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Der böse Geist vom Waisenhaus

Der böse Geist vom Waisenhaus

Titel: Der böse Geist vom Waisenhaus
Autoren: Stefan Wolf
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Der
letzte, der das wollte, liegt noch in Zimmer 302, Stadtkrankenhaus. Ich habe
natürlich aus Notwehr gehandelt.“
    Klößchen schob sich neben Tim.
    „Ist echt wahr. Notwehr, blanke
Notwehr war’s. Der Typ hat Tim angegriffen. Der Typ war allerdings einen Kopf
größer als Sie, Meister, und doppelt so breit. Tim ist nämlich Kampfsportler.
Karate, Kung Fu und so.“
    Schengmann zog die Lippen
zwischen die Zähne.
    „Ihr habt kein Recht, hier
einzudringen und...“
    „Doch!“ fiel Tim ihm ins Wort.
„Haben wir. Hier besteht eine Notsituation. Und wir haben schon verdammt lange
gequatscht. Also aus dem Weg, Mann! Oder ich hänge Sie an die Garderobe.“
    „Ich... rufe die Polizei.“
    „Tun Sie’s. Sonst machen
wir’s.“
    Schengmann sprang zurück und
versuchte, die Tür zuzuschlagen.
    Tim hatte damit gerechnet. Er
drückte sie auf und war dabei deutlich stärker als Schengmann.
    Dessen Widerstand brach
zusammen innerhalb einer Sekunde.
    „Also gut! Ich beuge mich der
Gewalt. Aber das hat noch ein Nachspiel.“
    „Wo ist Anna?“
    „Sie schläft. Ich mußte ihr ein
Beruhigungsmittel geben. Bitte, weckt sie nicht. Wahrscheinlich braucht sie
ärztliche Obhut. Sie hat es einfach nicht verkraftet, daß Edith... Meine Frau
ist vor Monaten durchgebrannt. Wahrscheinlich mit einem andern Mann. Hat uns
verlassen. Ich weiß nicht, wo sie steckt. Anna phantasiert seitdem, bildet sich
manchmal ein, die Mamma wäre wieder da.“
    „Haben Sie Anna vorhin
eingeschlossen?“
    „Nein. Weder eingeschlossen,
noch war meine Frau hier.“
    „Trotzdem sehen wir uns um.“
    „Wenn das ein Trick ist — und
ihr klauen wollt...“
    Tim seufzte. „Karl, schreib
unsere Namen auf und Adressen. Damit Herr Schengmann weiß, mit wem er’s zu tun
hat. Meine Freundin“, er legte die Hand auf Gabys Arm, „ist übrigens die
Tochter von Kommissar Glockner. Emil Glockner. Ihn erreichen Sie im
Polizeipräsidium. Zur Zeit allerdings nicht. Er ist auf einem Euro-Lehrgang in
Brüssel.“
    „Wir sehen uns jetzt um“, sagte
Gaby, „und bleiben dicht beieinander. Beobachten Sie uns, Herr Schengmann! Wir
rühren nichts an. Wir stecken sogar die Hände in die Taschen. Wir wollen
lediglich sehen: Gibt es hier eine Verletzte? Oder gar eine Tote? Und wie geht
es Anna?“
    „Dann los!“ fauchte Schengmann.
    Es klang wie ein Fluch.
    Er öffnete Türen. Sämtliche
Türen.
    Tim, Karl, Klößchen und Gaby
traten in jeden der Räume und luchsten in alle Winkel. Verlangten auch Einsicht
in die größeren Schränke.
    Nirgendwo eine Frau.
    Nirgendwo Spuren von einem
Kampf, von einer gewaltsamen Auseinandersetzung.
    Das Haus war in schlampigem
Zustand.
    Offenbar sorgte Schengmann
selbst für Ordnung, beziehungsweise nicht, hatte jedenfalls keine Putzfrau und
keine helfende Hand.
    Anna lag im Bettchen ihres
Kinderzimmers.
    Dieser Raum war leidlich
sauber, hatte freundliche Tapeten mit Märchenfiguren und enthielt eine Unmenge
Spielzeug.
    Das kleine Mädchen schlief
fest.
    Tim bemerkte, daß die Luft nach
Baldrian roch.
    Die vier Freunde umstanden das
Kinderbett und betrachteten die Kleine.

    Sie war blaß. Ein niedliches
Gesichtchen, umrahmt von dunklem Haar. Schatten unter den Augen. Der Mund
bewegte sich, als spräche Anna im Schlaf. Aber zu hören war nur ihr Atem.
    „Ist die süß!“ flüsterte Gaby.
    Tim lächelte. Er wußte, Gaby
hätte gern eine kleine Schwester gehabt — zur Not auch ein Brüderchen.
    Auf Zehenspitzen schlichen die
vier hinaus.
    Schengmann schloß die Tür.
    „Zufrieden?“
    Tim nickte. „Es scheint alles
in Ordnung zu sein.“
    „Es ist alles in
Ordnung. Abgesehen davon, daß Anna keine Mutter mehr hat.“

    „Wir entschuldigen uns nicht“,
sagte Tim, „weil das eine hohle Phrase wäre, wir’s nämlich als unsere Pflicht
empfinden, auf einen solchen Hilferuf zu reagieren. Und zwar sofort und mit
konsequenter Einmischung. Alles hätte ja auch anders sein können. Wann ist
Annas Mittagsschlaf zu Ende?“
    „Wollt ihr trotzdem mit ihr
reden?“
    Schengmanns Gesicht verschloß
sich wie eine Faust, die einen geklauten Diamanten verbirgt.
    Tim hob die Achseln. „Wir mögen
Kinder. Gaby kann ganz toll mit ihnen umgehen. Vielleicht kann sie Annas
Alpträume abstellen — wenn sie sich um die Kleine kümmert.“
    „Das überlaßt dem Arzt. Euch
verbiete ich, mit Anna zu reden. Was bildet ihr euch ein! Und jetzt raus!
Endgültig raus! Ihr seid unerträglich.“
    Er knallte die Haustür hinter
ihnen zu.
    Die
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