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Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner

Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner

Titel: Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner
Autoren: Christoph W Bauer
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ihre Geschäfte gleichen Lagerräumen voller Ballen und Pakete. Regale erblickt er, die sich unter der Last verschnürter Stöße von Rohbögen und Unmengen von bedrucktem Papier gefährlich biegen. Spärlich der Bestand an gebundenen Büchern. Dafür aber nennt jeder Händler ein wuchtiges Holzfass sein Eigen –
    Als Laufbursche sammelt Wagner erste Erfahrungen im Buchhandel. Seine Wege führen ihn bei den Buchbindern vorbei, die er beim Falzen und Heften beobachtet. Vor ihren Geschäften haben sie Anschläge angebracht, werben mit Titelblättern diverser Novitäten. Oft begegnen ihm Kunden, die er kurz zuvor noch in den Gewölben der Buchkrämer angetroffen hat. Nun kommen sie mit den erstandenen Druckbögen und lassen sie zu Büchern binden.
    Am liebsten begibt sich Wagner in die Offizinen der Drucker. Dort sieht er die Setzer mit Winkelhaken hantieren, um jeder Zeile die gleiche Länge zu geben. Eine Zeile um die andere fertigen sie damit an, heben sie auf eine rechteckige Metallplatte, das Setzschiff. Dann wird der Text angedruckt, korrigiert und endlich mit dem Schließzeug in die Druckform gebracht. Das Papier müsse feucht sein, damit es die Farbe besser annehme, hört Wagner. Daher werde der Papierstapel bereits am Vorabend gewässert, üblicherweise in Mengen zu 250 Bögen. Hernach sind die Drucker am Zug. In größeren Offizinen arbeiten sie meist im Gespann. Einer verreibt Farbe zwischen zwei Ballen, die mit Hundeleder bezogen sind, der andere richtet unterdessen die Presse ein und schiebt den Karren unter den Tiegel der Druckpresse. Dann zieht er kräftig an einer herausstehenden Stange, dem Bengel, um den Druck durchzuführen. Anschließend wird der bedruckte Bogen zum Trocknen aufgehängt.
    Mehr als einmal steht Wagner den Druckergesellen im Weg. Unter wilden Flüchen jagen sie ihn aus der Offizin. Wieder auf der Straße, bekreuzigt sich Wagner rasch.
    Tuet Buße und betet, um die göttliche Strafe abzuwenden, rufen die Stadtoberen die Menschen auf. Kurz schließt Wagner die Augen. Doch die Bilder sind im Kopf, lassen sich nicht verdrängen. Leichenberge sieht er, hört die Totengräber stöhnen. 1628 wütet die Pest in Augsburg und fordert über 9.000 Todesopfer. Soldaten hätten die Seuche eingeschleppt, heißt es.
    Kaum lässt die Pestilenz etwas nach, erfasst der Krieg die Stadt. Sie wird zum Exerzierplatz der Rekatholisierung. Die protestantische Religionsausübung wird untersagt, ein rein katholischer Stadtrat bestellt. Beamte, die nicht zur Konversion bereit sind, werden entlassen.
    Im Buchgewerbe hat der konfessionelle Gegensatz bisher keine große Rolle gespielt. Jetzt kommt die Tätigkeit der protestantischen Drucker beinahe zum Erliegen. Ganz zur Freude des einzigen katholischen Druckers der Stadt. Wagner kennt ihn, Andreas Aperger, unzählige Male geht er in dessen Offizin am Frauentor aus und ein.
    Aperger hat das Amt des Stadtbuchdruckers inne. Er druckt für einen durch kaiserliches Privileg geschützten Verlag. Und auf Privilegien kommt es an, das lernt Wagner rasch. Wer über keine Druckbefugnis verfügt, dem nützt der beste Umgang mit dem Winkelhaken nichts. Censores durchstreifen die Stadt, einen von ihnen kennt Wagner seit Kindheitstagen – Hans Wolf Zech.
    Und noch etwas begreift Wagner früh: Gutes Einvernehmen mit den Jesuiten ist der Karriere förderlich. Aperger verfügt über hervorragende Kontakte zu den Ordensmännern. Der Jubel seiner Gegner im protestantischen Lager ist dementsprechend groß, als die Katholischen im nahen Rain am Lech eine verheerende Niederlage erleiden. Bald darauf muss Aperger die Stadt verlassen.
    Mit brennenden Lunten ziehen auch die bayerischen Besatzer ab. Augsburg wird kampflos den schwedischen Truppen übergeben. Vier Tage nach deren Einmarsch kommt der Schwedenkönig selbst, Löwe aus Mitternacht nennen sie ihn.
    Wagner ist Zeuge, wie Gustav Adolf von einem Fenster des Fuggerpalastes aus die Huldigung der Bürgerschaft entgegennimmt. Er hat mittlerweile seine Lehre als Buchdrucker abgeschlossen. Nichts mehr hält ihn in der Stadt – doch wohin?
    Dillingen hat Wagner schon mit seinem Lehrherren besucht. Die Stadt genießt großes Ansehen unter den Druckern, namhafte Meister bringt sie hervor. Doch Dillingen ist von den Schweden besetzt. Ebenso Ulm, Memmingen, Kempten. Nach Ingolstadt? Hier seien Gustav Adolfs Truppen nach einwöchiger Belagerung unverrichteter Dinge wieder abgezogen. Auch könnte er in der Stadt auf die Unterstützung der
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