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Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus
Autoren: Stefan Wolf
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TKKG-Freunde sahen sich an.
    Tim legte den Finger über die
Lippen.
    Schengmann stand sicherlich
noch hinter der Tür und hatte die Lauscher eingestellt auf Empfang.
    Es regnete jetzt stärker.
Kalter Wind peitschte die Tropfen waagerecht durch die Straße.
    Den Kids konnte das nicht viel
anhaben.
    Alle trugen regendichte
Allwetterjacken, die bis zum Schenkel reichten und auch gefüttert waren gegen
die Unbilden der weniger freundlichen Jahreszeit.
    Gaby zog sich ihre Kapuze über
die Goldmähne.
    Die Tretmühlen hatten nasse
Sättel.
    Mit seinem Taschentuch
trocknete Tim erst den an Gabys Stahlroß, dann den eigenen.
    „Als Kavalier bist du manchmal
sehr nützlich“, meinte sie. „Ich habe ein komisches Gefühl. Diesem Schengmann
ist nicht zu trauen.“
    „Dem traue ich nur so weit“,
sagte Karl, „wie ich einen Jumbo-Jet mit einer Hand schieben kann. Der Kerl
verbirgt was.“
    „Die Tote?“ fragte Klößchen.
„Im Haus ist sie nicht. Auch nicht im Keller. Das hätten wir gemerkt.“
    Tim sah zu den Schuppen hinüber.
    Es gab zwei. Die Türen waren
gesichert mit stabiler Kette und Vorhängeschloß.
    War es möglich, daß Schengmann
seine Frau — tot oder bewußtlos — dorthin geschleift hatte? Oder getragen? Am
hellichten, obschon verregneten Mittag? Bei freier Einsicht von der Straße her?
    Tim verwarf diese Möglichkeit.
    Dennoch — Gaby und Karl hatten
recht. Mit Schengmann stimmte was nicht.
    „Er hat Anna verdammt schnell
mit Baldrian narkotisiert“, sagte der TKKG-Häuptling. „Und will verhindern, daß
wir später mit ihr reden. Das nährt meinen Verdacht.“
    „Und was folgt daraus?“ fragte
Gaby.
    „Daß wir Schengmann beobachten,
ihn im Auge behalten. Und uns kümmern um Anna. Bei so einem Vater hat die
Kleine das nötig.“

2. Beim Teppichhändler
     
    Die Selbstbeherrschung, die er
sich als Maske mühsam vors Gesicht hielt, fiel ab von Norbert Schengmann.
    Er stand im Wohnzimmer, wo es
nach Speiseresten roch und nach Tabakrauch, und beobachtete durch die Gardine,
wie die vier Kids wegfuhren.
    Aufdringliches Geschmeiß!
Unerhört!
    Aber denen galt nur ein kleiner
Teil seiner Wut.
    Den größeren Teil hatte er
reserviert für Edith.
    Dieses Miststück! Läßt sich
monatelang nicht sehen. Steht dann plötzlich an der Tür. Will zu Anna. Verlangt
das einfach. Hat plötzlich ihr mütterliches Herz entdeckt.
    Nun gut. Er hatte sie
reingelassen. Und Anna schnappte fast über vor Freude.
    Aber dann kam es dazu, woran
auch die Ehe, die fünfjährige Ehe gescheitert war. Streit. Streit. Streit.
Weshalb eigentlich? Er entsann sich nicht, was seinen unbeherrschten Wutanfall
ausgelöst hatte.
    Plötzlich sah er rot. Plötzlich
schlug er unkontrolliert zu. Nur mit der Faust. Aber Edith wurde hart getroffen
und fiel um wie eine Tote.
    Anna war schreiend ins
Wohnzimmer gelaufen. Er hatte sie eingeschlossen, um Edith wieder auf die Füße
zu stellen, hatte vergessen, daß dort das Telefon war und die Kleine schon
mehrmals in ihrer seelischen Not... Hatte sie also auch diesmal telefoniert.
Verdammt!
    Als er das endlich merkte und
sich einschaltete, war Edith zu sich gekommen. Er hörte noch, wie die Haustür
zufiel. Sah, wie Edith zur Straße wankte, mit Wackelknien, und in ihren
Kleinwagen sank. Ein neuer Wagen. Den hatte wohl der Typ, mit dem sie jetzt
lebte, ihr geschenkt.
    Schengmann ballte die Fäuste.
    Er fühlte unbändige Wut in
sich.
     
    *
     
    Edith Schengmann, geborene
Nölte, 32 und ohne Beruf, war eine schwache Person.
    Das sah man ihr an. Obwohl das
Äußere — und damit der Schein — oft trügt.
    Edith maß nur 159 cm,
bevorzugte daher hohe Absätze, war zartgliedrig, wog nur etwas über 90 Pfund
und hatte ein schmales, hübsches Gesicht, auf dem häufig ein entrücktes Lächeln
lag. Dazu paßten die sanften Rehaugen. Dunkles Haar fiel auf die Schultern.
    Edith konnte nicht streiten,
obwohl es in ihrer Ehe mit Schengmann immer nur Streit gegeben hatte — schon
nach einem Jahr des Zusammenseins. Aber der Streit kam von Norbert, Edith hatte
nur den Kopf eingezogen und alles erduldet — bis es zuviel wurde und sie in
einer Anwandlung von Panik und Todesangst ihren Mann verließ.
    Sie hätte Anna gern
mitgenommen, hatte aber nicht mal genügend Geld für sich selbst.
    Nach zwei Tagen des Umherirrens
rief sie Norbert an. Er rastete aus, schimpfte, beleidigte sie. Edith legte
auf.
    Zurück? Unmöglich.
    Um nicht bei den Pennern zu
landen, bemühte sie sich um einen Job. In der Zeitung las
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