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Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann

Titel: Der blutige Baron - Lorenz - Der Buhmann
Autoren: Martin Clauß
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Sich-Annähern und Sich-Abstoßen? Manchmal kam sie sich vor wie seine Dienstmagd oder das Objekt, an dem er seine Frustrationen abreagierte. Dann wieder fühlte sie, wie sich etwas in ihm regte, was man echte, aufrichtige Liebe nennen durfte, ohne sich haltloses Wunschdenken vorwerfen zu müssen.
    Sie richtete sich auf und strich sich über die Hüfte, die vom Hinabbeugen zu den Hunden etwas schmerzte. Die Kleinen waren hübsch. Niedlich. Sie wünschte sich eines. Sie fragte sich, ob Lorenz’ Angebot tatsächlich nur gedacht war, um sie zu beschäftigen und sich ihre Bitten vom Hals zu halten. Oder war es viel mehr? Ein Zeichen, dass er bereit war, ihr ein Kind zu schenken? Oder das Gegenteil davon – die endgültige Absage, der Befehl, sich mit einem Hundejungen zufrieden zu geben, ein für alle Mal?
    Auf das Knarren der Tür hin kreiselte sie so heftig herum, dass die Hunde erneut zu bellen begannen. Jemand kam. Der Stallknecht würde es nicht sein. Sie dachte an Lorenz und strich unwillkürlich ihren Rock glatt.
    Der Mann, der durch die Tür kam, erschrak. „Oh … verzeihen Sie. Man … hat mir nicht gesagt, dass hier jemand ist.“ Als der Schatten, der seinen Kopf verbarg, weiter über seinen Körper wanderte, enthüllte sich ihr ein Gesicht, das ihr vollkommen unbekannt war. Die weichen, fast androgynen Züge gehörten einem jungen Mann von vielleicht fünfundzwanzig Jahren.
    Sie wich einen Schritt zurück. Es kam nicht häufig vor, dass sie Fremde auf dem Anwesen traf, geschweige denn im Haus oder in den Stallungen. Unter den Gästen, die Lorenz regelmäßig zu Jagd und Bankett einlud, gab es wenig Fluktuation. In den vier Jahren, die sie nun auf Falkengrund verbrachte, hatte sie kaum neue Gesichter gesehen.
    Der Mann hielt den Kopf gesenkt, als er näher kam, vielleicht aus Höflichkeit, vielleicht, weil er fürchtete, sich an der niedrigen Decke zu stoßen. Dabei war er längst nicht so groß wie Lorenz. „Entschuldigen Sie, aber der Baron bat mich, nein, er … er gestattete mir, mir einen Hund auszusuchen, einen Welpen, meine ich.“
    „Schon?“, fragte Katharina mit aufkeimendem Zorn. Man konnte wirklich nicht behaupten, dass er ihr viel Zeit ließ!
    Der Fremde steckte den gereizten Ton in ihrer Stimme mit einem kurzen Verdunkeln seiner Züge weg. „Ich vergaß mich vorzustellen. Mein Name ist Eugen von Degenhard. Aus Konstanz.“ Er lächelte. „Wie heißt du, mein … hübsches Kind?“
    Ihre Mundwinkel fielen herunter. „Wie heißt du, mein hübsches Kind?“, äffte sie ihn angriffslustig nach. „Möchtest du mir zu Diensten sein? – Oh, gerne! Soll ich Euch die Schuhe bürsten, edler Herr, oder wünscht Ihr, dass ich Euch Wein einschenke und Euren Mund mit meinem Ärmel abwische, wenn Ihr sabbert?“
    „Ich …“ Eugen stand vor ihr wie ein begossener Pudel. Er sah sich um, holte tief Luft und richtete den Blick wieder auf sie. „Es sieht aus, als hätte ich etwas Falsches gesagt. Leider passiert mir so etwas nicht zum ersten Mal. Trotzdem wäre es … hilfreich, sehr hilfreich, zu erfahren, worin meine Verfehlung besteht …“
    Katharina stampfte mit dem Fuß auf. Anstatt ihm eine Antwort zu geben, ging sie an ihm vorbei. Sie erwartete, dass er sich ihr in den Weg stellte, sie vielleicht sogar an der Taille festhielt. Leute von seiner Art taten solche Dinge. Doch Eugen von Degenhard enttäuschte sie. Er trat zur Seite und verneigte sich ein wenig. Sie hatte die Hand schon an der Klinke der Tür, als sie sich noch einmal zu ihm umwandte. Er sah untröstlich aus, und sie hatte das irritierende Gefühl, dass es keine Pose war, mit der er sich über sie lustig machen wollte.
    „Wieso duzen Sie mich?“, fragte sie. „Halten Sie mich für ein Kind oder für eine Dienstmagd?“
    Sie sah genau hin: Der konsternierte Ausdruck in seinen Augen verriet ihr, dass er sie vermutlich für beides gehalten hatte. Er tat ihr ein winziges bisschen Leid, auch wenn ihre Entrüstung dadurch noch lange nicht verrauchte. „Ich bin Katharina von Adlerbrunn“, sagte sie, und sie erteilte ihm diese Auskunft einerseits, um ihn für sein vorschnelles Verhalten zu bestrafen, andererseits, um ihn von der Ungewissheit zu erlösen.
    „Von Adlerbrunn? Um Himmels Willen, ich wusste … wirklich nicht, dass Sie zur Familie gehören! Sie wurden mir nicht …“ In letzter Sekunde schien ihm noch einzufallen, dass es unhöflich war, den Baron dafür zu rügen, sie ihm nicht vorgestellt zu haben, und er brach den
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