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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios
Autoren: Wolf Serno
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vorzunehmen.«
    »Mit Vergnügen, Mylord.«
    »So, ich denke, damit haben wir alles Menschenmögliche besprochen. Darüber hinaus kann nur der Allmächtige helfen. Enano, ich bitte dich, reite noch heute nach Worthing, aber rücke dabei niemandem näher auf den Pelz als höchstens zehn Zoll. Niemandem! Reverend Pound möge einen Bittgottesdienst für Arlette halten. Und nun«, er erhob sich, »tue jeder, was er tun muss. Ich werde von heute an Tag und Nacht bei meiner Braut bleiben und sie pflegen. Der Magister García wird für mich die Verbindung zur Außenwelt halten. Ich werde das Krankenzimmer nicht eher verlassen, bis Arlette gesund ist oder …« Er ließ den Satz unvollendet. »Doch zuvor werde ich zu den Leuten von Greenvale Castle sprechen. Catfield, bitte sorgt dafür, dass alle Bediensteten sich in einer halben Stunde vor der großen Freitreppe einfinden. Ich danke Euch, Gentlemen.«
    Hastig verließ er den Salon.
    »Männer und Frauen von Greenvale Castle! Ich habe euch rufen lassen, weil sich etwas zugetragen hat, das ihr wissen müsst.
    Es ist keine gute Nachricht, aber ich will sie euch ohne Umschweife sagen, denn niemandem ist damit gedient, wenn ich sie verschweige:
    Lady Arlette ist erkrankt, und … es ist die Pest!«
    Kaum hatte Vitus das Schreckenswort ausgesprochen, setzte allseits ein großes Jammern unter den Bediensteten ein. Schreie und Klagerufe wurden laut, Hände wurden gerungen, und der heilige Christophorus, der Schutzpatron gegen Pest und frühen Tod, ein ums andere Mal angerufen. Es gelang Vitus nur mit Mühe, sich wieder Gehör zu verschaffen:
    »Beruhigt euch, Leute, beruhigt euch!
    Alles wird unternommen, damit Lady Arlette mit Gottes Hilfe rasch wieder gesundet.
    Ebenso, wie alles getan werden wird, damit die Seuche sich nicht ausbreiten kann.
    Dazu sind Maßnahmen notwendig, die eure uneingeschränkte Unterstützung erfordern.
    Am wichtigsten ist, dass ihr Schloss- und Gutsgelände auf keinen Fall verlasst. Niemand darf fort, keiner darf unseren Boden betreten!
    Kein fahrendes Volk, keine Händler, keine Reisenden, keine Menschenseele!
    In den nächsten Monaten werden wir ganz auf uns allein gestellt sein.
    Achtet in der kommenden Zeit noch mehr darauf, dass ihr saubere Luft atmet, klares Wasser trinkt und eure Kleider reinlich haltet.
    Dafür, dass die Geißel an uns allen vorübergehen möge, erflehe ich den Segen des Allmächtigen!
    Und jetzt geht jeder wieder an seine Arbeit.«
    Vitus machte das Kreuzeszeichen und entfernte sich rasch, froh, dass er alles Weitere dem bewährten Catfield überlassen konnte. Gern hätte er den Leuten ein paar freundliche, aufmunternde Worte gesagt, aber er war dazu nicht in der Lage gewesen. Sein ganzes Denken, Handeln, Streben galt einzig und allein Arlette. Er musste zu ihr und die Behandlung fortsetzen.
     
    »Liebste, wie geht es dir?« Vitus stand vor dem riesigen Pfostenbett, in dem Arlettes fieberheißer Körper klein und verloren wirkte. »Arlette, Liebste?«
    Sie schlug die Augen auf, und er sah, dass ihre Bindehäute wieder entzündet und rot waren. Ein Stich durchfuhr ihn, doch er ließ sich nichts anmerken. »Ich sehe, das Fieber scheint sich wohl in deinem Körper zu fühlen, nun, wir werden ihm Beine machen, spätestens morgen oder übermorgen ist es fort, und dann geht’s bergauf.« Er küsste sie zart.
    »Ich muss schrecklich aussehen.« Sie versuchte, ihre Frisur zu ordnen.
    »Du bist die schönste Frau der Welt. So ein dummes Fieber kann daran gar nichts ändern. Ich sage dir jetzt, was wir heute Abend dagegen unternehmen: Zunächst einmal bekommst du wieder das Kollyrium für die Augen. Dann den Weidenrindensud. Den Weißdorn lassen wir weg, dafür isst du eine gute Suppe. Auch klares Wasser musst du trinken, viel klares Wasser, damit die Hitze dich nicht auszehrt. Der Magister wird alles bringen, wenn es so weit ist.«
    Sie blickte ihn fragend an. »Wenn es so weit ist? Was meinst du damit?«
    »Vorher untersuche ich dich und lasse dich zur Ader.«
    Wie sich zeigte, hatten die Symptome der Pest sich weiter verstärkt. Das Fieber hatte sich zwar nicht erhöht, aber zu den Bubonen in der Leiste waren zwei weitere gekommen. In den vorhandenen schien sich bereits Eiter angesammelt zu haben, doch für ein Aufstechen war es noch zu früh. Das nekrotische Gewebe um die Floheinstiche war schwärzer geworden und hatte sich vergrößert. Er fragte sich, ob die Flohstiche in irgendeiner Beziehung zum Ausbruch der Krankheit standen,
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