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Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Titel: Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann
Autoren: Martin Clauß
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wandte sich ihr vollständig zu.
    „Seien Sie vorsichtig!“, rief Heidelinde Reich. „Was immer das ist, es hat Dennis getötet.“
    „Es hat ihn nur erschreckt. Getötet hat er sich selbst.“ Ganz automatisch verhielt sie sich ähnlich, wie sich Sandra dem Monster gegenüber verhalten hatte. Sie hatte es nicht eilig, ging mit zeitlupenhaften Schritten näher heran. Nun, da es ihr frontal gegenüberstand, erkannte sie die tunnelartige Wunde in seiner Brust, das silberne Glimmen am Ende des Tunnels. Das Pentagramm des Agrippa.
    „Ein Bogeyman“, dozierte Margarete vernehmlich und gab sich Mühe, gelassen zu klingen, „ist einerseits eine Art Gespenst, denn er geht auf einen Menschen zurück, andererseits ist er ein Elementargeist, denn der Mensch, aus dem es entstanden ist, ist nicht tot, sondern lebt weiter.“ Die Augen der Kinder pendelten zwischen ihr und dem Ungeheuer hin und her. Das Wesen schwang die langen, knorrigen Arme und zuckte mit dem Kopf, rührte sich jedoch nicht vom Fleck. „Ein Schreckgespenst ist eine Mischung aus Symbiont und Parasit. Es verlängert das Leben seines Wirtskörpers, doch gleichzeitig laugt es ihn aus. Schwächt ihn.“ Die Hexe hob die Hände. Auf ihren Handflächen waren Bannzeichen zu sehen – sie hatte sie eilig aufgemalt, während die beiden Lehrer mit der Suche begonnen hatten.
    Der Skelettartige heftete seine Blicke auf die Zeichen. Seine Kiefer schlugen aufeinander, doch sie verursachten keinen Laut.
    „Ich weiß nicht“, warnte Heidelinde Reich. „Ich würde trotzdem nicht zu nahe rangehen …“
    „Die wichtigste Eigenschaft des Schreckgespenstes“, setzte Margarete ihre Ausführungen mit lauter, fester Stimme fort, „ist seine Schwäche. Es ist schwächer als ein neugeborenes Kind. Diese Schwäche macht es so hungrig.“ Sie hatte sich dem Wesen bis auf einen Meter genähert. Sie wusste nicht, ob es ihre Worte hören oder verstehen konnte. Seine Blicke folgten weiter ihren Handflächen, und als sie ihre beiden Hände voneinander entfernte und die Arme zu den Seiten hin ausstreckte, drehten sich die grünen Augen in unterschiedliche Richtungen, um beiden Handflächen folgen zu können …
    „Nichts ist leichter zu töten als ein Schreckgespenst“, stellte Margarete fest. „Nichts. Eine Ameise ist robuster. Es kann einem Menschen nichts tun, außer, man hat ein schwaches Herz oder ist sehr schreckhaft.“ Der Buhmann schien etwas sagen zu wollen. In seinem Mund zuckte etwas, was einmal eine Zunge gewesen war. Die Hexe ließ ihm Zeit, doch seine Bemühungen waren vergebens. Zu trocken war sein Körper, zu weit fortgeschritten die Mumifizierung. Margarete sah, wie Haut- und Fleischreste als Staub zu Boden regneten, je hastiger es sich bewegte.
    „Die Frage ist nur“, sagte die Hexe plötzlich, „ob es überhaupt nötig ist, es zu töten.“ Eines der Kinder schrie auf.
    Sie streckte die Rechte nach vorne aus, berührte die Brust des Wesens, tastete sich in die Wunde, die das Amulett gerissen hatte, bis sie den Metallklumpen spüren konnte. Das Monster zitterte und zuckte nun wie ein Mensch unter Todesqualen, floh jedoch nicht. „Bisher war es sehr genügsam. Einem Kind von Zeit zu Zeit ein wenig Angst einzujagen, hat es am Leben erhalten. Doch seit dieser Stachel in seiner Brust sitzt, braucht es ein Vielfaches an Energie. Es trug das Bärenfell nicht, um den Menschen besonders viel Angst einzujagen, sondern um nicht zu schrecklich auszusehen. Jetzt aber muss es ein Hundertfaches an Energie zu sich nehmen, um gegen das Gift anzukämpfen, das seinen Körper mehr und mehr verseucht. Deshalb zeigt es uns jetzt seine wahre Gestalt.“
    „Töten Sie es!“, verlangte die Lehrerin.
    „Wenn ich das Amulett herauslöse, könnte es wieder zu dem werden, was es bis vor wenigen Tagen war.“
    „Es ist ein Dämon!“
    Margarete schüttelte entschieden den Kopf, während es dem Wesen in die Augen sah. Ihr Unterarm war in dem mürben Gewebe verschwunden, ihre Hand umfasste dort drinnen das Pentagramm des Agrippa. „Nein. Wenn es ein Dämon wäre, hätte es immer schon so viel Angst in sich aufgesogen wie möglich. Aber es hat sich mit dem begnügt, was es für seine Art von Existenz brauchte, hat sich niemals überfressen. Es ist ein Mensch, Frau Reich – in seinem tiefsten Kern ist es ein Mensch.“
    „Es hat Dennis auf dem Gewissen“, rief die Lehrerin. „Es hat den Tod verdient.“
    Das Wesen schien zu schaudern. Sein Zittern wurde so stark, dass es sich in
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