Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
blühten auch
ohne Glasur.
    „Man interessiert sich“,
lächelte sie. „Dem Schengmann gehört es jedenfalls nicht. Und Anna ist noch zu
jung dafür.“
    Tim hatte etwas entdeckt,
zierlich gestickt in einer Ecke. „Hier sind Initialen. E. S. — also Edith
Schengmann. Leute, das ist ein überschwerer Hammer. Es beweist: Die Frau war
hier. Und zwar gestern. Denn es ist nicht anzunehmen, daß es rumliegt seit der
Zeit, da Frau Edith noch ständig im Hause war. Selbst in dieser Bude wird ab
und zu gestaubsaugert und der Boden gewischt.“
    „Also hat er sie doch
erschlagen“, stellte Klößchen fest. „Vielleicht ist es nicht Lippenstift,
sondern Blut.“
    „Ist eindeutig Lippenstift.“
    „Kein Wunder“, sagte Gaby, „daß
uns Sehengmann nicht an Anna ranläßt. Aber da wird er sich wundern. Wir finden
die Wahrheit raus.“
    Tim faltete das Tüchlein
zusammen und schob es in seine Brusttasche.
    „Das halten wir ihm unter die
Nase, garniert mit unbequemen Fragen. Und wir warten nicht bis heute abend. 15
Uhr Pürkheim, 16 Uhr Wachrode. Die kürzeste Verbindung ist die
Zickzack-Landstraße. Wo wir im Sommer waren, als der tollwütige Fuchs den
Jogger gebissen hat. Wenn wir kurz nach 15 Uhr an der Kreuzung Hünengrab sind,
können wir den Geldtransporter abpassen. Und Schengmann zur Rede stellen.“
    „Du glaubst doch nicht im
Ernst“, sagte Gaby, „daß der unseretwegen anhält. Es ist ein Geldtransporter .“
    Tim grinste. „Es wird mir ein
Vergnügen sein, ihn trotzdem zu stoppen. Und wenn ich mich auf die Straße lege.
Dann schwenke ich das Tüchlein. Schengmann muß ja nicht aussteigen. Manche
dieser Wagen haben eine Nach-draußen-Sprechanlage. Aber dann kriegt sein
Kollege — die sind ja immer zu zweit — alles mit. Ich wette, das ist Schengmann
peinlich, und er steigt aus.“
    „Bis zur Kreuzung Hünengrab?“
seufzte Klößchen. „Ist ‘ne ziemliche Strecke.“
    „Genau richtig für dich“,
erwiderte Tim. „Du kommst mit mir.“
    „Heißt das“, fragte Gaby, „Karl
und ich sollen hierbleiben und... Ach so! Anna im Kindergarten. Wir sollen
versuchen, ob wir reden können mit ihr.“
    „Ich wette, ihr schafft das,
Kindergärtnerinnen sind zugänglich, wenn es um Wohl oder Wehe der Kurzen geht.“
    „Also kann ich ganz offen
sein?“
    „Aber streng bei den Tatsachen
bleiben. Annas Hilferuf, Schengmanns Abblocken. Unser Anliegen, die Sache zu
ergründen.“
    „Glaubst du, ich hätte was
anderes gesagt?“
    In der Küche entdeckte Tim ein
Schlüsselbrett. Daran auch zwei Schlüssel, die offensichtlich zu den
Vorhängeschlössern an den Schuppen gehörten.
    „Ich seh da mal nach.“
    Er verließ das Haus durch die
Hintertür, rannte zu den Schuppen, hoffte, daß keiner der Nachbarn ihn sah,
schloß auf und schlüpfte durch die erste Tür.
    Gerümpel, Gerümpel, Gerümpel.
    Keine Spur von Edith
Schengmann.
    Ähnlich sah’s aus in dem
zweiten Schuppen.
    Karl hatte inzwischen das
kleine Klofenster wieder in seiner Kipplage arretiert.
    Die drei kamen durch die
Hintertür. Gaby schloß ab von außen und warf den Schlüssel durch den Spalt am
Fenster.
    Scheppernd fiel er auf die
Fliesen im Klo.

5. Kollaps im Geldtransporter
     
    Nichts kündigte die Katastrophe
an.
    Eben noch rollte der gepanzerte
Geldtransporter über die Landstraße. Alles schien in Ordnung zu sein.
    Schengmann saß auf dem Beifahrersitz,
gähnte und fühlte sich unwohl wie immer in seiner blaugrauen Uniform. Der Stoff
von Hemd und Hose kratzte. Schengmann hatte empfindliche Haut. Aber
Angermüller, der Chef der Geldtransportfirma, bestand auf Kleiderzwang. Seine
Angestellten mußten die Uniform tragen. Und natürlich die schwere Pistole am
Gürtel.
    Claus Mengl fuhr.
    Er war 20 Jahre älter als
Schengmann und wollte in Rente gehen Ende Februar nächsten Jahres.
    Aus gesundheitlichen Gründen.
    Wie krank er wirklich war — an
Herz und Kreislauf — wußte nur er selbst.
    Aber jetzt, in dieser Sekunde,
bekam auch Schengmann eine Ahnung.
    Mengl ächzte. Dann kippte er -
bewußtlos oder tot - über das Lenkrad.
    Der Fuß nagelte das Gaspedal
auf den Boden. Der schwere Wagen beschleunigte.
    „Claus!“ brüllte Schengmann.
„Was ist?“
    Er wollte nach ihm greifen.
Aber alles ereignete sich innerhalb von zwei, drei Sekunden.
    Eine enge Kurve. Keine
Leitplanke am Rand der Straße. Der Hang fiel steil ab.
    Der Wagen geriet über den Rand
der Fahrbahn hinaus.
    Schengmann schrie auf und
versuchte, den schweren Körper seines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher