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Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein

Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein

Titel: Der beste Freund kann auch ein Mädchen sein
Autoren: Ann Mari Falk
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soll, damit die Vögel sie nicht holen.
    „Er ist eine Vogelscheuche“, erklärt sie.
    „Holt ihr ihn nachts ins Haus?“ fragt Jan.
    „Ach, wer soll denn da auf die Kirschen aufpassen? Übrigens haben wir ihn festgebunden. Er kann also nicht herunterpurzeln und sich weh tun.“
    Da lachen sie beide — weil einer, der nur ausgestopft ist, sich ja gar nicht weh tun kann... oder vielleicht doch? Jan glaubt zwar nicht mehr an Weihnachtsmänner, aber der Alte im Baum tut ihm jedenfalls leid. Und als er sich das rosige Gesicht näher ansieht, zittert der Bart, und es sieht aus, als ob ihm der Weihnachtsmann zunickte.
    „Du liebe Zeit, na so was“, sagt Mama, die plötzlich hinter Jan steht, ohne daß er sie kommen hörte. „Habt ihr schon eine Vogelscheuche aufgehängt?“
    „Wir wollten Jan überraschen“, ruft Onkel David.
    Er muß nach der Mittagspause in die Post zurück, und Tante Anna ebenfalls. Auch Mama und Papa haben es eilig. Sie wollen wieder in die Stadt zurückfahren, in ihr Lebensmittelgeschäft, und verabschieden sich rasch. Jan bekommt eine Umarmung von Papa, und Mama schmiegt ihr Gesicht an die Backe ihres Jungen. Sie wird ein bißchen naß, aber es ist nicht Jan, der weint. Ein Blitzstart, und sie sind fort. Jan läuft hinter dem Auto her. Er läuft so schnell er kann; er rast so, daß er keine Luft mehr bekommt und ihm schwarz vor den Augen wird. Da gibt er auf und stiefelt langsam zurück. Er wollte seine Eltern doch noch etwas fragen.
    Als sie am letzten Schultag gemeinsam nach Hause gingen, hatte Mama von zwei Überraschungen gesprochen. Daran erinnerte sich Jan, als Onkel David über den Weihnachtsmann redete. Die eine Überraschung war, daß er bei Stina wohnen sollte, aber was war die andere? Das hat er nicht mehr erfahren.
    Stina sitzt auf dem Kiesweg und stochert in einer Pfütze herum. Sie hat schon ganz lehmige Finger. Manchmal streicht sie sich die Haare zurück, die ihr dauernd in die Stirn fallen. Auf diese Weise verteilt sie den Lehm auch noch im Gesicht. Sie ist das schmutzigste Kind, das Jan je gesehen hat.

    „Was machst du da?“ fragt er.
    „Nichts Besonderes“, erwidert sie.
    Stinas Kinn zittert, und sie streckt die Unterlippe vor.
    „Da gibt’s doch nichts zu Heulen“, sagt Jan. „Ich heul nicht!“ schwindelt sie, obwohl ihr das Wasser schon aus den Augen und aus der Nase läuft. „Aber ich will, daß du mit mir spielst.“ Un das tut Jan dann auch.

Skrot und Skrutt greifen ein

    Es ist Nacht, und die Kinder sollen schlafen.
    Stina liegt auf dem Bauch. Sie hat die Arme um ihr Kopfkissen gelegt; manchmal redet sie ein bißchen im Schlaf und strampelt mit den Beinen, als wollte sie laufen. Jan ist hellwach, obwohl er sich so müde fühlt, daß ihm alle Glieder weh tun, denn er hat einen anstrengenden Tag hinter sich.
    Zuerst gruben sie Flüsse und Seen im Kiesweg, holten Wasser von der Regentonne und gossen es hinein. Jan schaffte es sogar, seine Gummistiefel mit Wasser zu füllen. Dann ließen sie kleine Boote und Stöckchen segeln. Das war genauso lustig wie zu Hause, wenn er das Spielzeugschiff in der Badewanne fahren ließ, fand Jan. Ja, sogar noch besser.
    Später kletterten sie auf den Baum und spielten Verstecken. Sie ließen Stinas Hunde frei, die während des Essens nicht ins Haus durften. Skrot und Skrutt heißen sie, und sie hatten sich so gefreut, Jan wiederzusehen, daß sie ihm das ganze Gesicht ableckten. Beide sind groß, wuschelig und lieb. Auch Stina war nett, denn sie sagte, daß Jan einen von beiden haben könnte.
    „Du darfst ihn natürlich nicht mit in die Stadt nehmen“, sagte sie. „Welchen willst du?“
    Jan schaute zweifelnd von einem zum anderen und konnte sich nicht entscheiden. Sie sind beide gleich niedlich und goldig.
    „Dann gehören sie uns eben zusammen“, erklärte Stina.

    Es war also durchaus kein langweiliger Tag gewesen; doch jetzt, nachdem Tante Anna den Kindern gute Nacht gewünscht und sie zugedeckt hat, bekommt Jan wieder Heimweh. Er stellt sich vor, daßerzu Hause in seinem eigenen Bett liegt und Mama und Papa im anderen Zimmer gerade die Couch für die Nacht herrichten. Doch es ist so schwer, sich das einzureden; irgend etwas ist für Jan fremd. Es dauert lange, bis er merkt, daß es die Stille ist. Keine Autos und Omnibusse rattern unter dem Fenster vorbei; es rauscht nicht in den Leitungen, wenn die Leute ihre Badewannen einlaufen lassen. Hier gibt es keine Nachbarn mit Radios und Fernsehern. Aber als Jan richtig
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