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Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Titel: Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien
Autoren: Michael Götschenberg
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dass es zwei Bühnen gibt bei diesem Staatsbesuch: die offizielle, politische mit dem Bundespräsidenten und seinen italienischen
Gastgebern, auf der Wulff ganz Staatsmann ist und seine Rolle als
Bundespräsident souverän spielt und auf der ihm auch die Journalisten
respektvoll begegnen. So wird der offizielle Teil des Staatsbesuchs von
der persönlichen Situation des Bundespräsidenten auch nicht beeinträchtigt, die politischen Gespräche, die Wulff in Italien führt, finden
statt, als gäbe es die Probleme zu Hause gar nicht. Diesen Eindruck zu
vermitteln ist auch die Absicht des Bellevue.

    Doch daneben gibt es die andere Bühne, auf der Italien keine Rolle spielt, auf der es um einen wankenden Präsidenten geht, der um
sein Überleben kämpft, und auf der er nicht mehr die Autorität hat,
diese Rolle noch auszufüllen. Auf dieser Bühne begegnen ihm die
Medien völlig anders. Wulff versucht, dieser zweiten Bühne in Italien
so weit wie möglich auszuweichen. Nach der Pressekonferenz werden
die Journalisten in einen frühen Feierabend entlassen, es gibt ausgiebig Gelegenheit, durch die Straßen der Ewigen Stadt zu schlendern.
Der Präsident führt zwar noch weitere politische Gespräche mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft, am Abend findet schließlich ein
Staatsbankett statt, aber Begegnungen mit den mitgereisten Journalisten meidet er.
    Das Programm sieht, entgegen der sonst üblichen Praxis, keine Pressebegegnungen mehr vor, sondern ausschließlich „Bildtermine". Die
Fotografen und Kameraleute sollen den Bundespräsidenten auf der
Bühne des offiziellen Staatsbesuchs fotografieren und filmen, das sind
die Bilder, die die Menschen zu Hause erreichen sollen: die Bilder eines
Präsidenten, der seine Rolle ausfüllt, der Deutschland im Ausland
repräsentiert und dem die Gastgeber mit Respekt begegnen. Doch das
Stück auf der anderen Bühne findet auch seinen Weg in die Öffent lichkeit. Da die Sprecherin des Bundespräsidenten es versäumt, noch
einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass das Gespräch auf dem
Hinflug ausschließlich ein Hintergrundgespräch war und Wulffs Äußerungen nicht zitiert werden dürfen, wird die Situation in den Medien im Detail beschrieben. Die Medien ahnen das Versäumnis und
unter anderen Umständen hätte man sich wohl noch einmal rückversichert, doch dieses Mal tut man es nicht. Das Amt schützt Christian
Wulff nicht mehr, und wie schon so oft in diesen krisenhaften Wochen
begehen der Präsident und seine Mannschaft einen weiteren Kommunikationsfehler. So wird am Ende berichtet, was auf beiden Bühnen
passiert, auf denen Christian Wulff sich in Italien befindet.

    Am darauffolgenden Tag fliegt die Präsidentenmaschine von Rom
nach Mailand. Am Abend bittet der Bundespräsident die Journalisten
im Hotel zu einem Gespräch. Dieses Mal wird ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass es sich um ein Hintergrundgespräch handelt, aus
dem nicht zitiert werden dar£ Erneut versucht Wulff, Fragen über
seine Situation in Deutschland abzublocken. Ähnlich wie an Bord der
Regierungsmaschine kommt es zu einer Konfrontation mit einigen
Journalisten, die erneut in dramatischer und bedrückender Weise deutlich macht, wie wenig Respekt Wulff noch genießt. Besonders zwischen
Wulff und den beiden Reportern von Bild und Stern, die seit Monaten
im Umfeld des Präsidenten recherchieren, hat sich ein beidseitiges Aggressionspotenzial gebildet, das sie nur noch schwer unterdrücken
können. Schließlich setzt Wulffs Pressesprecherin der Begegnung resolut ein Ende. Am Abend lädt das Präsidentenpaar zu einem Empfang
in der Mailänder Societä del Giardino. Die gesamte Delegation, die
den Präsidenten begleitet, nimmt teil, auch die mitgereisten Journalisten aus Berlin sind eingeladen. Man stellt fest, dass die italienischen
Gäste von den Problemen des deutschen Präsidenten, wenn überhaupt,
dann nur am Rande etwas mitbekommen haben. Der Empfang bietet
eine Gelegenheit, zwanglos mit der Wirtschaftsdelegation, mit Mitarbeitern des Bundespräsidenten und mit den mitgereisten Bundestagsabgeordneten ins Gespräch zu kommen. Auf die Frage, ob sie bereit
wäre, ein paar Fragen zu Wulffs Italienreise zu beantworten, schüttelt eine Oppositions-Abgeordnete den Kopf. Nein, sagt sie, dazu sei sie
nicht bereit. „Ich finde es unerträglich, was mit ihm passiert."

    Die letzte Station der Reise ist Bari, an der Adriaküste, wo der Bundespräsident ein Werk der
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