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Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner

Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner

Titel: Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner
Autoren: Christoph W Bauer
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erst gehalten, als er ihm für seine Unverfrorenheit eine Tracht Prügel in Aussicht gestellt habe. Gäch gerät in Fahrt, unvermittelt sprudeln die Worte aus ihm heraus. Kein gutes Haar lässt er am Kollegen, er habe einst bei Paur gelernt, selbstsüchtig sei er, dulde keinen Konkurrenten.
    Wagner weicht einen Schritt zurück, Gächs Gekläff hallt durch die Offizin, sodass seine Frau Maria herbeieilt. Als Gäch sie sieht, wird seine Stimme noch bellender. Müde sei er und krank, die Arbeit wachse ihm über den Kopf, der Körper wolle nicht mehr. Die Zwistigkeiten mit Paur trügen nicht gerade zur Genesung bei. Und wer solle einmal sein Erbe antreten?
    Wutentbrannt stürzt Gäch aus dem Gewölbe. Wagner und Maria Gäch schauen einander betreten an. Sie stamme aus einer guten Innsbrucker Familie, hatte ihm der Stadtapotheker erzählt. Nichts an Maria Gäch lässt auf diese Verhältnisse schließen. Ausgezehrt wirkt sie, bleich im Gesicht. Sechs Kinder habe sie ihrem Mann geboren, keines sei mehr am Leben, hatte ihm Winkler nachgerufen. Maria Gäch ist sichtlich angetan von der Anwesenheit des jungen Wagner. Und der legt sich mächtig ins Zeug, gibt sich galant und zeigt gute Manieren.
    Hernach zu Daniel Paur, alt ist er, der Meister, Wagner muss laut sprechen. Er erzählt ihm von Dillingen, und Paur horcht kurz auf, lächelt wissend. Er könne schon eine helfende Hand gebrauchen, aber Wagner sei Junggeselle, da sehe er für ihn in Innsbruck schwarz. Als Unverheirateter habe er keine Möglichkeit, den Status eines Inwohners zu erlangen. Geschweige denn, als Bürger aufgenommen zu werden. Katholisch sei er doch zumindest, oder?
    Wagner bejaht stürmisch, wenngleich – Er wird das Gefühl nicht los, dass Paur ihn abwimmeln will. Wohin soll er, nach Augsburg? Dort habe sich die Lage erneut zu Gunsten der Katholiken geändert, hört er. Die Stadt jedoch sei ein Schatten früherer Tage, die Bevölkerungszahl auf ein Drittel geschrumpft. Und von den vielen Druckereien gebe es nur noch eine Handvoll. Niedergeschlagen ist Wagner, er geht bald auf die dreißig zu. Und ist weit davon entfernt, sich Meister nennen zu dürfen.
    Ob er denn auch die Augen schön offen halte nach einer goldenen Witwe, fragt Paur und grinst ihn unverschämt an.
    Wagner schrickt auf. Was ist passiert? Ist er eingeschlafen? Hat er geträumt und – wie kommt er überhaupt hierher? Haben die Jesuiten ihre Finger im Spiel? Was ist mit den Bildern, die er im Kopf hat, lediglich Gespinste?
    Es könnte so gewesen sein.

2
    März 1639. Gäch ist tot. Als Wagner davon erfährt, gibt es kein Halten mehr. Die plötzlich gebotene Chance nicht zu nützen, nie würde er sich das verzeihen. Er informiert Hans Wolf Zech, ein Glück, dass er den Schlossherrn von Kindheitstagen an kennt. Prompt fertigt Zech die benötigen Dokumente an. Einen Geburtsbrief braucht Wagner, ohne die Beglaubigung der ehelichen Abkunft stehen die Chancen schlecht. Und jetzt nichts wie – ins Bett der Gächin.
    Mitte August heiratet Wagner Maria Gäch. Der Rest ist nur noch ein formaler Akt. Wagner sucht bei der Landesfürstin um die Gewerbekonzession an. Nicht lange muss er auf Antwort warten:
    „Wir, Claudia, bekhennen offentlich mit diesem Brieff und thuen kundt meniglich, demnach unns Michael Wagner von Deubach in Unnterthänigkeit zu erkennen geben, wellichermassen er auf ableiben wailand Hans Gächen, gewesten Puechdrucker und Puechfürers allhie nachgelassenen Witib in eheliche Verheyratung sich eingelassen, auch des Khunstbrauch gemeß alhero beschrieben worden, seine erlehrnte Kunsst der Puechtruckherey neben der Puechfürerey zu yeben und zu treiben vorhabens, damit er aber solche Khunst und Hantierung unverhindert exercire, uns um unseren consens“ –
    Wagner ist am Ziel. „Das mainen wir gnediglich“, Claudia de’ Medici, gegeben zu Innsbruck den 11. Oktober 1639.
    Unverzüglich macht sich Wagner an die Arbeit. Als Drucker der Medici will er fortan nichts unversucht lassen, seiner Landesfürstin zur Ehre zu gereichen. Sie ist die Tochter des Großherzogs der Toskana, des Gründers der Villa Medici in Rom, halbe Sachen duldet sie nicht. Nach dem Tod ihres Mannes Leopold hat Claudia die Regentschaft übernommen. Einer der Männer, dem sie vertraut, ist Wilhelm Biener. Dem begegnet Wagner oft, mit Behörden hat er ohnehin stets zu tun. Für jeden Druck muss er den Sanctus der Obrigkeiten einholen. Gerade in religiösen Belangen ist mit Claudia nicht zu scherzen.
    Neues
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