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Der Blutkristall

Titel: Der Blutkristall
Autoren: Jeanine Krock
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Schmuckstück unterstützen würde. Insgeheim wünschte sie sich Letzteres, denn sie hatte überhaupt keine Ahnung, wie sie die Spur des Diebes verfolgen sollte, wenn dies schon Nabrah nicht gelungen war. Wo begann man mit der Suche nach einem Flüchtigen, der in der Kanalisation verschwunden war – am Gullydeckel? Sie mochte nicht daran denken. Morgan jedoch schien genau zu wissen, was er tat, denn er begann bereits, die Tote zu durchsuchen.
    Vivianne fand diesen Anblick befremdlich. Der Körper war ja noch nicht einmal erkaltet. «Glaubst du etwa, sie ist mit einem Ausweis in der Tasche hier eingebrochen? Ihr Outfit scheint mir jedenfalls recht professionell zu sein.»
    Seine Augenbraue hob sich, was ihn noch ein wenig mehr wie einen Hollywood-Freibeuter aussehen ließ, und sie fügte hastig hinzu: «Nicht, dass ich mit der aktuellen Einbrechermode besonders vertraut wäre.» Neugierig kam sie näher, als er etwas gefunden zu haben schien. «Und augenscheinlich kenne ich mich auch nicht mit deren Gepflogenheiten aus. Was ist das?»
    «Ein Bonbon.» Der Vampir drehte die Leiche, deren Gesicht noch immer von einer Wollmaske bedeckt war, auf den Rücken, um an ihre vorderen Hosentaschen zu gelangen. Vivianne fand die Vorstellung unangenehm, dass er eine erst kürzlich Verstorbene derart intim berührte. «Lass, ich mach das.» Sie schob ihre Hand in die Tasche einer ziemlich eng sitzenden Jeans. Schwarz natürlich und, wie der Rest der Kleidung, von minderwertiger Qualität. Für diese Dinge hatte sie ein Gespür. Erst war da nichts, aber als sie ihre Hand schon wieder herausziehen wollte, ertastete sie etwas. Gleich darauf hielt sie ein verknicktes Kärtchen in der Hand, auf dem die Adresse eines Hotels in der Rue Saint Denis stand. «Ist das nicht im Marais?»
    «Sag du es mir, ich habe schon eine Ewigkeit nicht mehr in Paris gelebt.»
    Vivianne hätte ihn gerne gefragt, wie lange dieses «ewig» her war. Doch es galt nicht als besonders höflich, einen Vampir nach seinem Alter zu fragen, und ganz gleich, ob sich andere daran hielten, eine Causantín war zu gut erzogen, um die Etikette zu verletzen ... meistens jedenfalls. «Es gab dort mal einen ganz netten Club, wenn ich mich nicht irre, und viele Hotels. Die Zimmer werden durchaus auch stundenweise vermietet.» Sie sah Morgan direkt an, als erwartete sie, dass er sich an Details dieser Art erinnerte. Ihre Nase kräuselte sich. «Vielleicht hat sie dort gewohnt.»
    «Heute ist es zu spät, um mehr herauszufinden.» Morgan warf ihr einen langen Blick zu. «Ich bin bei Sonnenuntergang zurück.» Er schulterte die Fremde und ging zur Tür. «Ihr bleibt hier!» Er zeigte auf Nabrah. «Und du, mein Freund, passt auf, dass der Prinzessin inzwischen nichts passiert, verstanden?» Damit war er verschwunden.
    Nicht schlecht für einen wie ihn , Nabrah spuckte ein Stück glänzende Folie aus.
    «Hast du etwa das Bonbon gefressen?» Vivianne strich das Papier glatt, als könne sie mit dieser Geste das brutale Ende der jungen Frau irgendwie erträglicher machen. Sie mochte ein Vampir sein, aber ein sinnloser Tod wie dieser musste ihr deshalb trotzdem nicht gefallen. «Dieser Morgan ist ganz bestimmt kein Dunkelelf.» Sie wartete seine Antwort gar nicht erst ab. Der Vogel schüttelte sich und marschierte in die Küche. Zweifellos, um seine Keksvorräte zu plündern, aber das war ihr heute egal. Sollte er sich doch fett fressen! Ein diffuses Gefühl der Unzufriedenheit machte sich in ihr breit und irritierte sie immer noch, als sie später die Bettdecke bis zum Kinn zog. Dieses Mal duldete sie sogar die Anwesenheit ihres merkwürdigen Leibwächters in ihrem Schlafzimmer. Normalerweise hatte sie nicht den Eindruck, dass der Vogel die Aufgabe, sie zu bewachen, besonders ernst nahm. Manchmal sah sie ihn tagelang nicht und war deshalb nicht überrascht, dass Nabrah bereits fort war, als Morgan am nächsten Abend vor der Tür stand.
    Kapitel 3
    Vivianne hatte darauf bestanden, mit ihrem Wagen ins Marais zu fahren, und nun steckten sie seit einer guten Stunde im dicksten Feierabendverkehr. Morgan starrte wortlos geradeaus. Ihm war anzusehen, dass er sie zum Teufel wünschte. Vivianne trommelte nervös mit den Fingern auf der Armlehne ihres luxuriösen Fahrzeugs, als sie zum dritten Mal die korinthischen Säulen des Börsengebäudes zählte.
    «Bist du sicher, dass da kein Toter am Steuer sitzt?», zischte Morgan zwischen seinen Zähnen hervor. «Ganz sicher!» Sie sog wie zum Beweis
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