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Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Titel: Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien
Autoren: Michael Götschenberg
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Firma Bosch besucht. Zuvor hatte er eine
kurze Ansprache vor regionalen Wirtschaftsvertretern gehalten, danach
gab es für die Medien eine kurze Gelegenheit, Wulff vor laufender
Kamera ein paar Fragen zu stellen. Nach zähem Ringen zwischen der
Mediengruppe und Wulffs Sprecherin findet sich schließlich ein geeigneter Ort. „Ich bin froh, dass ich von Anfang an gesagt habe, mich ganz
auf Italien zu konzentrieren", pariert Wulff die Frage nach seiner Situation in Deutschland - das Ausweichmanöver soll souverän wirken,
doch das tut es nicht. Anschließend setzt sich der Präsidententross in
Bewegung, um zu Bosch zu fahren. Nach einem Rundgang durch den
Betrieb zieht sich Wulff mit der deutschen Belegschaft zu einem Gespräch zurück. Während die Mediengruppe wartet, erfährt einer der
Journalisten aus Berlin, dass am darauffolgenden Tag im Stern ein
„Zwischenruf" von Hans-Ulrich Jörges erscheinen wird mit dem Titel
„Aus". Jörges werde sich darin von Wulff abwenden, weiß er zu berichten. In den zurückliegenden Wochen hatte Jörges als einer von wenigen
Wulff bei aller Kritik auch verteidigt und die Medien, vor allem die
Bild-Zeitung, für ihren Umgang mit dem Bundespräsidenten mit deutlichen Worten kritisiert. Tatsächlich kündigt mit dem prominenten
Publizisten einer der letzten gewichtigen Wortführer der Medienlandschaft Wulff seinen Respekt au£ „Vielleicht kriegen wir ihn ja jetzt doch
noch", sagt derjenige, der die Nachricht verbreitet, und läuft durch die
Werkshalle Richtung Ausgang.
    Über der Reise schwebt die gesamte Zeit wie ein Damoklesschwert
die Frage, ob die Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren gegen den Bundespräsidenten einleitet. Für Wulff wäre es ein
Desaster, wenn diese Entscheidung bekannt gegeben würde, während
der Bundespräsident auf Staatsbesuch in Italien ist. „Seine Anwälte
schätzten die Chancen zu Beginn jener Woche 50:50 ein", erinnert
sich eine ehemalige Mitarbeiterin Wulffs nach seinem Rücktritt. Es
scheint unwahrscheinlich, dass die Staatsanwaltschaft Hannover ihre Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bekannt gibt, während der Bundespräsident im Ausland auf Staatsbesuch ist. Wulffs Anwälte haben die Behörde im Vorfeld der Reise
darauf hingewiesen, in welche Lage sie das Staatsoberhaupt dadurch
bringen würde.

    Trotz aller Bemühungen des Präsidenten und seiner Delegation, die
Fassade aufrecht zu halten, liegt während des Staatsbesuchs in Italien
doch das Ende der Präsidentschaft in der Luft. Zwar stellt der Bundespräsident in Italien unter Beweis, dass er sich immer noch souverän
auf der offiziellen Bühne des Staatsbesuchs bewegen kann, doch die
Rolle, die er spielt, wirkt nur noch auf die Gastgeber überzeugend. Auf
der anderen Bühne wird in diesen Tagen der letzten Auslandsreise des
Bundespräsidenten deutlich, wie wenig von der Würde des Amtes noch
übrig ist. Deutlich wird aber auch, dass nicht nur der Bundespräsident
dem Amt die Würde nimmt. Am Mittwoch kehrt das Präsidentenpaar
aus Italien zurück. Am Tag darauf wird bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren gegen den Bundespräsidenten einleiten will. Am Freitag, dem 17. Februar, tritt Christian
Wulff zurück.

     

Am Anfang steht ein Rücktritt

    er 31. Mai 2010 scheint ein ereignisarmer, um nicht zu sagen
ein langweiliger Tag für alle zu werden, die rund um den
politischen Betrieb in der Hauptstadt arbeiten. Es ist Weltnichtrauchertag. Die tagespolitische Agenda hält für die Medien nicht
viel Spektakuläres bereit. Bei einer Veranstaltung des Deutschen Zentrums für Märchenkultur am Vormittag im Berliner Max-LiebermannHaus liest Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere Hauffs
Märchen „Zwerg Nase" vor. In den Redaktionen stellt man sich darauf
ein, einmal mehr den Zustand der schwarz-gelben Koalition zum Gegenstand der Berichterstattung zu machen. Wie immer montags kommen am Vormittag die Präsidien der Parteien in ihren Berliner Parteizentralen zusammen. Am Mittag allerdings, um 12:25 Uhr, wird die
Tagesagenda unversehens erweitert. Die Redaktionen erreicht eine
Pressemitteilung aus dem Bundespräsidialamt: „Bundespräsident Horst
Köhler tritt heute um 14 Uhr vor die Presse." Warum - das bleibt offen.
Erklärungen des Bundespräsidenten haben Seltenheitswert. Wenn das
Staatsoberhaupt der Öffentlichkeit ins Gewissen reden will, hält es eine
Rede zu einem
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