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Der blaue Tod

Der blaue Tod

Titel: Der blaue Tod
Autoren: Boris Meyn
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Mandat zu übernehmen. Wie gesagt, das mache ich gerne. Aber es setzt voraus, dass Ihr Verlobter sich der Polizei stellt. Ich muss mit ihm reden.»
    Die Frau ließ den Kopf hängen. «So etwas habe ich mir schon gedacht.»
    «Wenn Ihnen etwas anderes einfällt?»
    Sie machte Anstalten, etwas zu sagen, hielt aber inne und schüttelte den Kopf.
    «Wie kann ich Sie denn erreichen?», fragte Sören. Die Frau tat ihm Leid. Wenn er sich schon auf die Suche nach dem Verbleib eines verschollenen Kostkindes machte, dann konnte er auf dem gleichen Wege seine Beziehungen spielen lassen und sich nach diesem Steen erkundigen. Er hatte genug Kontakte zum Gaunermilieu, und der eine oder andere war ihm noch einen Dienst schuldig.
    In ihren Augen flackerte ein Hoffnungsschimmer auf. «Ich arbeite bis zur Mittagszeit bei der Firma Beiersdorf und abends in einer Kaffeeklappe im Hafen. Warten Sie, ich schreibe Ihnen die Adressen auf   …»
    Sören reichte ihr ein Blatt Papier und einen Graphitstift. «Ich meinte Ihre Adresse. Wo wohnen Sie?»
    «Im Falkenried. Ich teile mir ein Zimmer zum Trockenwohnen in der Olgapassage. Ich schreib Ihnen alles auf. Auch das, was Sie über Marten wissen sollten.»
    «Und Ihr Name?»
    Sie lächelte ihn an. «Altena. Altena Weissgerber.»

Besuche 
    13.   August
     
    S ören betrat den Paternoster des Dovenhofs und ließ sich ein Stockwerk höher tragen. Wenn er schon einmal hier war, dann konnte er auch bei Martin im Kontor vorbeischauen. Vielleicht hatte sein Freund genug Zeit, sodass sie gemeinsam auf eine Weinschorle in der Restauration im Parterre einkehren konnten. Es gab einiges zu berichten. Zumindest die gestrigen Ereignisse wollte Sören Martin nicht vorenthalten. Zufrieden rieb er sich die Hände. Nach dem überaus erfreulichen Gespräch, das er gerade mit Ernst Schocke geführt hatte, gab es bis zum Wochenanfang keine weiteren Termine, die ihm die Laune hätten verderben können, und er wollte sich nun ganz auf den morgigen Tag konzentrieren.
    Während er den langen Korridor zu Martins Kontor entlangging, rekapitulierte Sören in Gedanken noch einmal alle Fakten. Hatte er etwas übersehen? Nein, sie hielten alle Trümpfe in der Hand. Es konnte nichts mehr schief gehen. Das Material vom Patentamt gab endgültig Aufschluss darüber, dass die Sicherheitsventile der in England ansässigen Firma Perth nicht nur billige Kopien der Erzeugnisse von Schocke waren, sondern dass mit der Produktion ganz offensichtlich das Patentrecht verletzt worden war. Auch wenn man der Firma von hier aus den Vertrieb der Armaturen nicht verbieten konnte, so waren sie zumindest für die Submissionsausschreibung aus dem Rennen. Und das war alles, was für Schocke Bedeutung hatte, denn es gab keinen anderen ernst zu nehmenden Konkurrenten.
    Seit im Vorjahr die Gasfabrik auf dem Grasbrook von der Stadt übernommen worden war, glaubte man dort, durch die Übernahme nun nicht mehr an die laufenden Lieferverträge gebunden zu sein, und hatte eine Neuausschreibung ins Leben gerufen. Für Schocke ging es um die Abnahme von viertausend Regelventilen für Straßenbeleuchtungskörper; viertausend Ventile zu einem Stückpreis von achtzig Mark. Nach dem aktuellen Stand der Dinge blieb der Stadt gar nichts anderes mehr übrig, als die Sicherheitsventile, wie ursprünglich verabredet, von Schocke zu beziehen. Wahrscheinlich würde man sich sogar außergerichtlich einigen. Sören grinste. Die Arbeit hatte sich gelohnt. Auch für die Kanzlei. Er war gespannt, was Johns dazu sagen würde.
    Martin sah immer noch schlecht aus. Sein Gesicht wirkte eingefallen, und er hatte dunkle Ränder unter den Augen. Zwei Wochen hatte er aufgrund eines Mageninfektes das Bett hüten müssen, dann war er entgegen dem ärztlichen Ratschlag doch zur Arbeit gekommen, mit dem Ergebnis, dass er am nächsten Tag von Magenkrämpfen und Durchfall heimgesucht worden war. Zuerst hatte man geglaubt, er wäre an Typhus erkrankt, aber dieser Verdacht hatte sich Gott sei Dank als falsch erwiesen. Nachdem er die Sache auskuriert hatte, war er im Anschluss für zehn Tage zur Erholung ans Meer gefahren. Seit einer Woche war Martin nun wieder in Hamburg, aber richtig erholt sah er nicht aus. Eher so, als hätte er versucht, die liegen gebliebene Arbeit der letzten Wochen in den wenigen Tagen aufzuholen. Zu einem Glas Weinschorle konnte ihn Sören dennoch überreden.
    «Ich habe übrigens das Gut meiner Eltern in Volksdorf verkauft.» Martin schenkte ihm aus der
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