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Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Titel: Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann
Autoren: Martin Clauß
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wir waren in Eile. Das nächste Mal nehmen wir ein paar Frauen mit – und du wirst die erste sein, die einen Fasan schießt.“
    „So etwas habe ich schon zu oft gehört, um noch daran glauben zu können.“ Katharina erhob sich und nahm die beiden leeren Kannen an sich. Mit verärgerter Miene wischte sie sich die feuchte Wange ab. „Ich gehe frisches Wasser holen, und dann werde ich dich auskochen, bis keine Lügen mehr in dir sind.“
    „Hör zu!“ Lorenz reckte sich nach ihr, doch sie wich seiner Hand aus, lehnte sich gegen die Tür. „Ich mache dir ein Angebot. Wie du weißt, hat eine unserer Hündinnen vor drei Monaten geworfen. Es sind prächtige junge Kerle, und es wird allmählich Zeit, sie wegzugeben. Ich denke daran, sie unseren Gästen mitzugeben. Wie wäre es, wenn du dir einen nimmst und versuchst, ihn zu einem anständigen Jagdhund heranzuziehen? Gelingt es dir, hast du dir aus eigener Kraft das Recht erworben, an den Jagden teilzunehmen. Dann bist du nicht mehr von mir und meiner offenbar unerträglichen Verlogenheit abhängig. Na, was meinst du? Du darfst die erste sein, die sich einen Welpen aussucht.“
    Katharina zögerte. „Einen Hund aufzuziehen und abzurichten, wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich glaube, du willst mich damit nur hinhalten.“
    „Anscheinend kann ich dir heute nichts recht machen.“ Lorenz strich die nassen Haare zurück. Von seinem Kinnbart tropfte noch immer das Wasser.
    Katharina lauschte, und als sie sicher war, dass niemand draußen vorbeiging, öffnete sie die Tür und verließ das Zimmer mit laut gegeneinanderschlagenden Kannen. Lärmend wie ein Krämerkarren lief sie den Flur entlang. Den Blick hatte sie so fest auf den Boden gerichtet, dass sie den Mann komplett übersah, der ihr gedankenversunken entgegenkam. Er konnte sich gerade noch gegen die Wand drücken, um einem Schlag der leeren Kanne gegen sein Knie zu entgehen.
    „Entschuldigung“, murmelte sie und ging mit großem Klappern und Scheppern weiter, ohne anzuhalten oder zu ihm aufzuschauen. Sie hatte nicht mehr von ihm gesehen als seine schmutzigen Schuhe und Hosen.
    Der Mann allerdings sah genau hin. Er bedauerte, dass sie ihm ihr Gesicht nicht zugewandt hatte, denn das Wenige, das davon zu erkennen gewesen war, gefiel ihm außerordentlich gut.
    Vielleicht wäre es besser gewesen, sich in den Weg zu stellen und sich von den Kannen das Knie ramponieren zu lassen …

3
    Die Stallungen der Hunde und der Pferde waren in einem gemeinsamen Gebäude untergebracht – ein einfacher, aber stabiler Holzbau neben dem Schloss, die meiste Zeit des Jahres über ein Ort gähnender Leere, doch heute geradezu überschäumend von dem Leben der Tiere. Die Pferde hatten sich an das Gebell gewöhnt und verhielten sich unauffällig, doch bei den Hunden ging es wild her. Jeder Gast hatte natürlich seine eigenen Vierbeiner mitgebracht, und im Stall erwartete den Kenner ein seltener Anblick schöner Rassehunde mit glänzendem Fell, kräftigen Gliedern und wachem Blick. Und wenn die Disziplin bei dem einen oder anderen ein wenig zu wünschen übrig ließ, so unterschieden sie sich darin nicht grundlegend von ihren Herrchen …
    Heutzutage war Falkengrund das ganze Jahr über durchgehend bewohnt. Ursprünglich als reines Jagdschloss angelegt, hatten Lorenz’ Vorfahren es zunächst nur zu bestimmten Zeiten genutzt. Unter manchen Besitzern hatte es sogar jahrelang leergestanden. Auch Lorenz besaß noch eine kleine Villa in Karlsruhe, die sein offizieller Hauptwohnsitz war, doch seit nunmehr sechzehn Jahren hatte er den Mittelpunkt seines Lebens in den Schwarzwald verlegt. Die Villa in der Stadt hatte er seither nur ein paar Mal betreten, und obwohl es ein hübscher Barockbau voller poetischer Reize war, hatte er sich bei jedem seiner kurzen Aufenthalte dort elend gefühlt.
    Der Grund lag auf der Hand. Dort war damals seine erste Frau gestorben, ein halbes Jahr, nachdem ihr zweiter Sohn Roland das Licht der Welt erblickt hatte, zweifellos an den Folgen dieser schweren Geburt. Sophia war die Sonne seines Lebens gewesen, und das Karlsruher Haus atmete tags wie nachts nur den Odem ihres Todes. Alle Menschen, die Lorenz näher kannten, waren sich in einem Punkt einig: Hätte der Witwer sich in der Karlsruher Villa vergraben, wäre er in kurzer Zeit an seiner Trauer zugrunde gegangen. Dass er sich wieder gefangen hatte und bereit war, sein sinnlos gewordenes Leben fortzuführen, hatte er diesem Anwesen und seinen prachtvollen
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