antworten konnte, sagte Sayid: »Nein. Denk an dein Finale morgen. Wenn die Straßen vereisen, schaffst du es nicht mehr rechtzeitig zurück. Ist schon gut, Max.Ich pack das schon. Du bist so kurz vor dem Ziel. Du kannst diese Meisterschaft gewinnen.«
    Sayid hatte Recht. Dass er bei dem Junioren-X-trem-Wettkampf so weit gekommen war, grenzte an ein Wunder. Sein Vater hatte ihn zwar unterstützt, dennoch waren Max’ Mittel begrenzt. Er hatte jeden Aushilfsjob angenommen, um etwas Geld dazuzuverdienen. Für die optimale Ausrüstung reichte es zwar immer noch nicht, aber wenigstens half es, einen Teil der Kosten zu decken, die für die Reise in die französischen Pyrenäen und das Startgeld aufzuwenden waren.
    Zwei Jahre lang hatte Max für diesen Wettkampf trainiert und seine Lehrer hatten ihm die ganze Zeit Mut gemacht. Die Dartmoor High war keine normale Oberschule. Am Nordrand des Dartmoor National Parks wie eine kleine mittelalterliche Festung in den Felsen gebaut, vermittelte sie ihren Schülern eine solide Ausbildung und legte besonderen Wert darauf, dass sie Selbstvertrauen entwickelten. Das oft trügerische Moorland stellte nicht nur die Jungen der Dartmoor High auf die Probe, es diente auch als
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