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Der Brennende Salamander

Der Brennende Salamander

Titel: Der Brennende Salamander
Autoren: Ingeborg Bayer
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Farben und Mustern ausgebreitet, und in der dritten entdeckte ich Puppen und ein geräumiges Puppenhaus. Ich nahm eine der Puppen aus einer Weidenwiege in die Hand. Sie trug ein kostbares blaues Damastgewand und einen Umhang aus rotem Samt, ihre kleinen Füße steckten in winzigen Seidentaftschuhen.
    Als ich die Puppe in ihre Wiege zurücklegte, nahm ich das Bett wahr. Es unterschied sich von den übrigen Betten, die ich hier bisher gesehen hatte, und wies ihnen gegenüber vor allem einen Vorteil auf: Es war bezogen, mit kostbarem, spitzenbesetztem Linnen, und ein seidenes kleines Schlafkissen in Hellblau lag auf einem anderen großen Seidenkissen.
    Die nächsten Minuten vergingen damit, daß ich – ich war ohne zu überlegen ein paar Schritte zurückgewichen, vermutlich um einen gebührenden Abstand zwischen mich und das Bett zu bringen – auf diese seltsame Schlafstätte starrte: Das Bett war aus Eisen. Es hatte am Kopfteil überladene Bildmotive, die vermutlich ein Kunstschmied gefertigt hatte. Es gab eine Vorrichtung für einen Baldachin, der aber nicht aufgesteckt war. Das Bett wirkte zierlich trotz des ungewöhnlichen Materials. Und als ich genauer hinsah, stellte ich fest, daß man es auseinandernehmen konnte, also mußte es wohl einst ein Reisebett gewesen sein. An seinem Fußende hing ein seidenes, blaues Band unter dem Pfühl hervor, das vermutlich zu einem Nachtgewand gehörte.
    Ich stand da und starrte auf dieses Bett, so wie ich zuvor von einem der Fenster des Wohnraums auf das zerstörte Dorf geschaut hatte. Zumindest bildete ich mir das ein. Aber wenn ich ehrlich war, hatte es mit jenem Starren nicht das geringste gemein. Dieses Bett war ein Bett, kein Dorf. Es war ein Bett, das mit großer Wahrscheinlichkeit der Tochter des Hauses gehörte. Und dieses Starren, mein Starren, gab mir das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, obwohl mir nicht klar war, was dieses Verbotene sein sollte. Ich befand mich auf der Suche nach einem Bett. Und ich hatte eines gefunden. Hier in diesem Zimmer. Und es gehörte – da war ich mir jetzt sicher – Brigida.
    Was ich mit diesem Bett zu tun beabsichtigte, war mir unklar, und ich verwarf einen Gedanken nach dem anderen, wie damit umzugehen war. Selbstverständlich konnte ich mich hier in diesem Zimmer niederlassen, niemand würde davon wissen, aber es erschien mir, solange ich auch darüber nachdachte, nahezu unmöglich. Ich konnte dieses Bett natürlich auch ausweiden und mich mit dem Bettzeug in einen anderen Raum begeben, zum Beispiel in die Bibliothek, die besser zu mir zu passen schien. Ich konnte dort im Kamin ein Feuer anzünden und dort übernachten. Oder ich konnte mich mit dem Inhalt des Bettes in die Kammer mit den Fechtmasken legen. Oder zu den Instrumenten.
    Nachdem mein Magen hörbar knurrte und mir klar wurde, daß ich seit dem frühen Morgen kaum etwas gegessen hatte, entschied ich mich schließlich, dieses metallene Bett auseinanderzunehmen und es in die Küche zu transportieren, da es dort am wärmsten war. Außerdem würde ich auf diese Weise nicht unnötig Holz vergeuden, auch wenn ich bei meiner Ankunft hinter dem Haus unter dem Dach eines Schuppens beachtliche Vorräte gesehen hatte. Zwar befriedigte mich auch diese Entscheidung nicht restlos, da in der Küche möglicherweise Gerüche in das Bettzeug eindringen würden, aber ich beschloß, mich darüber hinwegzusetzen – jedermann würde gewiß Verständnis haben für diese ungewöhnliche Situation.
    Ich zerlegte also das Bett und trug die einzelnen Teile in die Küche, wo ich sie wieder zusammensetzte. Ich stellte das Eisenbett in einer Ecke auf, in der zuvor eine Reihe von unterschiedlichen Körben gestanden hatte, und machte dann Feuer im Herd.
    Und ich war stolz auf mich.
    Ich hatte das Bett ohne große Gefühlsaufwallungen abgebaut und wieder aufgebaut, als wäre ich ein Händler, der soeben seine Ware an einen Käufer geliefert hat. Es ist ein Neutrum, dieses Bett, sagte ich mir, und es ziemt sich nicht, mehr Gedanken zu verschwenden, als dies auch ein Händler tun würde.
    Als mein Magen ein zweites Mal sein Recht forderte, setzte ich mich an den großen Küchentisch, nahm meinen Schnappsack zur Hand und begann, meine Wegzehrung auszupacken. Vermutlich war es auch gut, mich gleich daran zu gewöhnen, daß ich mich selbst zu versorgen hatte, denn obgleich auf dem Zettel, auf dem ich meine Anweisungen bekommen hatte, stand, daß die Frau des Fattore für uns kochen würde, war doch kaum
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