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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios
Autoren: Wolf Serno
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Allmächtige geben möge, wieder gesund wird, und für die Menschen im Schloss, damit sie nicht zu Schaden kommen. Jede Meinung ist wichtig, jede Ansicht hörenswert, jeder Rat vielleicht lebensrettend.«
    Der Magister, sonst ein starker Esser, betrachtete die aufgetischten Speisen und ließ sie unberührt. Ihm war nicht nach Gaumengenüssen zumute. Stattdessen sagte er: »Wir sollten zunächst Rat halten, wie Lady Arlette zu therapieren ist, denn das erscheint mir vorrangig. Außer ihr ist niemand erkrankt, und so Gott will, wird es auch keine weiteren Fälle geben.«
    »Dazu bedarf es vorbeugender Schritte, zu denen wir später kommen«, stimmte Vitus zu.
    Doktor Burns meldete sich abermals: »Es wäre gut, wenn die schreckliche Nachricht strengster Geheimhaltung unterläge. Die Leute machen sonst nur die Pferde scheu.«
    Catfield nahm ein paar Trauben vom Tisch, führte sie aber nicht zum Mund. Auch sein Appetit schien angesichts der Ereignisse verschwunden zu sein. »Im Prinzip bin ich Eurer Meinung, Doktor, aber die Leute im Schloss werden es sowieso erfahren, auch wenn wir alle schweigen wie ein Grab. Spätestens wenn die vorbeugenden Maßnahmen getroffen werden, dürften die Leute Bescheid wissen. Und dann ist die Panik nur umso größer.«
    »Sicher, sicher«, murmelte Burns. »Vielleicht sollte man es bei Lady Arlette mit einem guten Theriak versuchen. Ich habe in meinen Beständen einen, der aus über siebzig Ingredienzen besteht, darunter Drogen, Gewürze und echte venezianische Viper.«
    »Ein guter Vorschlag, will mir scheinen«, sagte Vitus. »Auch wenn der Theriak, wie ich weiß, in vielem dem Mithridatikum ähnelt.«
    Burns blickte leicht verwirrt. Offenbar wusste er nicht, was ein Mithridatikum war. Er machte einen Rückzieher: »Wenn Ihr meint, Mylord. Vielleicht ist ein Theriak in diesem Fall nicht die geeignete Arznei.«
    »O doch, o doch«, beeilte Vitus sich zu versichern. Seine Bemerkung tat ihm bereits Leid. Er musste sich zukünftig jeder vorschnellen Äußerung enthalten, sonst würde ein so scheuer Mann wie Burns sein Wissen nicht weitergeben. »Ich sagte das nur, weil ein Mithridatikum eigentlich gegen Vergiftungen wirkt. Doch wie ich bereits sagte: ein guter Vorschlag, Doktor. Bitte lasst mir eine entsprechende Menge Eures Theriaks zukommen.«
    Burns taute auf. »Auch reiner Alkohol soll hilfreich sein, Mylord, allerdings nur, wenn er vorher mit poliertem Silber in Berührung kam, beispielsweise in einem Pokal.«
    Vitus konnte sich nicht vorstellen, wodurch ein solcherart behandelter Alkohol helfen sollte, doch immerhin war Silber das edelste Metall nach Gold und Elektron. »Wenn Ihr mir auch etwas von diesem angereicherten Alkohol zur Verfügung stellen könntet, Doktor, wäre ich Euch sehr verbunden.«
    Burns nickte zufrieden.
    Der Magister schaltete sich ein: »Du erwähntest neulich bei Polly den Arzt und Astrologen Nostradamus, der Heilerfolge mit irgendwelchen Blättern erzielt haben soll.«
    »Ja, es waren Rosenblätter.«
    »Du sagtest auch, dass die Therapie höchst umstritten ist, andererseits ist bekannt, dass Nostradamus mehrere Pestwellen überlebte. Vielleicht ist also doch etwas an den Rosenblättern dran?«
    »Ja, vielleicht. Wir können auch das versuchen. Ich selbst werde Arlette noch heute Abend zur Ader lassen. Dieser Schritt wird nahezu von allen alten Meistern angeraten.«
    »Wui, wui, un ein Arcanum mit Belladonna un ein wenig Schallerei sin auch nich zu verachten. Schöne, lenzige Schallerei.« Das Fischmündchen öffnete und schloss sich eifrig.
    »Musik? Warum nicht? Wenn es harmonische Musik ist, kann sie den Gleichklang im Körper vielleicht stärken und wieder zur Eukrasie zurückführen.« Vitus fragte sich zwar, woher die Melodien kommen sollten, denn ein Musizieren im Krankenzimmer war ausgeschlossen, schon wegen der Quarantäne, unter der es von nun an stand, aber der Vorschlag war nicht von der Hand zu weisen.
    Der kleine Gelehrte stimmte zu: »Musik, ja, warum nicht! Ich als Homer-Jünger kann nur sagen, dass schon die Hellenen vor Troja die Pest mit Musik bekämpften, und Odysseus stillte das Bluten einer Wunde mit Gesang!«
    Auch Burns fiel noch eine Behandlungsmethode ein: »Es soll da noch eine Therapie geben, die …«, er unterbrach sich, denn das, was nun kam, klang allzu seltsam, ja fast ketzerisch, durfte seiner Meinung nach aber trotzdem nicht unter den Tisch gekehrt werden, »die wie folgt zur Anwendung kommt: Man schneidet die Bubonen
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