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Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien

Titel: Der böse Wulff?: Die Geschichte hinter der Geschichte und die Rolle der Medien
Autoren: Michael Götschenberg
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Es scheint, als hätte sie
versucht, ihr persönliches Trauma mithilfe des Buches aufzuarbeiten.
Selbst Monate nach dem Rücktritt gerät die Kommunikation der
Wulffs zu einem einzigen Desaster. „Ich liebe meine Frau abgöttisch",
soll Christian Wulff auf seiner Geburtstagsfeier im Juni 2012 vor seinen Gästen gesagt haben. Sie ist das Einzige, was ihm nach seinem
tiefen Sturz noch geblieben ist. Am 7. Januar 2013 schließlich wird
bekannt, dass Christian und Bettina Wulff sich getrennt haben.

    Wulff selbst wartet in den Monaten nach seinem Rücktritt monatelang auf den Ausgang des Ermittlungsverfahrens. Er meidet die Öffentlichkeit, nur ganz gelegentlich zeigt er sich, so zum Beispiel bei
einer Gedenkfeier für die Hitler-Attentäter im Bendlerblock am 20.
Juli 2012. Dabei fällt auf, dass er sein Äußeres verändert hat, er trägt
eine neue Brille und die Haare deutlich kürzer. Gelegentlich trifft er
ausländische Staatsgäste, wie den tschechischen Präsidenten Vaclav
Klaus. In seinem Büro im Deutschen Bundestag empfängt er hin und
wieder ausländische Botschafter. Zum türkischen Präsidenten Gül hält
er telefonisch Verbindung. Im Spätsommer hat Christian Wulff einen
öffentlichen Auftritt im Ausland, in Südkorea, von dem in Deutschland keine Notiz genommen wird. Als die Konrad-Adenauer-Stiftung
ihn zu einem Vortrag nach Italien einlädt, wird registriert, dass Wulff
zum Thema Integration spricht und damit an die Inhalte seiner Präsidentschaft anknüpft. Am 21. November 2012 meldet Wulff sich auch
in Deutschland mit einem öffentlichen Auftritt zurück: Er hält eine
Rede an der Heidelberger Universität, eingeladen hat ihn die Hochschule für Jüdische Studien. Es ist keine große Rede, vielmehr ein
erster tastender Versuch, zurückzufinden in die Öffentlichkeit. Auch
hier spricht er über den Dialog der Kulturen, dass niemand wegen
seines Glaubens benachteiligt werden dürfe, dass es darum gehe, miteinander und nicht nebeneinander her zu leben. Auch auf die rechtsextremistischen NSU-Morde geht Wulff in seiner Rede ein und kritisiert das Versagen der Ermittlungsbehörden.
    Was bleibt? In der Rückschau erscheint die Präsidentschaft von
Christian Wulff wie ein Betriebsunfall der Geschichte. Doch blendet
man ihr unrühmliches Ende aus, dann hat Wulff sich der Rolle
durchaus gewachsen gezeigt. Christian und Bettina Wulff haben
Deutschland im Ausland tadellos repräsentiert. Mit dem wichtigsten
Anliegen seiner Präsidentschaft, der weltoffenen Gesellschaft, der
„bunten Republik Deutschland", wollte er den Blick auf eine zentrale Herausforderung für ein zukunftsfähiges Deutschland lenken. Wulff war überzeugt davon, dass der Dialog zwischen den Kulturen
und den großen Religionen für das friedliche Zusammenleben in der
Welt unerlässlich ist. In der Kürze der Zeit hat er dabei durchaus
Akzente gesetzt, auch wenn er letztlich hinter seinen Möglichkeiten
geblieben ist. Nichtsdestoweniger schätzen die Migranten diesen Einsatz bis heute. Vor allem für die türkischstämmigen unter ihnen ist
Wulff „ihr" Bundespräsident.

    In vielerlei Hinsicht ist sein Satz „der Islam gehört inzwischen auch
zu Deutschland" symbolisch für die ganze Präsidentschaft. Er war
mutig, weil er Streit mit Wulffs eigener politischer Familie bedeutete.
Seine besondere Bedeutung lag vor allem darin, dass der Bundespräsident, der ihn sagte, aus der CDU kam. Wulff positionierte sich
damit glaubwürdig über den Parteien, von diesem Moment an war er
Bundespräsident. Er war wichtig für die Migranten, die lange darauf
gewartet hatten. Aber auch für die Juden war die Aussage „das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland" nicht weniger wichtig. Wulff
hat es danach versäumt, an diesen Erfolg anzuknüpfen, ein unbequemer Präsident zu werden. Die Monate des Schweigens in dieser kurzen
Präsidentschaft zeigen, dass Wulff am Ende auch ein Stück Selbstbewusstsein gefehlt hat. Dennoch würde man dieser Präsidentschaft
nicht gerecht, wenn man sie nur auf die Rede zum 3. Oktober 2010
reduzierte. Allerdings hat auch Christian Wulff einen beträchtlichen
Anteil der kurzen Zeit, die er im Amt war, damit verbracht, seine
Rolle zu finden. Er unterscheidet sich damit kaum von seinen Vorgängern. Die Frage „Kommt da noch was?" ist nicht nur Christian
Wulff gestellt worden. Durchaus denkbar, dass auch sein Nachfolger
sie noch hören wird.
    Ein abschließendes Urteil über Wulffs
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