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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg
Autoren: Tad Williams
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wird nicht so werden … wie vorher.«
    Er starrte sie verwundert an, doch er fühlte bereits, wie ihm die Flut den Sand unter den Füßen wegspülte, den er für fest und sicher gehalten hatte. »Nicht?«
    »Ich werde ein paar Wochen bei meinen Eltern bleiben. Mama will für mich kochen und so, mich bemuttern.«
    »Na, das ist … das ist doch prima …«
    »Und wenn ich zurückkomme …« Sie seufzte wie jemand, der tapfer eine schwere Last schultert. »Wenn ich zurückkomme, will ich allein leben.«
    Es war wie das eine Mal, als er zum unschuldigen Opfer eines gewalttätigen Streits wurde, der unbemerkt von ihm in seinem Rücken ausgebrochen war, und ein Billardqueue an den Hinterkopf bekam. Eine ganze Weile konnte er nur stumpf vor sich hinglotzen, obwohl gerade die ganze Welt zusammengebrochen war. »Du meinst … du willst, daß wir … auseinanderziehen?«
    Ihr Mund war fest zugekniffen, doch ihre Augen waren auf einmal feucht. »Ja. Nein. Mehr als das. Ich denke … es ist an der Zeit, daß wir unsere eigenen Wege gehen.«
    »Unsere eigenen Wege? Was ist das denn für ein Blödsinn?«
    Da blitzte der Zorn durch ihre traurige Entschlossenheit, und ihre Augen verengten sich. »Das ist kein Blödsinn, Theo. Wir haben das Kind verloren, und das hat mir die Augen geöffnet. Ich sehe jetzt, daß das Kind der einzige Grund war, weshalb ich bei dir geblieben bin: weil unser Kind wenigstens eine gewisse Chance haben sollte, mit zwei zusammenlebenden Eltern aufzuwachsen. Doch das hätte die Probleme zwischen uns nicht aus der Welt geschafft. Ich kann es nicht fassen, wie dumm ich war – wie verhext von der Illusion, wir könnten uns irgendwie ein rosenrotes kleines Familienglück basteln. Aber im wirklichen Leben wärst du gewesen wie immer: gerade genug Arbeit, um halbwegs über die Runden zu kommen, ein Lächeln, ein Scherz, o ja, jede Menge freundliches Tralala, aber nichts Handfestes. Irgendwann hätten wir uns getrennt, und dann wärst du ein Wochenendpapa gewesen, einer, der nur das äußerste Minimum tut, ohne Plan, ohne Organisation, ohne Verläßlichkeit, der hin und wieder mal mit dem Töchterchen ausgeht, ihr ein Eis spendiert und sie hinterher wieder bei mir absetzt.«
    Er konnte nur den Kopf über diesen wütenden Sturzbach schütteln, für schuldig befunden, ein Kind zu vernachlässigen, das gar nicht existierte.
    »Behaupte bloß nicht, es wäre anders gekommen.« Der Zorn hatte zuletzt wieder Farbe in ihr blutloses Gesicht gebracht, dunkelrote, sonnenverbrannt wirkende Flecken. »Es ist immer dasselbe mit dir. Du bist ein erwachsener Mann, Theo, aber du benimmst dich wie ein Jugendlicher. ›Wo gehst du hin?‹ ›Weg.‹ ›Wann kommst du wieder?‹ ›Weiß nicht.‹ Ich fasse es nicht, daß ich mit dir ein Kind haben wollte.«
    »Ist das jetzt alles deswegen, weil ich letzte Nacht spät nach Hause gekommen bin …?«
    »Nein, Theo. Wegen hundert, tausend anderen Sachen, die genauso sind. Weil du nichts, was du anfängst, jemals zu Ende bringst. Weil es dich nicht stört, daß du einen perspektivlosen Scheißjob hast. Weil du spät nachts nach Hause kommst und stinkst wie … wie das Fillmore West oder so, wenn du wieder mit deinen halbwüchsigen Musikerfreunden rumgehangen hast. Wahrscheinlich hast du auch noch halbwüchsige Groupies. ›Wow, Theo, du kannst dich echt noch an die Achtziger erinnern? Geil!‹«
    »Das ist Blödsinn.« Er hatte die Fäuste geballt. »Blödsinn.«
    »Kann sein. Vielleicht bin ich ungerecht, Theo. Tut mir leid – ich hab grad ein Kind verloren, falls du dich daran erinnern magst. Aber ich hab die Nase gestrichen voll, und das ist kein Blödsinn.«
    »Hör mal, ich weiß, daß Frausein und Mutterschaft was Heiliges ist und so, aber du bist verdammt noch mal nicht die einzige, die hier ein Kind verloren hat, Cat! Ich wäre der Vater gewesen.«
    Sie blickte ihn eine Weile an, ohne etwas zu sagen. »Als ich dich kennenlernte, Theo«, sagte sie schließlich, »da hielt ich dich für den tollsten Mann, der mir je begegnet war. Wunderschön, du warst wirklich wunderschön, selbst meine Freundinnen fanden das. Und du hattest diese irre Stimme und … diesen Zauber. Als wenn du eine Figur aus einem Film wärst, mit perfekter Beleuchtung und Choreographie und super Drehbuch. Gut, der Zauber hat bei mir gewirkt, aber jetzt merke ich nichts mehr davon. Entweder er ist verblaßt, oder ich bin einfach aufgewacht.«
    Vor Zorn hatte er das Gefühl, gleich aus der Haut zu platzen, als
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