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Der Bund der Drachenlanze - 07 Michael Williams

Der Bund der Drachenlanze - 07 Michael Williams

Titel: Der Bund der Drachenlanze - 07 Michael Williams
Autoren: Schattenreiter
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Kristallgläser
auf. Die jungen Männer des Ordens, die sowieso nur widerstrebend Dienstbotenarbeit geleistet hatten, hatten innegehalten, um zu hören, welches Drama sich neben Humas Thron abspielte, und sich am Unbehagen und möglicherweise der Bestrafung von einem zu ergötzen, der schon
fast in ihrem Alter war. Denn obwohl der Turm des Oberklerikers den ehrenvollen Tugenden des Maßstabs gewidmet war, waren auch Klatsch und – nicht immer freundliche – Rivalität in ihm zu Hause.
Fürst Stephan war auch auf diesem Kriegsschauplatz zu
Hause. Er trat auf Sturm zu, und nachdem er den Jungen
am Arm gefaßt hatte, führte er ihn an den gereckten Hälsen
und den neugierigen Blicken vorbei direkt durch die Westtür in die Stille der Kapelle. Fürst Gunthar und Fürst Alfred
folgten dichtauf, und hinter ihnen kam Fürst Bonifaz. Die
im Ratssaal Verbliebenen nahmen ihre Pflichten wieder
auf, wobei sie sich zweifellos gewaltige Geheimnisse und
Strafen ausmalten, die im gedämpften Licht hinter den verschlossenen Türen besprochen werden würden.
In der Kapelle drückte Fürst Stephan den Jungen etwas
unsanft auf eine Eichenbank am Fenster. Sturm hielt sich
die Schulter und zitterte, als der Wind durch das alte
Steinmaßwerk hinter ihm hineinkroch. Aber er zitterte
auch angesichts der ehrwürdigen Bilder aus farbigem Glas:
der Rose, der Bisonhörner, der gelben Harfe, der weißen
Kugel, der blauen Spirale. Das alles war im silbernen Dreieck des großen Gottes Paladin versammelt, der alle Dinge
umfaßt und sie zugleich durchdringt. Es waren Symbole
des alten Pantheons, den der Orden trotz der finsteren Zeiten und der Gefahren Ansalons immer noch verehrte.
Die Regale bogen sich unter den dicken, ledergebundenen Bänden über Mathematik, Physik, Architektur – Fächer, denen der junge Mann aus dem Weg gegangen war,
wenn er seine Mutter in Solace besucht hatte. »Sturm«, hatte sie ihn dann gewarnt, »jetzt sind für dich die Bücher
dran. Schwert und Orden und Vater haben dich im Stich
gelassen. Ein Gelehrter ist vielleicht kein reicher Mann, aber er hat etwas zu essen, sein Haus wird nicht angesteckt
und sein Kopf nicht abgeschlagen.« Sturm runzelte die
Stirn und schüttelte den Kopf. Lady Ilys hatte diese Dinge
aus dem innersten Raum des Häuschens gerufen, einer
licht- und fensterlosen Kammer. Er hatte so getan, als würde er zuhören, und dann die Bücher weggelegt, um auf das
Strohdach ihres Hauses zu klettern. Dort hatte er immer
nur nach Norden geschaut, über die Ebenen von Abanasinia, wo der Horizont hell und eben wirkte. Doch selbst ein
Junge konnte sich die stürmische Straße von Schallmeer
und nördlich davon die südlichsten Küsten von Solamnia
vorstellen.
Jetzt kam es Sturm so vor, als würden die Bücher in der
Kapelle ihn und all die Jahre verspotten, die er zwischen
Stroh und Eichhörnchen und Vögeln verschwendet hatte.
Er war von Solace aus so weit gereist, nur um wieder in
einen dunklen Raum mit denselben Büchern geschleppt zu
werden, und zwar, wie er nun merkte, wegen einer höchst
finsteren Angelegenheit.
»Es ist nicht allein deine Schuld, Bursche«, fing Fürst
Stephan versöhnlich an, doch Sturm bemerkte die eigenartige Verwirrung in seiner Stimme, als der alte Mann mit
gesenkten Augen vor dem Altar auf und ab schritt. »Nicht
allein deine. Dieser Vertumnus hat uns anscheinend alle
überrascht und durcheinandergebracht.«
»Wie konnte das nur geschehen, Fürst Gunthar?« fragte
Bonifaz spöttisch. »Ich nehme an, die Bewachung des Saals
stand unter Eurem… fähigen Kommando, wie bei jedem
Festmahl.«
Gunthar schnaubte wütend und lehnte sich an die Tür
der Kapelle. Nachdem sie ihr ganzes Leben lang Rivalen
gewesen waren, machten sich die beiden besten Schwertkämpfer keine Zuneigung mehr vor.
»Darum kümmere ich mich bereits, Bonifaz! Kein Bedarf
an Eurem verdammten Hohn!« grollte er, während er mit
düsterer Miene die Brauen zusammenzog.
»Schön…«, unterbrach Fürst Stephan, dessen trockene
Stimme beruhigend klang. »Wie es auch dazu gekommen
sein mag, nun haben wir endlich den sagenhaften Herrn
der Wildnis kennengelernt, und er ist genauso merkwürdig, wie die Geschichten berichten.«
»Geschichten?« rief Sturm aus, der fast aufgesprungen
war. »Soll das heißen, Ihr kanntet dieses Ungetüm und…
und…«
»Wir kannten ihn«, entgegnete Alfred. »Der Herr der
Wildnis ist sagenumwoben, und ein solamnischer Ritter,
der diese Sagen nicht
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