Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sterneninferno

Das Sterneninferno

Titel: Das Sterneninferno
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Kapitel 1
    Die intensiv rote Blase der Explosion verblaßte allmählich, zerfiel in zahlreiche durchscheinende Splitter, die sich auflösten wie Glas in Flußsäure. Im Infrarot sah man die sich nach oben ausweitende Masse heißen, ionisierten und doch hochverdünnten Gases. Das sichtbare Licht stammte hauptsächlich von Sauerstoffatomen. Die HOME RUN entfernte sich von der Erde. Die gewaltige Kugel, blauweiß mit großen braunen Flächen, die sogar aus dreißigtausend Kilometern Höhe noch mit bloßem Auge auszumachen waren, fiel hinter ihnen, unter ihnen, über ihnen zurück. Auf diesem Abschnitt der Bahn lagen sie nicht mehr im Erdschatten, aber die Sonne befand sich auf der anderen Seite des Schiffes. Der schwarze Samt des Himmels war gesprenkelt mit kalten weißen Sternen, die außerhalb der Lufthülle der Erde weder blinzelten noch  zitterten. Charity Laird, ehemals beschäftigt im Rang eines Capitains bei der Space Force, wandte den Blick von der provisorisch installierten Bildschirmreihe ab und sah aus der acht Meter durchmessenden Kuppel aus Panzerglas auf die Erde hinab. Der Nordpol lag außer Sicht. Sie hatten die polare Umlaufbahn, in die sie von der Schwarzen Festung aus gestartet waren, mit erheblichem Aufwand an Treibstoff und Energie in achthundert Kilometern Höhe verändert. Das ionisierte Gas aus den Triebwerken hatte sie vor den Ortungsgeräten der Moroni abgeschirmt, und das diskusförmige Kampfschiff, das sich ihnen von einem afrikanischen Standpunkt aus genähert hatte, war von einer Lenkbombe zerstört oder zumindest aufgehalten worden. Die Reste des nuklearen Feuerballs machten eine Ortung für sie genauso unmöglich wie für ihre Gegner, ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die abgeschirmte Elektronik. Sie ließ ihren Blick über die sogenannte Brücke wandern. Die HOME RUN war ein ehemaliger US-amerikanischer Lastentransporter, eine riesige Kapsel mit einhundertzwanzig Metern Durchmessern an der Basis und einer Höhe von neunzig Metern. Sie hatte nicht erwartet, noch einmal eine dieser behäbigen Konstruktionen zu Gesicht zu bekommen, aber zu ihrer Überraschung hatten sich in einer der unterirdischen Startbuchten der Schwarzen Festung zwei dieser Transporter befunden. Sie hatte sie beinahe nicht wiedererkannt. Das Grundgerüst war erhalten geblieben, aber eine zusätzliche Panzerung bedeckte den alten Hitzeschild. Die neuen Triebwerksblöcke waren einfach in die neue Panzerung hineingegossen worden, und die Laserkanonen ragten wie gedrungene, borstige Insektenbeine hervor. Das Innere dagegen sah aus, als wäre es von einem kurzsichtigen, betrunkenen Innenarchitekten mit einer starken Abneigung gegen gerade Linien und rechte Winkel entworfen worden. Es gab keine Trennwände mehr und keine durchgehenden Decks. Charity erwartete beinahe, daß sich einige der lose aufgehängten Plattformen jeden Moment aus ihren spindeldürren Verankerungen lösen konnten. Jetzt, da die Triebwerke nicht mehr arbeiteten und die HOME RUN nicht mehr schlingerte und schwankte, fühlte sie sich ein wenig sicherer, aber ihre Augen irrten ziellos in dem Wirrwarr hin und her, und unwillkürlich stellte sich eine Übelkeit ein, die sie seit ihren ersten Shuttleflügen vergessen geglaubt hatte. »Alles in Ordnung?« fragte Skudder. Er hatte sich einfach neben ihr zwischen die Träger einer der Plattformen näher am Bug gehängt. Die bizarre Form der so zerbrechlich wirkenden und doch stahlharten Fasern schien ihm nichts auszumachen. »Ja«, schnappte sie. »Wenn du die Güte besitzen würdest, mich nicht kopfüber wie eine Fledermaus anzusprechen, dann verspreche ich sogar, daß ich mein karges Frühstück bei mir behalten werde.« »Wäre wohl besser«, sagte er und zog sich grinsend um eine Querstrebe herum. »Die Sauerei kriegen wir hier nie wieder weg, und wir haben noch einen langen Weg vor uns.« »Er kommt mir plötzlich länger vor«, versetzte sie. Das Grinsen verschwand. »Hey, ich dachte, du wärest hier der Raumfahrer von uns beiden.« »Ich bin in einer anständigen Welt aufgewachsen, mit rechten Winkeln und Böden, auf denen man einfach so herumlaufen konnte.« Sie seufzte. »Tut mir leid. Der Feuerzauber dahinten hat mich ziemlich mitgenommen.« »Wir sind raus«, versetzte Skudder. »Und die nächsten vier Tage halten wir durch.« Er wies mit einer Kopfbewegung in Richtung Kuppel. »Sieh mal.« Die Nordpolfläche hatte sich, aufgrund ihrer Bahn, ihnen entgegengeneigt und bot einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher