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Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)

Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)

Titel: Der Bodyguard: Zwischen High Society und Unterwelt (German Edition)
Autoren: Nataly Bleuel , Michael Kuhr
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den die Polizei in Verdacht hatte, eventuell Tippgeber zu sein für den Pokerraub. Er hatte vier Stunden vor dem Überfall für nicht mal 30  Sekunden mit dem Beschuldigten, Amir, telefoniert.
    Kuhr glaubt, dass die Seite des Angeklagten versucht, Nebenkriegsschauplätze zu schaffen, um von sich abzulenken. Und Kuhr Security zu verdächtigen, aus Rache. Deswegen will er eindeutig und klar Position beziehen: für die Polizei, gegen die Unterwelt. Es geht um seinen guten Ruf. Aber auch um seine Ehre. Er hängt sich dafür weit aus dem Fenster. Vor ihm hat noch keiner gegen die Familie J. ausgesagt. Die Unterwelt belastet sich nicht gegenseitig. Schon gar nicht die Familie. Oft nicht mal die Opfer. Aus Angst.
    Die Verteidiger der Angeklagten fragen immer wieder das Gleiche. Wie, wann, wo ereignete sich der Unfall? Wie, wann, wie oft und warum hat er die Polizei während seiner Ermittlungen kontaktiert? Namen der Polizisten? Sie befragen ihn zwei Stunden. Wer ist hier eigentlich angeklagt, fragt man sich. Er schlägt sich gut. Souverän und in sich schlüssig beantwortet er die Fragen. Hier und da greift sein Rechtsberater ein.
    Einmal sieht der Zeuge sich um. Er blickt erst den Angeklagten zu seiner Rechten, dann den zu seiner Linken an. Anschließend wendet er sich zum Richter und sagt: »Sehr geehrter Herr Richter, soll ich vielleicht mit einem der Angeklagten die Plätze tauschen? So wie ich hier von diesen Hollywood-Anwälten verhört werde, muss man ja denken, ICH säße auf der Anklagebank.«
    Daraufhin springt der graubärtige Verteidiger auf und verlangt vom Zeugen, dass er das wiederhole: »Wie haben Sie uns betitelt?«
    Große Aufregung. Seitens des Publikums ertönt lautes Gelächter. Um wieder Ruhe in den Saal zu bekommen, ermahnt der Richter den Zeugen zu einer gemäßigteren Ausdrucksweise und ordnet eine Stunde Pause an.
    Beim Hinausgehen bleibt der Zeuge Kuhr vor dem Glaskäfig des Angeklagten Amir stehen und will ihm etwas sagen. Justizvollzugsbeamte verhindern das. Es sei ihm nicht gestattet.

    Auf der Pressebank sitzen heute nicht fünf Gerichtsbeobachterinnen, sondern eine. Noch interessanter als das, was vor Gericht geschieht, ist – nicht nur heute –, was außerhalb verhandelt wird. Im Saal, in der letzten Reihe, haben sich acht Vollzugsbeamte positioniert. Auf dem Weg die Treppen hinunter und hinaus werden die männlichen Besucher von einem amtlichen Aufgebot eskortiert. Vor dem Gericht stehen etliche Polizeiwagen.

    Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, befindet sich ein Café. Einige Minuten nach Bekanntgabe der Gerichtspause stehen da an der Theke: Michael Kuhr mit seinem Rechtsberater und seinen Mitarbeitern. Sie sprechen miteinander, auf Deutsch. Einer telefoniert auf Arabisch, ein anderer auf Serbokroatisch.
    Die Arabisch sprechenden Männer sind auf der anderen Straßenseite stehen geblieben und blicken zum Café hinüber. Auf dem Grünstreifen in der Mitte der Straße stehen Uniformierte. Wie bei einem Fußballspiel, bei dem die Fans der gegnerischen Mannschaften voneinander ferngehalten werden müssen.
    Kurz vor einer Schlacht. Mann gegen Mann. Muskel gegen Muskel, Bande gegen Bande. Die Guten gegen die Bösen.
    Könnte Testosteron schweben, die Luft wäre schwer davon.
    Als Unbeteiligter könnte man denken: Was wird hier aufgeführt? Ist diese hohe Polizeipräsenz nicht etwas übertrieben?
    Doch es geht hier tatsächlich um etwas. Um Macht, um viel Geld und letztendlich darum, wer in dieser Stadt und in dieser Demokratie regiert: Das Recht oder die Gewalt?

    Jetzt kommt einer der Arabisch sprechenden Männer über die Straße gelaufen. Die Beamten beobachten ihn. Er betritt das Café, geht zu Kuhr und flüstert ihm etwas ins Ohr. Der schüttelt den Kopf und sagt: »Ich rede nur mit deinem Boss.«
    Der Mann läuft zurück, gibt Bericht, und man sieht seine Leute lachen. Dann setzt sich das Oberhaupt der Gruppe in Bewegung. Es ist Hakim.
    Er hatte auf dem Absatz vor dem Saal am Morgen seinen Bruder Hasan aufgehalten, um eine Eskalation der Situation zu verhindern.
    Kuhr verlässt das Café, und man sieht ihn mit Hakim reden. Als er zurückkommt, lacht er und sagt: »Wollte nicht auf einen Kaffee eingeladen werden.« Hakim wollte wissen, was Kuhr seinem Bruder Amir im Gerichtssaal 500 sagen wollte. Kuhr wollte Amir raten, eine Aussage zu machen. So könnte er seine Haftzeit verringern. Für bewaffneten Raubüberfall gibt es mindestens fünf Jahre. Aber so ist davon auszugehen,
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